Jamal El Mallouki von Portagon „Bei Beratern besteht noch Nachholbedarf im Wissen um diese Produkte“

Jamal El Mallouki von Portagon

Jamal El Mallouki von Portagon: : „Illiquidität ist in der Asset-Allokation nicht per se ein Nachteil“. Foto: portagon

private banking magazin: Zinswende, stotternde Volkswirtschaften, globale Unsicherheit: Es gab schon einfachere Zeiten für die Private-Markets-Investments, oder?

Jamal El Mallouki: Ja, das stimmt. Die derzeitige globale wirtschaftliche und politische Landschaft ist in der Tat besonders komplex und hat starken Einfluss auf Anlageentscheidungen und -strategien. Andererseits: Gerade jetzt bietet sich daher eine Diversifikation mit Investitionen außerhalb der volatilen öffentlichen Märkte an, um mehr Resilienz mit einem ausgewogenen Portfolio zu erreichen. Denn: Grundsätzlich ist der private Kapitalmarkt weiterhin ein Wachstumsmarkt, ganz besonders was private Investitionen betrifft, wo wir von einem niedrigen Niveau aus starten. Zum Beispiel halten laut einer Studie von Bain aus diesem Sommer private Investoren weltweit knapp 50 Prozent des globalen Vermögens, aber sind nur zu 16 Prozent in Alternative Assets investiert. 38 Prozent der High-Net-Worth-Individuals und sogar 53 Prozent der Very-High-Net-Worth-Individuals wollen ihre Anlagen in Alternative Assets erhöhen.

Institutionelle Investoren bauen inzwischen wieder Fixed-Income- statt Private-Markets-Positionen auf. Ist der Markt aktuell abgekühlt?

El Mallouki: Dass Fixed-Income-Produkte in Zeiten steigender oder hoher Zinsen nachgefragt werden, ist nichts Ungewöhnliches. Vor allem nach dem sehr starken Decoupling der letzten Jahre mit einer breiten Renditeschere zwischen Zinsen und privatem Kapitalmarkt. Das hilft den beteiligten Asset Managern auch dabei, den durch die starke Abwertung des liquiden Portfolios ausgelösten Denominator-Effekt auszugleichen und ermöglicht so mittelfristig wieder mehr Investitionen zum Beispiel in Private Equity. Daher erscheint es von außen, als würde der private Kapitalmarkt derzeit eine kleine Pause einlegen. Das ändert aber nichts an seiner Attraktivität, wie historische Vergleiche der Renditen mit dem öffentlichen Kapitalmarkt zeigen. Und da kommen auch neue Investoren zum Beispiel aus dem privaten Bereich ins Spiel, die den privaten Kapitalmarkt verstärkt entdecken, um ihr Portfolio ausgewogener zu gestalten.

 

Warum sollte das Timing für private Investoren gerade besser sein als für institutionelle?

El Mallouki: Vorab: Wir sind keine B2C-Plattform, sondern bieten eine B2B2C-Lösung an. Wir sorgen dafür, dass Distributoren wie Vermögensberater und Banken sowie Asset Owner wie Family Offices Anlagen im privaten Kapitalmarkt einfach, zeitsparend und rechtssicher abwickeln können. Private Investoren sind mit einem Exposure von nur drei Prozent einfach unterallokiert. Es ist also wichtig, überhaupt zu allokieren und breit zu streuen. Weiterhin liegen 90 Prozent der Investitionschancen im privaten Kapitalmarkt, also in Private Equity, Private Credit und Private Real Estate und noch einigen mehr. Investitionen in diese Märkte verbessern sowohl die Asset-Allokation und erhöhen historisch gesehen die Rendite bei einem deutlich attraktiveren Risiko-Rendite-Profil mit geringerer Volatilität. 

Illiquidität mag für langfristig orientierte institutionelle Investoren weniger ein Problem sein als für private Anleger, die im Zweifel nicht so lange Anlagehorizonte haben oder Liquidität benötigen. Wie also diesen Zielkonflikt auflösen?

El Mallouki: Illiquidität ist in der Asset-Allokation nicht per se ein Nachteil, dafür gibt es als Ausgleich eine Prämie. Es geht darum, ein ausgewogenes Portfolio zusammenzustellen. In der Vergangenheit war dies nur schwierig für Privatinvestoren möglich, da die Einstiegshürden zu hoch waren und somit eine Diversifikation über Alternative Investments nicht möglich war. Mit der Reform bietet der Eltif 2.0 ab Januar 2024 eine gute Einstiegschance in den privaten Kapitalmarkt. Mit diesen Fonds und anderen Strukturen werden verschiedene Assetklassen nun für immer mehr private Anleger investierbar. In einem ersten Schritt wird eine eher affluente Investorengruppe angesprochen, die auch über einen längeren Anlagehorizont verfügt.

Wie unterscheidet sich eine optimale institutionelle von einer optimalen privaten Private-Markets-Allokation?

El Mallouki: Bei allen kommt es auf mehrere Faktoren an. Bei privaten Investoren sind es zum Beispiel der Anlagehorizont, das Alter, die Zielplanung wie Altersvorsorge oder Finanzierung eines persönlichen Wunsches. Dazu kommt die individuelle Verfügbarkeit von Geld, die Erfahrung mit verschiedenen Anlagen und so weiter. Es ist weniger die Frage, was ich mit meinem Geld mache, als wo ich damit hin will, was ich erreichen will. Und: Bei allem darf auch nicht vergessen werden, dass die Investition in Private Markets nur ein Teil der Gesamtallokation sein sollte. Das klassische 60/40-Portfolio hat oftmals ausgedient. Eine Beimischung von circa 30 Prozent in Private-Markets-Investitionen zum Beispiel hat sich unter historischen Aspekten als gute Allokation erwiesen: jeweils 10 Prozent in Private Equity, Private Credit und Private Real Estate. Dabei dann die Equity- oder Aktienquote auf 45 Prozent runterfahren und den Fixed-Income-Anteil auf 25 Prozent. Das ist aber nur ein Beispiel – die konkrete Allokation sollten Anleger immer mit einem Berater besprechen. 

