Single Family Office der Familie Grohe „Als Family Officer muss ich den Blick der Familie erweitern“

Richard Grohe aus der Unternehmerfamilie Grohe (links) und Single Family Officer Ralph Becker

Richard Grohe aus der Unternehmerfamilie Grohe (links) und Single Family Officer Ralph Becker: Foto: Felix Groteloh / Syngroh

Wie viel Family Office ist Syngroh schon?

Richard Grohe: Syngroh war anfangs eine Pooling-Gesellschaft für die von unserer Familie an der Hansgrohe SE gehaltenen Anteile. Nachdem sich die Familie aus dem operativen Hansgrohe-Geschäft zurückgezogen hatte, haben wir Syngroh als für die Familie identitätsstiftende Investmentgesellschaft aufgebaut – zunächst aber mit Fokus auf Direktbeteiligungen, bei denen wir seit 2017 insgesamt sechs Transaktionen tätigen konnten. Die anderen Asset-Klassen hatte Syngroh bisher weniger strategisch verfolgt, auch weil das nicht unsere Kernkompetenzen sind. Das wollten wir ändern. 

Weshalb Sie mit Ralph Becker einen Family Officer für Syngroh verpflichteten ...

Grohe: ... der nicht nur einen Teil des Vermögens managt, sondern die Allokationen steuern und Strategien weiterentwickeln soll. Bisher haben wir mit drei externen Mitarbeitenden ein kleines Team. Wir wollen alle Asset-Klassen für die Familie professionalisieren. 

 

Das heißt?

Grohe: Es gibt schon jetzt bei Syngroh mehr Anlagen als nur die Direktbeteiligungen. Wir müssen aber klassische Vermögensthemen wie Klumpenrisiken und Strukturierung adressieren und den Weg von einer Unternehmerfamilie zur Investorenfamilie gestalten. Dafür braucht es prozess- statt personenorientierte Strukturen, die auch die nachfolgende Generation miteinbeziehen und Resilienz schaffen.

Wie kann das für Syngroh gelingen, Herr Becker?

Becker: Herr Grohe übt sich ein wenig in Understatement, denn: Die Strukturen innerhalb der Syngroh sind jetzt schon professionell, es gibt Investmentkomitees und weitere Gremien. Für Anlageentscheidungen gibt es also bereits einen funktionierenden Prozess. Darüber hinaus hat die Familie einen Familienrat geschaffen, um die nächste Generation an das Family Office heranzuführen. Auch eine klare Strategie zu Themen wie Anlageklassen und Risiko-Appetit der Familie ist definiert. Andere Teile der Strategie sind aktuell noch etwas rudimentärer formuliert, hier können wir gemeinsam ansetzen.

„Wir schreiben im Family Office die bestehende strategische Vermögensdiversifikation in die Zukunft fort und verfeinern sie“ 

Heißt: Sie setzen diese Strategie nun vor allem operativ um?

Becker: Mein primäres Ziel ist, die operativen und administrativen Strukturen zu schaffen. Zudem schreiben wir im Family Office die bestehende strategische Vermögensdiversifikation in die Zukunft fort und verfeinern sie. So balancieren wir Schritt für Schritt das Vermögen aus: Risiko-Appetit gegenüber Sicherheitsgefühl. 

Wie sieht die Allokation bisher aus?

Becker: Unternehmer machen gerne das, was ihnen liegt. Deswegen hat Familie Grohe im ersten Schritt da investiert, wo sie herkommt: Direktbeteiligungen im Mittelstand. Andere Anlagen sind definiert und wachsen, die angesprochene Balance fehlt aber noch.

 

Wie sieht die Allokation künftig aus, damit diese Balance besteht?

Becker: Immobilien werden wir über das bereits bestehende Tochterunternehmen Poligroh weiter aufbauen, im liquiden Teil des Portfolios sammeln wir neben Cash natürlich Aktien und Anleihen. Bisher hat die Familie dafür mit Banken im Private Banking zusammengearbeitet, nun soll das Family Office diese Anlagen weiter institutionalisieren.

Was möchten Sie im Family Office selbst leisten, was auslagern?

Becker: Was wir gut und kostengünstiger selbst umsetzen können oder aus Gründen der Vertraulichkeit im Family Office behalten wollen, übernehmen wir selbst. Heißt: Für alles andere bilden wir ein Berater-Panel mit Fachleuten aus der Steuer-, Prüfungs- und Rechtsberatung. Das Gleiche gilt für Finanzdienstleister und damit auch für Vermögensverwalter, die wir nach Qualität und Konditionen auswählen.

