Tobias Fischer und Holger Mai, Frankfurter Bankgesellschaft „Mit der Millionengrenze kommen wir den Sparkassen nicht ins Gehege“

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Tobias Fischer und Holger Mai, Frankfurter Bankgesellschaft
„Mit der Millionengrenze kommen wir den Sparkassen nicht ins Gehege“
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Tobias Fischer (l.) und Holger Mai von der Frankfurter-Bankgesellschaft-Gruppe:

Tobias Fischer (l.) und Holger Mai von der Frankfurter-Bankgesellschaft-Gruppe: „Im Top-Segment dachte kaum ein Vermögender als erstes an Sparkassen, wenn es um große Anlagebeträge geht.“ Foto: Frankfurter Bankgesellschaft

private banking magazin: Die Frankfurter Bankgesellschaft ist in den vergangenen Jahren kräftig gewachsen. Was hat dabei am meisten geholfen?

Holger Mai: Wir haben die Frankfurter Bankgesellschaft als Privatbank der Sparkassen so aufgebaut, weil die S-Finanzgruppe nun mal die größte und sicherste Finanzgruppe der Welt ist, über hohe Vertrauenswerte und eine hohe Kompetenzvermutung für Girokonten, Baufinanzierung und Bausparvertrag verfügt, nicht aber über eine flächendeckende Kompetenzvermutung für sehr vermögende Kunden. Die Gruppe hat in Deutschland Zugang zu 50 Prozent aller vermögenden und mittelständischen Kunden – in der Vergangenheit im Private Banking und Wealth Management aber einen viel zu geringen Marktanteil. Mit unserem umfangreichen Dienstleistungsangebot bringen wir unseren rund 280 Kooperationssparkassen einen wichtigen Zusatznutzen.

Tobias Fischer: Wir versuchen stets eng an unseren Sparkassen und unserer Kundschaft zu sein, haben fast keine Fluktuation unter den Beraterteams und bieten deshalb Kontinuität und Vertrauen, die wir über Jahre hinweg aufbauen können. Die Frankfurter Bankgesellschaft ist eine wertkonservative Bank, betreibt kein Investmentbanking, hat grundsätzlich keine eigenen Produkte und keinen Eigenhandel.

Gibt es im Private Banking und Wealth Management für Sparkassen ein Wahrnehmungsproblem?

Mai: Die Kompetenzvermutung für Private Banking und Wealth Management hat die S-Finanzgruppe in der Vergangenheit noch nicht flächendeckend durchsetzen können, obwohl sie sie im Retail- und Affluent-Segment schon lange hat. Im Top-Segment dachte kaum ein Vermögender als erstes an Sparkassen, wenn es um große Anlagebeträge geht. Aber: Die Sparkassen kennen die Menschen vor Ort, insbesondere aus dem Mittelstand, weil sie Finanzierer des Mittelstandes sind. Und wenn ich von Mittelstand rede, dann rede ich von Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 10 und 200 bis 300 Millionen Euro. Für alles darüber gibt es andere Adressen wie Goldman Sachs und die Deutsche Bank. 

 

Wenn ein Mittelständler auf der anderen Seite von der Frankfurter Bankgesellschaft hört, verbindet er das sicher nicht unbedingt direkt mit seiner Sparkasse.

Mai: Die Frankfurter Bankgesellschaft wendet sich ja nur über die Kooperationssparkasse an einen Kunden – wir machen keinerlei Werbung – und bringt als eigenständige exklusive Marke mit S-Verbundhinweis der Sparkassen-Finanzgruppe gegenüber anderen Verbundunternehmen ausschließlich einen Zusatznutzen. Denn: Eine Marke kann man nur begrenzt spreizen. Der Volkswagen-Konzern zum Beispiel stand immer sehr erfolgreich für Golf und Passat – deswegen hat der Oberklassewagen Phaeton unter dieser Marke nicht funktioniert und Porsche wird in der VW-Familie als separate Marke positioniert, und baut halt keine Mittelklasse. Analog dazu können sehr vermögende Kunden in der Frankfurter Bankgesellschaft Gruppe eine exklusive Privatbank erleben, die trotzdem in eine der größten und sichersten Finanzgruppen der Welt eingebunden ist.

Was muss geschehen, damit Sparkassenkunden die Frankfurter Bankgesellschaft wahrnehmen?

