George Muzinich von Muzinich & Co. „In Trümmern nach Werten suchen“

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Wer bräuchte Private Markets und Debt-Strukturen, wenn die Krise und die Regulierung nicht diese Entwicklung genommen hätten?

Muzinich: Meiner Meinung nach gibt es gute Argumente für private Märkte. Es gibt von der EZB geförderte Programme. Große Unternehmen wie Siemens können Anleihen ausgeben. Warum also sollten mittelständische Unternehmen nicht in der Lage sein, sich über die Kapitalmärkte zu finanzieren? Früher waren sie von Banken abhängig. Aber die Banken sind heute stark reguliert. Sie haben keinen Spielraum bei der Vergabe von Krediten und verlangen immer starke Sicherheiten. Daher sollte es normal sein, dass Mittelstandsfirmen außer auf Banken auch auf andere Finanzierungsmöglichkeiten zurückgreifen können.

Sind die privaten Investoren – also Sie – die besseren Banken für den Mittelstand?

Muzinich: Ich würde nicht sagen, dass wir besser sind. Wir sind eine Ergänzung. Banken können bestimmte Dinge leisten, aber wie gesagt, sie sind stark reguliert. Wir wiederum können längerfristige Finanzierungen anbieten, denn wir haben eine viel größere Freiheit und bieten so mehr Flexibilität. Damit ermöglichen wir es auch dem Bankensektor, flexibler und dynamischer zu sein. Der Vorteil der privaten Märkte ist besonders in der heutigen Zeit, dass sie nicht so volatil sind wie die öffentlichen Märkte. Und wir arbeiten ausschließlich mit variablen Zinssätzen. Wenn die Inflation steigt, passen wir den Zinssatz an. Auf diese Weise ist man von der Inflation nicht betroffen. 


Sind die privaten Märkte oder Ihre privaten Schuldenlösungen von der aktuellen Corona-Situation negativ betroffen?

Muzinich: Natürlich, man ist von allem betroffen. Es findet ein gigantischer Umbruch statt. Man muss einfach immer vorsichtig sein. Wenn man sich zum Beispiel einmal vorstellt, man hatte früher ein Geschäft oder mehrere Geschäfte in der Innenstadt, dann war das gut. Ich meine, das waren gute Standorte. Aber werden die Menschen jetzt wieder in die Innenstädte zurückkehren? Werden sie mehr von zu Hause aus arbeiten? Die gesamte Geografie des Investierens ändert sich. Und unsere Gewohnheiten ändern sich ebenfalls. Werden die Menschen wieder ins Kino gehen und in die großen Fastfood-Ketten? Wird die Kreuzfahrtindustrie zurückkehren? Was passiert mit der Luftfahrtindustrie? Viele Gewohnheiten werden wahrscheinlich zurückkehren, aber ganz so sicher ist das auch nicht. Vielleicht kommen sie in anderer Form zurück. Da gibt es also große Fragezeichen. Und wir als aktive Investoren müssen vor allem die möglichen Risiken sehen und sie richtig einordnen.

Ist das nicht manchmal ziemlich stressig? Am Aktienmarkt etwa geht es auch darum, mögliche Vorteile zu sehen.

Muzinich: Wir schauen erst nach unten, dann noch oben. Das ist nun einmal unser Job. Unsere Aufgabe ist es, das Kapital zu schützen. Und dafür müssen wir das Risiko verstehen, es analysieren und die Wahrscheinlichkeit einzuschätzen, dass etwas schief geht. Die Aktienseite schaut gern nach oben. Das ist deren Job.

„Würden Sie da nicht ein wenig in Versuchung kommen?

Sind Ihre privaten Schuldenlösungen eigentlich für jeden Anleger geeignet?

Muzinich: Es gibt zwar keine Garantien, aber wenn ich Ihnen sage, Sie werden 7 oder 8 Prozent pro Jahr in Euro verdienen und haben eine gute Chance, Ihr Geld zurückzubekommen... 

In fünf Jahren?

Muzinich: In sieben Jahren.

Okay.

Muzinich: Aber in der Zwischenzeit bekommen Sie 7 oder 8 Prozent pro Jahr, würden Sie da nicht ein wenig in Versuchung kommen?