 

Sie haben den Eltif angesprochen, dessen Marktvolumen im Vergleich zum europäischen Fondsmarkt verschwindend gering ist. Woran liegt das?

El Mallouki: Für die bisherige Zurückhaltung gab es bislang verschiedene Gründe. Zum einen die recht hohen Einstiegshürden für Anleger in Bezug auf verfügbares Kapital sowie Mindestanlagesummen aufgrund der bisherigen Regulierung. Zum anderen besteht auch noch Nachholbedarf im Wissen um diese Produkte bei den Beratern, die die einfacheren, aber häufig auch renditeschwächeren klassischen Investmentfonds bevorzugt haben. Letztlich war es auch eine Frage des Zugriffs. Mithilfe digitaler Infrastrukturen und neuer Produkte durch veränderte Regulatorik wird der Zugang dazu deutlich vereinfacht und beschleunigt. Das breite Produktangebot an Eltifs fehlt allerdings aktuell noch. Es kommen aber immer mehr globale Asset Manager mit neuen, innovativen Produkten nach Deutschland, hiesige Produktanbieter ziehen nach und auch die Distributoren zeigen verstärktes aktives Interesse an Eltifs und den Möglichkeiten. Wenn der private Kapitalmarkt in den Vordergrund rückt, werden Eltifs dabei das bevorzugte Investmentprodukt für Anbieter als auch Anleger sein.

Die Eltif-Regulierung wurde überarbeitet – Asset Manager sind zufrieden, der Anlegerschutz wurde allerdings etwas aufgeweicht. Wie entwickelt sich der Eltif-Markt künftig?

El Mallouki: Die Reform für den Eltif 2.0 war dringend nötig und wird für deutlich mehr Investitionen sorgen. Wir sehen aber nicht, dass der Anlegerschutz aufgeweicht wurde. Fakt ist, dass diese Produkte dem AIF-Regime unterliegen und der Anlegerschutz hier grundsätzlich bereits sehr hoch ist. In der Neuregulierung sind nicht nur Investitionshürden gefallen, auch Anbieter haben mehr Flexibilität bei der Produktzusammenstellung. Da ist zum Beispiel die Senkung der Mindestquote für zulässige Anlageformen von 70 auf 55 Prozent, die Steigerung von 10 auf 20 Prozent für einen einzelnen Sachwert im Gesamtportfolio sowie die Erhöhung der Fremdkapitalquote von 30 auf 50 Prozent. So kommen mehr und bessere Produkte auf den Markt, die sich einfacher darstellen lassen. Konkurrenz belebt das Geschäft, die Global Player unter den Asset Managern haben bereits entsprechende Produkte – und planen eine kontinuierliche Auflage von weiteren Produkten in der Zukunft. Von einem größeren Angebot profitieren die Anleger – und von mehr Anlegerinteresse wiederum die Anbieter.

 

Über Portagon können Sie auch Maklerpools anbinden – ist das vor dem Hintergrund der oben genannten Probleme überhaupt ein relevanter Vertriebskanal für die Private Markets?

El Mallouki: Neben Banken und Vermögensverwaltern sind Maklerpools und IFAs die wichtigsten Distributionspartner für die Branche. Insbesondere bei Vertrieb und Beratung von Alternative Investments haben diese in der Vergangenheit einen Großteil des Marktvolumens betreut. Sie werden oft unterschätzt, dabei gibt es Finanzberater, die jährlich zweistellige Millionenbeträge in der Anlage von Alternatives betreuen. Also ja, das ist ein sehr relevanter Vertriebskanal. Wichtig ist es, die für die Beratung und Investition benötigte technische Infrastruktur zu schaffen. Maklerpools haben oft eigene Zeichnungs- und Beratungsstrecken, wir können diese in Teilbereichen ergänzen und über unseren Marktplatz das investierbare Universum ausbauen.

Wie wird sich das Segment in den kommenden fünf Jahren entwickeln?

El Mallouki: Im kommenden Jahr wird sich die Branche erst noch finden müssen, wir rechnen mit einem signifikanten Wachstum in den Folgejahren. Wie eingangs erwähnt, gehen fast alle Studien von einer möglichen Verdopplung oder sogar mehr privater Investitionen in den privaten Kapitalmarkt in den nächsten Jahren aus. Die relative Illiquidität im privaten Kapitalmarkt sowie die Komplexität bei der Verwaltung der Produkte stellen Herausforderungen dar, die durch ein neues Ökosystem aus Liquiditätsmanagement, Vertrieb und Technologie gelöst werden kann. Das Liquiditätsmanagement wird aus unserer Sicht bereits mittelfristig sogar in Richtung eines Sekundärmarktes gehen. Das wiederum zieht eine weitere Öffnung und auch einen ähnlich einfachen Zugang wie zum öffentlichen Kapitalmarkt nach sich. Vielleicht nicht in fünf Jahren, aber die Tendenz geht dahin. Das ist auch unser Ansatz. Wir wollen ein Marktumfeld schaffen, in dem Alternative Assets ebenso zugänglich und transparent sind wie öffentliche Kapitalanlagen. Das ermöglicht transformatives Wachstum und eröffnet Chancen für alle Stakeholder. 


Über den Interviewten:

Jamal El Mallouki ist Mitgründer und Geschäftsführer von Portagon, einer Distributionsplattform für den privaten Kapitalmarkt.

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