Mai: Wir treten in unserem Kernsegment Wealth Management nur über Sparkassen an den Markt und akquirieren mit ihnen gemeinsam sowie betreuen sehr vermögende Kundinnen und Kunden und Familienunternehmer, die die Sparkasse nicht selbst gewinnen könnte. Wir tragen dafür Sorge, dass die S-Finanzgruppe im Markt der sehr vermögenden Kunden einen angemessenen Marktanteil hat. Dafür bieten wir das einzige Multi Family Office der Gruppe für alle Sparkassen mit Familienstrategien, Vermögenstrategie und Immobilientransaktionen, dazu die Imap M&A Consultants als eine der führenden M&A-Gesellschaften für den deutschen Mittelstand ebenfalls als Alleinstellungsmerkmal innerhalb der Gruppe. Das Herz unserer Geschäftsstrategie ist die Vermögensverwaltung und Anlageberatung: nur Einzeltitel, nur Anleihen, nur Aktien, kein Produkt von irgendjemandem, auch nicht aus der S-Finanzgruppe.

„Wir sehen den Vorstoß mit Interesse, aber gelassen, da wir im Top-Segment als eine der wachstumsstärksten Privatbanken am deutschen Markt gut positioniert sind“

Sie spielen auf die Dekabank an. Ist sie mit ihrem Vorstoß ins Private Banking und Wealth Management ein Substitut oder Komplementär zu Ihnen?

Mai: Die Dekabank ist das Wertpapierhaus und der Produktlieferant der Sparkassen und muss deshalb in jeder Filiale und jedem Beratungszentrum der Sparkasse präsent sein. Wir sehen den Vorstoß mit Interesse, aber gelassen, da wir im Top-Segment als eine der wachstumsstärksten Privatbanken am deutschen Markt gut positioniert sind und es bei der Betreuung von sehr vermögenden Kunden vor allem Vertrauen und mehrfach ausgezeichnete Expertise braucht. Wir sind Kompetenzführer in der S-Finanzgruppe und haben mit der M&A-Beratung, dem Family Office und dem Standort in Zürich das breiteste, für die Sparkassen ergänzende Dienstleistungsangebot, insbesondere für den deutschen Mittelstand. Unser Mehrwert ist der Zusatznutzen in einem Segment, in dem die Sparkasse vor Ort nicht die passende Kompetenzvermutung oder größtenteils auch nicht das Dienstleitungsangebot hat.

Fischer: Und mit unserer grundsätzlich wertstabilen Anlagestrategie können wir auch im Wealth Management diesen Zusatznutzen bieten. Wir sind in unseren Vermögensverwaltungen in jeder Hinsicht transparent, und auch wenn wir eine einfache und klare Gebührenstruktur haben, sind wir kein Discounter. Wir fokussieren uns auf Aktien- und Anleihen von Gesellschaften in Europa und Nordamerika. Dort kennen wir uns aus, können die Bilanzen sicher lesen und eine gute „Anamnese“ der Einzeltitel vornehmen. Transparenz gilt schließlich auch für uns, aber natürlich lassen wir Asien nicht komplett links liegen und setzen auf dort stark positionierte Unternehmen aus Nordamerika und Europa. Um all das im Top-Segment bieten zu können, liegt die Mindestanlage im Kernsegment Wealth Management bei einer Million Euro. Erst dann können wir ein Portfolio ausreichend diversifizieren. Und dort hört auch für viele Sparkassen die Betreuungshöhe auf.

 

Mai: Und bei einer Anlagesumme ab 250.000 Euro können die einzelnen Institute, auch über unsere Vermögensverwaltung für Sparkassen als Whitelabel-Lösung, sehr gut selbst Produkte anbieten. Mit diesem Angebot unterstützen wir die Kompetenzvermutung der Sparkasse vor Ort für Vermögensanlagen. Es ist eine Vermögensverwaltung der jeweiligen Sparkasse, wir übernehmen das Portfoliomanagement.

Erwarten die Sparkassenkunden im Wealth Management auch noch eine Wertpapierberatung?

Fischer: Die Vermögensverwaltungsquote ist eine unserer strategischen Steuerungsgrößen, das Ziel liegt bei 80 bis 90 Prozent. Im Neugeschäft mit den Sparkassen liegt die Vermögensverwaltungsquote bei nahezu 100 Prozent. Aber: Bei international aufgestellten Privatbanken wird es immer eine Anlageberatung geben. Wir haben uns seit jeher daher bewusst dazu entschieden, auch die Anlageberatung anzubieten und die Voraussetzungen dafür geschaffen.

Wie läuft die Zusammenarbeit mit den Sparkassen?

