Nachhaltige Kapitalanlage „Das ist ein Meilenstein für ESG-Investments“

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private banking magazin: Was dürften die nächsten Schritte der Regulierung sein?

Daniel Knörr: Mit Blick auf die EU sind zum einen die Definition wirtschaftlicher Aktivitäten zu nennen, die die EU-Umweltziele wesentlich schädigen – auf Englisch „significantly harmful activities“ – beziehungsweise eine neutrale Umweltperformance aufweisen – auf Englisch „intermediate performance activities“ – sowie wirtschaftlicher Aktivitäten, die sich auf die EU-Umweltziele nicht wesentlich auswirken – auf Englisch „low impact activities“.
Zum anderen wird die Konkretisierung der EU-Taxonomie für die Umweltziele 3 bis 6 vorangetrieben. Es handelt sich um den Schutz des Wassers und der Meere, den Übergang zur Kreislaufwirtschaft, die Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie Schutz der Biodiversität und der Ökosysteme. Insbesondere die Biodiversitätsstrategie erfährt derzeit enorme Beachtung.
Aber auch auf Ebene der Mitgliedsstaaten gibt es relevante Entwicklungen. So verweist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in ihrem Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken auf Biodiversität. Und Frankreich ergänzte ihr bereits 2015 mit Blick auf den Klimawandel als wegweisend anerkannte Gesetz zur Offenlegung für Investoren inzwischen durch Transparenzpflichten hinsichtlich Biodiversitätsrisiken.
Und auf Fondsebene werden wir sicher weiter Bestrebungen der EU-Kommission zur Etablierung von Mindeststandards für ESG-Strategien für Artikel-8-Produkte sehen. Unklar ist allerdings, wie diese Standards sich systematisch in den SFDR-Rahmen einfügen sollen.

Wie behalten Sie bei so vielen unterschiedlichen regulatorischen Anforderung den Überblick?

Knörr: In den vergangenen Jahren wurden viele Ressourcen in Informationstechnik, Software und Personal in dem Bereich aufgebaut. Dies hilft uns, unser Verständnis immer weiter auszubauen. Und Kooperationen helfen ebenso: Unter anderem arbeiten wir mit MSCI, Reuters und Morningstar an unterschiedlichen Analysen. Hervorheben möchte ich zudem Natixis IM und das Team von Patrick Sobotta. Sie haben uns in dem Bereich ebenfalls mit Informationen versorgt.

Wie könnten die Standards aussehen, um die Nachhaltigkeit europaweit einheitlich zu bewerten?

Knörr: Eine Standardisierung in Anlehnung an das Konzept des EU-Ecolabels wird derzeit von vielen Seiten – unter anderem einigen einflussreichen Nichtregierungsorganisationen – gefordert. Auch im Rahmen von Eurosif wird über entsprechende Vorschläge diskutiert. Meiner Meinung nach könnte das deutsche ESG-Zielmarktkonzept als Anregung für praktikable Mindeststandards dienen.

DAS INVESTMENT: Wären bei diesen Mindeststandards derzeit eine Investition in Russland-Bonds tabu?

Knörr: Ja, bei der Beurteilung der Staatsemittenten im Rahmen des Konzeptes werden schwerwiegende Verstöße gegen Demokratie- und Menschenrechte geahndet. Als Maßstab dient zum Beispiel die Einstufung als „not free“ nach dem sogenannten Freedom House Index.

Über den Interviewten: 

Daniel Knörr ist Leiter Produktmanagement Publikumsfonds & Unit Linked Business bei Ampega Investment. Die Kölner Tochtergesellschaft der Talanx Gruppe aus Hannover zählt zu den großen deutschen Asset-Management-Gesellschaften für institutionelle Kunden.  

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