Christian Sievers, Geschäftsführer von LAIC „Unsere Branche gilt als eher langsam beim Einsatz von neuer Technologie“

Christian Sievers

Christian Sievers ist Geschäftsführer der LAIC Vermögensverwaltung, eine KI-Tochter von Laiqon. Foto: Laiqon

private banking magazin: KI ist in aller Munde. Aber welche konkreten Anwendungsfälle gibt es bisher in der Kapitalanlage?

Christian Sievers: Tatsächlich wird KI schon heute in praktisch jedem Bereich der Kapitalanlage eingesetzt, allerdings erst von einer Minderheit der Asset Manager.

Können Sie uns Beispiele nennen?

Sievers: Bei der Analyse von Einzeltiteln wird zum Beispiel mittels KI umfangreiches Datenmaterial wie Kursbewegungen, Quartalsberichte, Geschäftszahlen bis hin zu Analystenmeinungen erfasst und ausgewertet, um den aktuellen Wert, das Kurspotenzial und mögliche Risikofaktoren einer Aktie zu bestimmen.

Im Bereich der Marktanalyse werden KI-Anwendungen dazu genutzt, um in makroökonomischen Daten wie zum Beispiel dem Wirtschaftswachstum, der Zinsentwicklung und einer Vielzahl weiterer Länder-, Branchen- und Sentiment-Indikatoren mehrdimensionale Muster zu finden, die Markt- und Kursbewegungen erklären können. Spannend sind auch KI-Tools wie Natural Language Processing. Sie verarbeiten Sprache, um das Sentiment in den Nachrichten, in Social Media oder aus Telefonkonferenzen mit Investoren und Analysten auszuwerten. Die Idee ist, Schwarmwissen anzuzapfen, das dann in die Bewertung von Aktien und Märkten einfließen kann.

Und dann gibt es noch KIs, die nur sehr spezifische Daten wie Patentdatenbanken auswerten, weil sich manche Anbieter davon einen Hinweis auf die zukünftige Kursentwicklung erhoffen. Aber auch für die Bereiche Sales, Marketing und Reporting sind zunehmend KI-Anwendungen im Einsatz. KI wird sich in allen diesen Bereichen etablieren, davon bin ich überzeugt.

Die großen Hoffnungen bei KI sind in der Regel Effizienzsteigerung und geringere Kosten. Können Sie das in Zahlen fassen?

Sievers: In allen Bereichen, wo wir Tätigkeiten schnell und relativ unkompliziert automatisieren können, sind die Einsparmöglichkeiten erheblich. Es gibt erste Expertenschätzungen, die davon ausgehen, dass sich im Bereich Vertriebsunterstützung und Kundenservice zwischen 40 und 60 Prozent und bei der Produktverwaltung und im Marketing zwischen 30 und 60 Prozent der aktuellen Kosten einsparen lassen.

 

Das halte ich für machbar. Um das zu erreichen, müssen allerdings auch die richtigen Voraussetzungen geschaffen werden. Wir selbst haben über die letzten vier Jahre eine zentrale digitale Plattform, unsere DAP 4.0, aufgebaut, in die alle Daten fließen, über die alle Prozesse laufen, an die alle Vertriebspartner angebunden werden und über die der Kundenservice und auch das Reporting funktionieren. Nur so lassen sich voll digitale Prozesse darstellen und Effizienz- und Kostensparpotenziale wirklich heben.

Wie sieht es in anderen Bereichen aus? 

Sievers: Im Bereich des Asset Managements lässt sich die Einsparung durch den Einsatz von KI nicht so einfach beziffern. Hier geht es weniger um reduzierte Kosten, sondern um ein völlig neues Level an Fähigkeiten und Leistungen, die wir mit KI erreichen können. Unsere KI wertet zum Beispiel täglich 125 Millionen Datenpunkte aus. Egal, wie viele Analysten und Fondsmanager man einstellt, das lässt sich mit menschlichen Fähigkeiten gar nicht bewerkstelligen. Wer in transparenten und hochliquiden Märkten nach neuem Alpha für seine Investoren sucht, muss auf KI setzen.

„Egal, wie viele Analysten und Fondsmanager man einstellt, das lässt sich mit menschlichen Fähigkeiten gar nicht bewerkstelligen.“

Ein weiteres Beispiel ist die Fähigkeit unserer KI, nicht nur Prognosen für Aktien und Märkte zu treffen, sondern auch die Wahrscheinlichkeit anzugeben, dass diese Prognose auch eintrifft. Das funktioniert, weil wir als einer der ersten KI-Fondsmanager überhaupt bei unserer KI die sogenannten Bayesianisch Neuronalen Netze nutzen.

Und wir können dank unserer KI den Kunden in der Vermögensverwaltung schon ab niedrigen sechsstelligen Beträgen maximal individualisierbare Portfolios anbieten. Statt den typischen drei bis fünf Risikoprofilen zwischen Defensiv bis Dynamisch können unsere Kunden ihre Portfolios nach Ländern, Branchen, Risikoprofil und Nachhaltigkeit höchst individuell frei selbst bestimmen. So ein Angebot wäre ohne KI wirtschaftlich überhaupt nicht darstellbar.