Mai: Im Wealth Management akquirieren und betreuen wir ausschließlich mittels Kontaktanbahnungsgeschäft über eine unserer 280 Kooperationssparkassen. Wenn eine Sparkasse einen sehr vermögenden Familienunternehmer oder Privatperson kennt, dann kann sie mit uns als Privatbank einen Termin für diesen Potentialkunden ausmachen, bei dem auch gern ein Kollege der Sparkasse dabei sein kann.

„Private Banking und Wealth Management bedeuten einen besonderen persönlichen Einsatz, und der ist nur bis zu einem gewissen Grad skalierbar.“

Fischer: Dabei gibt es bei uns nicht viele Kunden pro Berater. Private Banking und Wealth Management bedeuten einen besonderen persönlichen Einsatz, und der ist nur bis zu einem gewissen Grad skalierbar. Mit der Millionengrenze kommen wir den Sparkassen nicht ins Gehege, wenn Unternehmer in der Vermögensverwaltung die Komplexität an uns übertragen wollen.

Heißt: Der Kunde bucht bei der Frankfurter Bankgesellschaft – und kommt der örtlichen Sparkasse abhanden?

Mai: Bei unserem Vermögensverwaltungsmandat bucht der Kunde in der Tat entweder bei uns in Zürich oder in Frankfurt – die Betreuung nach WPHG und die regulatorischen Pflichten liegen ebenfalls bei uns. Das kommt den Vermögenden entgegen, die ihr Geld – aus welchen Gründen auch immer – nicht bei der lokalen Sparkasse buchen wollen. Kunde und lokale Sparkasse entscheiden, wie tief die Sparkasse eingebunden ist. Am Ende erhält die Sparkasse aber immer dauerhaft 50 Prozent der Erträge.

Fischer: Für uns ist die Sparkasse also der Ast, auf dem wir sitzen. Das schwarze Sparkassenlogo auf unseren Visitenkarten ist Erfolgsfaktor und ehrt, adelt und erdet uns zugleich. Zum Rechtlichen: In der Schweiz gibt es ein Bankgeheimnis, in Deutschland ist es das Geschäftsgeheimnis. Um die Sparkassen gleichwohl dauerhaft „im gleichen Boot“ zu halten, animieren wir die Kunden zur Erteilung einer Einsichtsermächtigung. Somit bleiben – um auf Ihre Frage zurückzukommen – die Kunden der vertrauten Sparkasse dauerhaft erhalten.

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Sie haben es schon angesprochen: Durch die besondere Struktur der Frankfurter Bankgesellschaft sind Sie auch in der Schweiz aktiv. Lohnt der Aufwand?

Fischer: Ja. Die Möglichkeit entspricht einem Kundenwunsch. Die Deutschen hegen häufig eine Grundsympathie für die Schweiz, und dies hat nicht zuletzt mit der über eine sehr lange Zeit stabilen Währung und der politischen Kontinuität zu tun. Die Schweiz ist nun mal eines der wirtschaftlich und politisch stabilsten Länder und der weltweite Marktführer in der Vermögensverwaltung. Und mit unserer Aufstellung können wir aus einer Gruppe beide Standorte bedienen und damit die Nachfrage der Sparkassen und der Kunden nach ihren Bedürfnissen erfüllen. 

Mai: Die Sparkasse kann wählen, ob sie als ersten Ansprechpartner mit einem Wealth Manager aus Zürich oder mit einem aus einem der deutschen Standorte oder aber natürlich auch mit beiden zusammenarbeiten möchten. Unabhängig davon kann der Potentialkundewählen zwischen dem Depotstandort Zürich oder Frankfurt. Er erhält überall die identische Beratungs- und Portfoliomanagementqualität.

Was ist mit den Kunden, die auch weiterhin einfach Kunden der örtlichen Sparkasse bleiben wollen?

Mai: Vermögende Private-Banking-Sparkassenkunden sollen natürlich erkennen, dass die Sparkasse vor Ort für sie professionelle Vermögensverwaltung oder -beratung anbieten kann. Für diese Kompetenzvermutung reicht es nicht, wenn die Sparkasse nur an Verbundpartner weitervermittelt. Die Sparkasse in ihrem Private Banking braucht als Zusatzangebot eine eigene Vermögensverwaltung – dafür haben wir die Vermögensverwaltung für Sparkassen entwickelt, deren Portfoliomanagement wir als Privatbank der Sparkassen-Finanzgruppe übernehmen. Möglich ist das ab 250.000 Euro, das durchschnittliche Abschlussvolumen liegt bei 500.000 bis 600.000 Euro – also bei dem Volumen, bei dem Sparkassen selbst Kunden in der Vermögensverwaltung betreuen können.