Grohe: Die Direktbeteiligungen wollen wir möglichst externalisieren, wir investieren über die Syngroh Capital. Dazu haben wir mit der Syngroh Advisory eine Beratungsgesellschaft mit fünf professionellen M&A-Bankern gegründet, bei der wir Miteigentümer sind. Der Prozess für die Direktinvestments vereint also zwei Blickwinkel: Im Investmentkomitee der Familie wählen wir die Direktinvestments aus der langfristigen Unternehmersicht aus, in der Beratungsgesellschaft kommt eine kurzfristigere M&A- und Private-Equity-Perspektive dazu. Daraus fügt sich hoffentlich ein möglichst komplettes Bild zusammen. Wenn unsere Berater "Nein" sagen, dann investieren wir als Familie auch nicht. Wenn wir "Nein" sagen, dann investieren wir genauso nicht. Wer sein Vermögen gut verwaltet sehen möchte, braucht externe Berater und unabhängige Meinungen.

Gilt das auch für das Investmentkomitee?

Grohe: Definitiv, dort arbeitet die Familie für Direktbeteiligungen mit den Beratern der Syngroh Advisory und auch zwei externen Beiräten zusammen, die etwa einen Konzernblick oder makroökonomische Perspektiven einbringen. Pro Anlageklasse wollen wir aber ein eigenes Investmentkomitee aufbauen.

„Wir haben uns gefragt, ob es einen Spezialisten für liquides Vermögen braucht, einen Banker oder einen Generalisten“

Becker: Das Komitee wird dann gemäß den professionellen Anforderungen besetzt. Beispiel Immobilien: Dort braucht es dann die Berater- und die Finanzierungssicht. Bei liquiden Anlageklassen werden wir uns über diese Anforderungen auch Gedanken machen.   

Die Zahl der Single Family Offices ist in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Wie sind Sie zu dem Schluss gekommen, dass auch Sie einen eigenen Family Officer benötigen, Herr Grohe?

Grohe: Wir wollten jemanden, der etwas kann, was wir nicht können. Also brauchte es komplementäres Fachwissen und eine Persönlichkeit, die als Sparringspartner gleichberechtigt mit uns zusammenarbeitet. Wir haben uns gefragt, ob es dafür einen Spezialisten für liquides Vermögen braucht, einen Banker oder einen Generalisten. Letzteres war der Fall: Wir haben also ein klares Anforderungsprofil erstellt und dann mit professionellen Beratern über fast ein Jahr hinweg Personen gesucht, die dieses Profil erfüllen.

Wie gelingt die Suche nach einem Family Officer?

Grohe: Ein klares Profil und ein gutes Briefing ist der erste Schritt. Die Frage, wie viele Informationen man als Vermögensträger preisgeben möchte, der zweite. Wir sind recht transparent, konnten im dritten Schritt die Kandidaten gut kennenlernen und uns im vierten Schritt gegenseitig Aufgaben stellen. Am Ende haben wir dann auch unsere konkrete Situation offengelegt und die verbleibenden Kandidaten gefragt, wie sie auf den Status quo aufbauen würde. Der Prozess ähnelt der Besetzung eines Vorstands- oder Beiratspostens, mit der wir viel Erfahrung haben.

 

In der Zusammenarbeit mit dem Family Officer als Sparringspartner wird oder sollte es aber auch Meinungsverschiedenheiten geben. Wie wollen Sie damit umgehen?

Grohe: Wir diskutieren in der Familie gerne, auch kontrovers. Dass die bisherigen Unternehmensportfolios erfolgreich waren, hängt auch damit zusammen, dass Kollegen auch mal dezidiert andere Meinungen hatten als wir. Die Idee vom Chef ist nicht die beste, nur weil sie vom Chef ist. Wir wollen keine Teams bevormunden, weil uns die Teams sonst nicht helfen können. 

Was braucht es aus Sicht eines Family Officer für eine funktionierende Zusammenarbeit?

Becker: Transparenz, Offenheit und die Bereitschaft, andere Meinungen zuzulassen. Das gilt sowohl für den Family Officer wie auch für die Familie. Wenn ich als Family Officer mir eine Meinung gebildet habe, werde ich diese gegenüber der Familie auch vertreten, auch wenn sie nicht der Meinung einzelner Familienmitglieder entspricht. Nur so kann ich als Sparringspartner auf Augenhöhe tätig werden.

Sie halten noch Anteile an Hansgrohe, dazu die Direktbeteiligungen. Was verändern Unternehmensanteile an der Ausgangssituation eines Family Office?

Grohe: Hansgrohe steht immer noch im Zentrum der Beteiligungen unserer Familie. Aber: Bei einer Transition von der operativen Unternehmerschaft hin zu – abwertend gesagt – einer Verwaltung über eine Finanzholding könnte im schlechtesten Fall ein Teil der Familie auch abgehängt werden. Zudem lösen freie Cash-Bestände eine gewisse Fliehkraft aus. Das Family Office stiftet dementsprechend in erster Linie Identität für die Familie und schafft neue unternehmerische Perspektiven. So hält das Vermögen im Family Office die Familie zusammen. Wo früher das Unternehmen mit am Küchentisch saß, soll es heute das Family Office sein. 

