Hussam Masri von der Dekabank „Die persönliche Beratung bleibt das Erfolgskriterium“

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Hussam Masri von der Dekabank
„Die persönliche Beratung bleibt das Erfolgskriterium“
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Hussam Masri leitet das neu strukturierte Private Banking und Wealth Management der Dekabank.

Hussam Masri leitet das neu strukturierte Private Banking und Wealth Management der Dekabank. Foto: Dekabank

private banking magazin: Herr Masri, der Wohlstand hat neue Höhen erreicht, die Private-Banking- und Wealth-Management-Industrie dürfte vor goldenen Zeiten stehen?

Hussam Masri: Wir sollten nicht vergessen, dass viele Menschen im Zuge der Corona-Pandemie und Rekordinflation Wohlstandseinbußen schultern müssen. Aber Sie haben Recht: die Betreuung von vermögenden Kunden ist ein Wachstumsmarkt. Laut Global Wealth Report, der vom Credit Suisse Research Institute publiziert wird, leben allein in Deutschland fast 2,7 Millionen Dollarmillionäre. Vor diesem Hintergrund erreicht die Nachfrage nach Dienstleistungen und Lösungen im Segment Private Banking und Wealth Management ein neues Niveau.

Auch die Zahl derer, die partizipieren wollen, steigt. Es ist nicht zu übersehen, dass neue Anbieter aus dem Ausland und rein digitale Vermögensverwalter auf den Markt drängen.

MasriEin Wachstumsmarkt und sich verändernde Kundenbedürfnisse locken immer auch neue Anbieter. Die Sparkassen verfügen jedoch auch über gute Argumente: einen sehr guten Beratungsprozess, das Vertrauen vieler Firmenkunden und der vermögenden Kundschaft und eine breite Lösungskompetenz. Wir als ein zentrales Private-Banking-und-Wealth-Management-Haus der Sparkassen-Finanzgruppe unterstützen hierbei.

Was fordern Privatkunden ein?

Masri: Einerseits maßgeschneiderte Lösungen, Konzepte und Dienstleistungen, zum anderen sehen wir den Wunsch nach einer sehr individuellen Kundenansprache über verschiedene Kanäle hinweg, Stichwort Digitalisierung.

So stellen wir bei den Depotanalysen und –optimierungen fest, die wir für Sparkassen und deren hochvermögende Kundschaft durchführen, dass die Nachfrage nach themenorientierten Investments deutlich zugenommen hat. Gerade Unternehmerinnen und Unternehmer interessieren sich stark für Zukunftsthemen. Sie erleben die Veränderungen und Herausforderungen der Digitalisierung und technologischer Veränderungen hautnah und müssen zugleich immer Themen wie den Kampf gegen den Klimawandel im Blick haben.

Gerade die jüngere Generation hat genaue Vorstellungen, was mit ihrem Geld geschehen soll. Wie sehen deren Kundenbedürfnisse im Private-Banking- und Wealth-Management-Markt aus?

Masri: Ein ganz wichtiger Aspekt betrifft das Thema Vermögensübergabe. In Deutschland werden jährlich bis zu 400 Milliarden Euro von privaten Haushalten vererbt, kalkuliert das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung. Dieser Vermögenstransfer stellt die Erblassenden vor komplexe Herausforderungen, bei denen die Sparkassen gemeinsam mit uns unterstützen können. Die Generation der Erben hat zudem teils ganz andere Erwartungen als ihre Vorgängergeneration. Die Anlegenden verlangen eine globale und permanente Verfügbarkeit und sie legen einen verstärkten Fokus auf Geldanlagen mit Nachhaltigkeitsmerkmalen.

 

Können Sie etwas dazu sagen, wie sich die Bedeutung der Frau für die Vermögensverwaltung verändert?

Masri: Das Wealth Management war jahrzehntelang männlich geprägt. Doch schon heute sind 40 Prozent der vermögenden Privatpersonen weltweit weiblich und ihr Anteil wird voraussichtlich steigen. Frauen und Männer müssen nicht, aber können unterschiedliche Vorstellungen von und Erwartungen an eine Beratung stellen. Darin liegt eine Wachstumschance für Wealth Manager, die ihr Angebot und ihre Betreuungsstrategie anpassen. Vermögensverwalter, bei denen diese Prozesse bereits laufen, konnten ihren Umsatz der Unternehmensberatung Oliver Wyman zufolge um rund 10 Prozent steigern. Für die Branche bedeutet das: Dienstleistungs- und Betriebsmodelle sind zu diversifizieren.

Keine einfache Aufgabe in schwierigen Zeiten…

Masri: Ja, das Marktumfeld mit abnehmender Wachstumsdynamik, restriktiver Geldpolitik der Notenbanken, geopolitischen Krisen und hohem Inflationsdruck birgt neue Hürden für die vermögende Klientel. Darauf müssen die Anbieter eingehen. Vor allem die hohe Inflation bedroht die Vermögen. Die extremen Inflationsraten von 2022 werden sich zwar nach Einschätzung unserer Volkswirte in den nächsten Quartalen wieder beruhigen – doch sie werden noch einige Zeit deutlich über den Notenbankzielen liegen.

Hand aufs Herz: Was kann und sollte die Beratung in diesen unsicheren Zeiten liefern?

Masri: Die persönliche Beratung und Betreuung bleibt das Erfolgskriterium im Private Banking und Wealth Management. Die Digitalisierung ist zwar ein wichtiges Instrument, weil sie Prozesse erheblich verbessern und zudem zu einem smarteren und effizienteren Kundenerlebnis führen kann. Doch rein digitale Angebote und Produktlösungen werden gerade im Private-Banking-Segment niemals den vertrauensvollen, persönlichen Austausch ersetzen können. In diesem schwierigen Umfeld gilt es für uns und für die Branche insgesamt, das anvertraute Vermögen mit Verantwortung und hohem Engagement zu verwalten.

Wichtig ist aber eine ganzheitliche Betrachtung des Vermögens. Wir stellen fest, dass sich Kunden im Private Banking und Wealth Management immer öfter eine unabhängige und bedarfsorientierte Beratung wünschen, und zwar über alle finanziellen Aspekte, die ihr Privat- und gegebenenfalls Betriebsvermögen umfasst und die ihre Lebensplanung inklusive der Familie, aber auch des Unternehmens berücksichtigt. Gerade in der Betreuung und Beratung von Unternehmern besteht enormes Potenzial. Die Unternehmer kämpfen aktuell mit großen Herausforderungen, wie dem Fachkräftemangel, Lieferketten-Engpässen, hohen Energiekosten sowie niedrigerem Wachstum.