„Wir nehmen wahr, dass Sparkassen, die ihren Firmenkunden- und ihren Private-Banking-Bereich sehr eng verzahnen, viele schlummernde Potenziale heben“

Ab welchem Volumen werden Kunden weder in die Vermögensverwaltung noch ins Wealth Management überführt und stattdessen ins Family Office? 

Mai: Das ist kein „entweder oder“, sondern viel mehr eine Ergänzung. Das Family Office kommt ab 10, eher 20 bis 30 Millionen Euro Gesamtvermögen für Kunden in Frage. Dort gibt es reine Honorarberatung, dafür aber keine Vermögensverwaltung. Zusätzlich setzen wir Ausschreibungen um, wenn Kunden neben unserer konservativen Anlagestrategie beispielsweise Private Equity oder Asien-Mandate wünschen. Wir begleiten das Vermögen, moderieren es aber auch, wenn es beispielsweise Streit in einer Familie gibt. So schaffen wir es, in diesem Top-Segment das gesamte Dienstleistungsangebot abzudecken. Außer Krediten. Das kann die Sparkasse besser.

Ohne Ausnahme?

Mai: Wir vergeben grundsätzlich nur Lombard-Kredite, das heißt: Beleihung des bei uns geführten Depotvolumens. 

Wie wichtig ist innerhalb der Sparkassen die vielbesprochene Zusammenarbeit mit dem Firmenkundenbereich?

Fischer: Essenziell wichtig. Das zu verwaltende Vermögen kommt zunehmend aus dem unternehmerischen Bereich. Das Firmenkundengeschäft bietet deshalb das größte Potenzial, auch wenn das Privatkundensegment ebenfalls wichtig ist. Ein Tandem aus Firmenkunden- und Private-Banking-Berater funktioniert wirklich am besten. Wir nehmen wahr, dass Sparkassen, die ihren Firmenkunden- und ihren Private-Banking-Bereich sehr eng verzahnen, viele schlummernde Potenziale heben; unter anderem auch zusammen mit unserer M&A-Tochter Imap M&A Consultants.

 

Was verändern die Fusionstendenzen innerhalb des Sparkassensektors für Sie?

Mai: Nichts. Selbst wenn fusionierte Großsparkassen sich größere Mandate zutrauen, können wir im Top-Segment trotzdem unterstützen, dann gegebenenfalls erst ab 5 Millionen Euro Anlagevolumen. Und an die ganz großen Kunden wollen sich viele Sparkassen auch gar nicht heranwagen, wie ich bereits eingangs erwähnte.

Was ist dann die wichtigste Aufgabe für die kommenden Jahre? 

Mai: Wir wollen bis 2030 zusammen mit den Sparkassen auf ein Anlagevolumen von 50 Milliarden Euro wachsen und eine der größten und leistungsstärksten Privatbanken am deutschen Markt werden. Und da gehört die Sparkassen-Finanzgruppe auch hin.  

Was müssen Sie dafür verändern?

Mai: Wir werden noch mehr Sparkassen-Berater davon überzeugen und sie ermutigen, ihre Top-Kunden und Kontakte auf uns anzusprechen. Viele Kollegen vor Ort haben jedoch noch Respekt davor. Heißt: Wir werden mit unseren Dienstleistungsangeboten den Sparkassen vor Ort das Selbstvertrauen geben, dass sie mit uns zusammen fast jeden sehr vermögenden Potentialkunden erfolgreich ansprechen können.

 

Über die Interviewten:
Holger Mai ist Vorsitzender der Geschäftsleitung der Frankfurter-Bankgesellschaft-Gruppe. Er verantwortet die Steuerung des Teilkonzernes, das globale Investment, das Sparkassen-Verbundgeschäft, Treasury und Stabsbereiche und alle Tochtergesellschaften. Er verfügt über langjährige grenzüberschreitende Erfahrung in der Steuerung von regionalen und überregionalen Banken, zum Teil als Vorstand, insbesondere in Deutschland, dem Zielmarkt der Frankfurter Bankgesellschaft.

Tobias Fischer ist Mitglied der Geschäftsleitung der Frankfurter Bankgesellschaft (Schweiz). Er verantwortet den Marktbereich Wealth Management sowie als General Counsel den Bereich Recht . Er verfügt über langjährige Erfahrung in der ganzheitlichen Betreuung von vermögenden Kunden und im Bereich Regulatorien, insbesondere im grenzüberschreitenden Geschäft zwischen Deutschland und der Schweiz. 

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