Wie gelingt das?

Grohe: Hansgrohe ist für uns keine Allokation oder ein Anteil im Portfolio, sondern es sind Mitarbeiter, Verantwortung und eine Strategie. Dieses Denken müssen wir auf unsere anderen Investments und unsere neuen Geschäftsmodelle erweitern, die aber in sich sehr unterschiedlich sind. Ein Family Office ist in dem Sinne eine Reise, auf der wir die ganze Familie mitnehmen wollen und bei der jeder eine Lernkurve haben soll.

Becker: Hansgrohe ist und bleibt die DNA der Familie, als Family Officer muss ich den Blick der Familie erweitern. 

Grohe: Weshalb wir uns bei den Direktbeteiligungen auch an Unternehmen mit völlig anderen Geschäftsmodellen, zum Beispiel einem Präzisionsmaschinenbauer oder einem Installationsspezialisten für den filialisierten Einzelhandel beteiligt haben. Wir halten sogar Anteile an einer kleinen Schweizer Privatbank. Unsere eigene Struktur muss uns bei allen liquiden und illiquiden Anlageformen unterstützen. 

 

Was ist, wenn Familienmitglieder andere Vorstellungen haben?

Becker: Die neuen Geschäftsmodelle sind durchaus auch eine Herausforderung für die kommende Generation, die sich ja auch mit anderen Branchen und Ideen befassen kann. Auch kann es durchaus sein, dass ein Familienmitglied passiver auftreten möchte als ein anderes aus derselben Generation. Das akzeptiert die Familie: Jeder soll Familienmitglied sein und bleiben, aber jeder kann diese Rolle für sich interpretieren. 

Grohe: Wir haben flache Hierarchien, bereiten die Nachfolgegeneration sowohl im operativen als auch im strategischen Sinne auf ihre Gesellschafterrolle vor. Unser Vorteil ist, dass wir eine hohe intergenerationelle Dichte innerhalb der Familie haben, sodass im Altersgefüge keine großen Lücken entstehen. Das hat uns als Familie schon über die vergangenen 123 Jahre hinweg geholfen.

„Die Instrumente für Controlling und Erfolgsmessung des Family Office gibt es zwar schon, wir müssen aber auch sie weiter professionalisieren“

Wollen Sie mit anderen Familien kooperieren?

Becker: Auch dieses Ziel haben wir in unserer Unternehmensstrategie festgehalten. Die Art und Weise der Kooperationen werden wir sukzessive gemeinsam erarbeiten.

Herr Becker, Ihnen steht eine Menge Arbeit bevor. Wo setzen Sie zuerst an?

Becker: Wir eröffnen ein Büro in Frankfurt, von wo aus heute bereits die Direktbeteiligungen verwaltet werden, und werden auch den Sitz von Syngroh nach Frankfurt verlagern, um uns organisatorisch eine optimale Basis für die weitere Entwicklung zu geben. Alles andere folgt dann: Erreichbarkeiten, personelle Aufstellung, die Besetzung der Berater-Panels und Investmentkomitees sowie die Instrumente für Controlling und Erfolgsmessung des Family Office. Letztere gibt es zwar schon, wir müssen aber auch sie weiter professionalisieren, damit die Familie jederzeit die erzielten Fortschritte im Family Office sehen kann. Denn daran werde auch ich gemessen.


Über die Interviewten:

Richard Grohe war von 2008 bis 2016 der stellvertretende Vorsitzende des Vorstands bei der Hansgrohe SE. Er baute die Marke Hansgrohe mit zahlreichen Innovationen zu einem weltbekannten Premiumlabel aus. Grohe vertritt die Gründerfamilie seit Mai 2018 im Aufsichtsrat der Hansgrohe SE. Er ist einer von vier Söhnen von Klaus Grohe, der wiederum jüngster Sohn des Firmengründers Hans Grohe ist.

Ralph Becker ist Geschäftsführer der Syngroh Beteiligungs GmbH. Damit leitet der Becker das Single Family Office der Familie Klaus Grohe.  Zwischen November 2020 und Oktober 2023 arbeitete er als Geschäftsführer von Blue Lion, dem Family Office der Familie Schörghuber. Bevor er zur Familie Schörghuber gewechselt war, arbeitete er als Geschäftsführer bei Convergenta Invest und vertrat dort die Interessen der Familie Kellerhals bei ihrer Media-Saturn-Minderheitsbeteiligung. Dem vorangegangen waren Positionen als Geschäftsführer sowie als Jurist und Rechtsanwalt, unter anderem bei Ebner Stolz, KPMG und Ernst & Young. 

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?
Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen