Juerg Steffen von Henley & Partners Warum es immer mehr Vermögende raus aus ihren Heimatländern zieht

Juerg Steffen, Geschäftsführer von Henley & Partner, nennt im Gespräch mit dem private banking magazin Gründe für den Migrationstrend bei HNWIs.

Juerg Steffen, Geschäftsführer von Henley & Partner, nennt im Gespräch mit dem private banking magazin Gründe für den Migrationstrend bei HNWIs. Foto: Henley & Partner

private banking magazin: Ziehen vermögende Privatpersonen häufiger um als durchschnittlich Vermögende?

Juerg Steffen: Vermögende Personen sind extrem mobil. Ihre Bewegungen können ein frühzeitiges Warnsignal für Staaten sein. Länder, die wohlhabende Einzelpersonen und Familien anziehen, sind in der Regel robust, haben niedrige Kriminalitätsraten, wettbewerbsfähige Steuersätze und attraktive Geschäftsmöglichkeiten. Die zunehmende Abwanderung wohlhabender Personen ist häufig ein Zeichen für das schwindende Vertrauen in ein Land. Denn: Vermögende und sehr vermögende Personen verfügen über die Mittel, das Land zu verlassen und sind somit die ersten, die es auch wirklich in die Tat umsetzen.

Was für die entsprechenden Länder ein Problem sein dürfte…

Steffen: Klar. Zusammen mit ihren Familien bringen Vermögende auch ihren Reichtum, ihre Netzwerke und die Steuern, die sie zahlen, in ihre Gastländer mit. Das heißt im Umkehrschluss, dass der Wegzug von Millionären sich nachteilig auf die Wirtschaft und die Immobilienmärkte der Länder auswirken kann, die sie hinter sich lassen. In einigen Fällen verlagern wohlhabende Personen sogar ihre Unternehmen – und die damit verbundenen Arbeitsplätze – sowie ihre Fähigkeiten, Qualifikationen und ihren Einfluss ins Ausland. Auch wenn Millionäre nur einen Bruchteil der Bevölkerung eines Landes ausmachen, ist es für jedes Land ein wichtiges Unterfangen, sie hervorzubringen, anzuziehen und zu halten.

Laut Ihren Prognosen könnten 2023 aber mehr Vermögende umziehen als je zuvor. Warum?

Steffen: Die anhaltende Volatilität in der Übergangszeit nach der Pandemie erhöht die Sicherheits-, politischen und wirtschaftlichen Risiken. Das veranlasst wohlhabende Familien, ihr Wohnsitzportfolio zu diversifizieren, um ihr Erbe, ihr Vermögen und ihren Lebensstil zu schützen. Darüber hinaus gibt es natürlich mehrere Faktoren, die die Vermögenden dazu bewegen, umzuziehen. Im Zeitraum 2013 bis 2019 waren es der Wunsch nach besseren Bildungsmöglichkeiten, einem höheren Lebensstandard in einer sichereren Umgebung, einem gemäßigteren Klima oder einer weniger verschmutzten Umwelt. Dazu kommen Anreize wie Möglichkeiten zur geschäftlichen Diversifizierung und finanzielle Aspekte wie Vermögenserhalt und Erbschaftsschutz. Seitdem die Covid-19-Pandemie ausgebrochen ist und es jüngst sozioökonomischen Umwälzungen und geopolitische Konflikte gab, wird es immer wichtiger, dass man die Möglichkeit hat, seinen Wohnsitz in mehrere Länder zu verlegen.

 

 

Bei Ihnen geht es aber nicht nur um Umzüge, sondern auch um mehrfache Staatsbürgerschaften: Was ist ihr Vorteil?

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Steffen: So lassen sich natürlich Reisefreiheit und Lebensstil verbessern. Dadurch haben Vermögende mehr Wahlmöglichkeiten, wo sie leben, arbeiten, investieren, studieren und sogar ihren Ruhestand verbringen konnten. Immer mehr Anleger überlegen, ihre Familien in andere Länder umzusiedeln, aus Gründen wie Sicherheit, Bildung und Gesundheitsversorgung bis hin zu Klimaresistenz und sogar Kryptofreundlichkeit. Ein Portfolio von Umzugsoptionen und Pässen, die Ihnen persönliche Zugangsrechte zu einer Vielzahl von Ländern und Rechtsordnungen garantieren, sind die einzige Möglichkeit, das Vermögen wirklich zukunftssicher zu machen und das Erbe für künftige Generationen zu sichern.

Aber reicht eine gewisse Reisefreiheit nicht schon aus?

Steffen: Das Land, in dem man geboren wird, hat dramatische Auswirkungen auf die Qualität und das Ausmaß der Chancen, die man in seinem Leben hat. Und eben auch auf die Herausforderungen, denen man auf seinem Weg begegnen kann. Ein Kolumnist der Financial Times, Simon Kuper, hat es in einem kürzlich erschienenen Artikel unverblümt und treffend formuliert: „Wenn wir beobachten, wie Ukrainer nach Westen fliehen, reiben wir uns an der einfachen Wahrheit: Dein Pass ist dein Schicksal.“

Die Anforderungen für Staatsbürgerschaften sind in Deutschland recht streng. Was muss man mitbringen, um andere Staatsbürgerschaften zu erhalten?

Steffen: Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Eine Staatsbürgerschaft kann durch Heirat, durch Einbürgerung, durch die Verbindung zu Vorfahren oder durch Investitionen erworben. Für Letzteres gibt es Programme. Sie bieten Familien das Privileg, eine alternative Staatsbürgerschaft oder einen alternativen Wohnsitz zu bekommen – wenn sie im Austausch dafür einen erheblichen wirtschaftlichen Beitrag im Gastland leisten.