Vorstände der neuen HRK Lunis „Wenn Sie den Markt konsolidieren wollen, brauchen Sie tiefe Kapitaltaschen“

Michael Reuss (links), von Huber, Reuss und Kollegen, und Andreas Brandt, Vorstandsvorsitzender von Lunis

Michael Reuss (links), geschäftsführender Gesellschafter von Huber, Reuss und Kollegen, und Andreas Brandt, Vorstandsvorsitzender von Lunis, sprachen im Interview mit dem private banking magazin über die Fusion der beiden Vermögensverwaltungen zur HRK Lunis. Foto: Huber, Reuss und Kollegen/Lunis

Noch sind nicht alle wichtigen Fragen vor der Fusion der unabhängigen Vermögensverwalter Huber, Reuss und Kollegen und Lunis zur HRK Lunis geklärt. Ob man sich in Meetings künftig mit „Moin“ oder „Grüß Gott“ begrüßen werde, können der Bayer Michael Reuss, geschäftsführender Gesellschafter von Huber, Reuss und Kollegen, und der Lunis-Vorstandsvorsitzende Andreas Brandt aus Hamburg im Interview mit dem private banking magazin nicht beantworten. Das müsse sich noch zeigen. Bei allen anderen Themen demonstrieren die künftigen Vorstandskollegen indes Einigkeit. Überraschend ist das nicht: Die „Ehe“ beider Unternehmen, die noch unter dem Vorbehalt der aufsichtsrechtlichen Genehmigung steht, hat sich schließlich lange angebahnt.

private banking magazin: Sie haben Anfang September den Zusammenschluss der beiden Häuser Huber, Reuss und Kollegen und Lunis zur HRK Lunis bekanntgegeben. Wie lange dauerte die Abtastphase? Wie kam der Kontakt zustande?

Michael Reuss: Der ganze Markt ist in Bewegung und überall finden Gespräche statt. Meist kommen solche Kontakte – wie auch unserem Fall – über Berater zustande. Aber dann ist entscheidend, ob es auch passt. Wir haben uns fast zwölf Monate geprüft, bevor wir uns „verheiratet haben“, weil sich beide sicher sein wollten, dass der Partner auch der richtige ist. Und nach eingehender Prüfung kamen wir zu dem Ergebnis: Ja, das passt sehr gut.

Andreas Brandt: Ich habe dem private banking magazin im August 2019 ein Interview gegeben, in dem ich geäußert habe, dass wir als Lunis auf dem Weg zu unserem Ziel bis Ende 2023 drei Milliarden Euro Volumen zu betreuen, auch für anorganisches Wachstum offen sind. Wir haben uns den Markt somit schon länger angeschaut. Huber, Reuss und Kollegen haben einen exzellenten Ruf am Markt, sodass wir uns schon früher gewünscht hätten, in Kontakt zu kommen. Aber manches, was länger währt, wird am Ende perfekt.

In der Mitteilung zum Zusammenschluss hieß es, beide Häuser würden sich optimal ergänzen. Können Sie kurz skizzieren, welche besondere Expertisen, die jeweils andere Gesellschaft in die HRK Lunis einbringt?

Reuss: Ich wage als Erster eine Antwort. Die Lunis hat eine ausgewiesene Expertise mit langjährigen, gewachsenen Verbindungen zu Partnerships im Private-Equity-Bereich. Dieses Segment hat Huber, Reuss und Kollegen bisher vernachlässigt. Der Bereich wird im Mandantenkreis immer mehr nachgefragt. Dort hat Lunis eine erheblich höhere Expertise, weshalb es unser Haus sehr gut ergänzt. Wichtig ist neben der Ergänzung, dass auch die bestehenden Geschäftsfelder passen. Und bei der individualisierten Vermögensverwaltung gibt es große Schnittmengen zwischen beiden Häusern.

Brandt: Was Huber, Reuss und Kollegen seit vielen Jahren auszeichnet, ist die Expertise und der Track-Record des Investmentteams. Sie haben dort sowohl personell als auch inhaltlich eine breitere und tiefere Aufstellung im Investmentteam. Das ist eine ideale Ergänzung, damit die Lunis den erfolgreichen Wachstumsweg weiter beschreiten kann – nun gemeinsam als HRK Lunis. 

Sie haben ambitionierte Ziele formuliert. Die HRK Lunis soll zum Marktführer der unabhängigen Vermögensverwaltungen in Deutschland aufsteigen. Haben Sie spezielle Wachstumsfelder ausgemacht?

Brandt: Das Wachstumsfeld schlechthin ist die individuelle Vermögensverwaltung. Huber, Reuss und Kollegen hat sich mit einem eigenen Family Office etwas anders aufgestellt. Gerade beim Thema Family Office und allen Dienstleistungen, die man Mandanten in diesem Geschäftsfeld anbieten kann, sehen wir ein riesiges Wachstumsfeld. Wir glauben, dass wir dort anderen Wettbewerbern durch die gemeinsame Aufstellung voraus sein können.

Ist denn auch geografisch eine breitere Aufstellung geplant? Stichwort Niederlassungen.

Brandt: Wir sind gut aufgestellt, in Hamburg, Berlin, Hannover, Frankfurt, Stuttgart und  insbesondere in Bayern mit Schonungen, Ingolstadt und München sehr stark vertreten. Wenn wir geeignete Teams sehen, in Regionen, in denen wir noch nicht vor Ort sind, steht dem nichts entgegen, dass wir dort neue Niederlassungen aufbauen. Es ist nicht das primäre Ziel in dieser Situation, aber ganz klar eine Option.

In der Mitteilung zur Fusion wurde gesagt, der Zusammenschluss passiere „mit vorausschauendem Blick auf den beginnenden Generationenübergang der Vermögensverwaltungsbranche“. Heißt im Klartext: Die HRK Lunis peilt weitere Unternehmenskäufe an?

Reuss: In der Branche findet ein Generationenübergang statt. Viele Vermögensverwaltungen wurden vor gut zwanzig Jahren gegründet, oftmals sind es kleinere Einheiten, bei denen die Nachfolge offen ist. Für diese Unternehmen wollen wir erster Ansprechpartner sein. Gerade kleinere Vermögensverwalter haben immer weniger Zeit sich um ihr originäres Geschäft zu kümmern, weil sie mit administrativen Aufgaben überfrachtet werden. Der Verwaltungsaufwand hat durch die strengen aufsichtsrechtlichen Anforderungen über die letzten zwei Dekaden hinweg immens zugenommen.

Vor wenigen Wochen fusionierten die Vermögensverwaltungen Röcker & Walz und Eberhardt & Cie., Anfang des Jahres schlossen sich vier Vermögensverwalter unter der Dachgesellschaft Cinerius Financial Partners zusammen, um nur zwei Beispiele aus diesem Jahr zu nennen. Nimmt die lange prophezeite Konsolidierung der Vermögensverwaltungsbranche jetzt Fahrt auf?

Brandt: Ein Teil der Gründungsgeschichte der Lunis im Jahr 2017 war schon damals, dass es eine Konsolidierung der Branche gibt zu der man einen Beitrag leisten kann. Das war auch wichtig für einen professionellen Investor wie J.C. Flowers. Dieser Prozess hat sich lange hingezogen und ist bis zum heutigen Tage nur selektiv eingetreten. Wir glauben aber, dass die Dynamisierung dieser Konsolidierungswelle nun zunimmt – aus Generationen- und regulatorischen Gründen, wie Herr Reuss schon dargelegt hat. Zusätzlich ist von weiter steigenden Eigenkapitalanforderungen an die Institute auszugehen.

 

 

Die von Ihnen erwähnte Private-Equity-Gesellschaft J.C. Flowers, die die Mehrheit an Lunis hält, soll auch Hauptgesellschafter der HRK Lunis sein. Wäre eine Fusion ohne einen so kapitalstarken Investor denkbar gewesen?

Brandt: Nein, das wäre es nicht. Es braucht sowohl kapitalstarke Investoren als auch kapitalstarke Unternehmen in unserer Branche. Ohne solche Investoren können Zusammenschlüsse in dieser Dimension aus unserer Sicht nicht stattfinden.

Reuss: Die Anforderungen an das regulatorische Eigenkapital von Vermögensverwaltungen sind massiv gestiegen. Wenn Sie den Markt konsolidieren und hier sogar die Nummer eins werden wollen, brauchen Sie tiefe Kapitaltaschen.

Wird sich die Gesellschaft auch ins operative Geschäft einmischen?

Brandt: Nein, im operativen Geschäft setzt J.C. Flowers auf das Team aus beiden Häusern und darauf, dass wir unsere Strategie wie bisher auch erfolgreich umsetzen können. Dementsprechend hat es keine Eingriffe in das operative Geschäft gegeben.

Ist denn schon spruchreif, wie sich die HRK Lunis an der Spitze aufstellt?

Brandt: Es wird einen fünfköpfigen Vorstand unter meiner Führung geben mit den weiteren Kollegen Friedrich Huber, Bernhard Pfitzner und Michael Reuss von der HRK sowie Marco Hauschildt von Lunis. Durch die zukünftige Struktur konnte auch die anstehende Generationennachfolge von Ulrike Zander (Vorstandsmitglied der Lunis, d. Red.) in idealer Weise gelöst werden.

Die Fusion soll „ohne einen Identitätsverlust“ beider Partner passieren. Wie stellt man das in so einem Prozess sicher?

Reuss: In dem man sich im Prüfungsprozess bereits sehr genaue Gedanken über die künftige Aufstellung macht – unter der Prämisse der inhaltlichen Übereinstimmungen und Ergänzungen. Als Beispiel: Mit dem Investmentteam, einer Stärke von Huber, Reuss und Kollegen, werden wir von München aus die Anlagestrategie für die Gruppe verantworten. Die Private-Equity-Expertise bringt die Lunis in die Gruppe ein. So haben wir den Best-in-class-Ansatz für unsere künftige Aufstellung vorgegeben. In puncto Individualität und Kundenzentrierung gibt es keine Veränderungen, denn hier herrscht Übereinstimmung. Insofern sehen wir keine Gefahr eines Qualitätsverlustes.

Brandt: Kontinuität wird durch die Beraterinnen und Berater an die Mandanten vermittelt. Es geht uns darum, dass wir dieselben handelnden Akteure haben, den Mandanten hinsichtlich des Service-Angebotes aber gleichzeitig das Beste aus beiden Häusern bieten können. Damit glauben wir, dass wir ideal für den Markt aufgestellt sind.

...An einem Markt, der im Wandel ist. Sowohl von der Nachfrage- als auch von der Angebotsseite her. Verspüren Sie zunehmend Druck durch digitale Angebote in der Vermögensverwaltung, beispielsweise durch Robo-Berater?

Reuss: Man muss unterscheiden zwischen Robo-Advisorn und grundsätzlichen Digitalisierungsnotwendigkeiten. Letztere sind für die ganze Branche unbestritten da. Robo-Advisor sind für uns als individualisierte Vermögensverwaltung keine Konkurrenz, denn dies sind uniformierte Dienstleistungen. Ein Robo-Advisor kann nie das Gespräch mit dem Vermögensverwalter ersetzen und nie auf die Belange der Mandanten eingehen. Nehmen Sie die aktuelle Situation an den Märkten, in der Sie jemanden brauchen, der Sie vor Fehlern bewahrt. Eine gut aufgestellte Vermögensverwaltung lässt sich durchsolche Angebote nicht ersetzen.

Brandt: Wir werden das Bestreben und den Ehrgeiz haben, uns auf dem Gebiet der Digitalisierung marktführend aufzustellen. Wir haben vor, weitere Investitionen zu tätigen. Wir müssen nur schauen, wann, in welcher Intensität und mit welchem Partner. Denn wir selbst sind ja kein IT-Haus, sondern eine Vermögensverwaltung.

 

 

Was vor allem junge vermögende Kunden an digitalen Angeboten schätzen, ist das einfache Onboarding. Müssen sich Vermögensverwaltungen hier dynamischer aufstellen, um nicht Gefahr zu laufen, die neue Kundengeneration zu verlieren?

Reuss: Müssen Sie. Und es gibt in diesem Punkt auch viel Bewegung, sowohl bei unseren beiden Häusern als auch zum Beispiel bei den Depotbanken. Ziel ist es, das Onboarding und den gesamten digitalen Zugang massiv zu verbessern. Hier schließt sich auch der Kreis zum zuvor besprochenen Thema: Viele kleinere Vermögensverwaltungen, bei denen möglicherweise der Generationenübergang noch ungeklärt ist, haben gar nicht die Zeit und Ressourcen, um in diese Lösungen zu investieren.

Brandt: Digitalisierung ist nichts, was sich für zehntausend Euro auf hohem Level umsetzen lässt. Das erfordert Kapital und Investitionen. Als gemeinsames Haus verfügen wir über genügend Kapitalstärke und wollen diese Investitionen tätigen. Allgemein lässt sich zum Thema Digitalisierung festhalten: Dies ist Bestandteil des Weges unserer Branche in die Zukunft.

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