Christian Pohl von Citi „Banken haben einen klaren Wissensvorsprung“

Christian Pohl von der Citi:

Christian Pohl von der Citi: „Die Disintermediation wird bei illiquiden Anlagen besonders deutlich“ Foto: Citi

private banking magazin: Die Citi ist keine komplette Unbekannte im deutschen Private Banking. Was verändert sich nun überhaupt?

Christian Pohl: Citi hat eine globale Expansionsstrategie für die Private Bank; mit Frankreich und Deutschland als größte Länder auf dem europäischen Kontinent haben wir unsere Präsenz für hochvermögende Kunden komplettiert. Wir haben 2022 die notwendigen Erlaubnisse erhalten, um auch aktiv in Frankfurt und aus Frankfurt heraus in Deutschland und Österreich tätig zu werden, sehen 2023 aber als unseren offiziellen Start für das eigene, deutschsprachige Private Banking. Unsere Einschätzung ist: Wer hier am Markt ein Geschäft für die Zukunft aufbauen möchte, muss diesen Schritt gehen. Außerdem haben wir das Team deutlich aufgestockt, das Produkt- und Dienstleistungsangebot erweitert. Im Prinzip sind wir ein Start-up, wenn auch auf einer global ausgezeichneten Plattform.

Ist Letztere hilfreich oder einschränkend?

Pohl: Ich sehe die globale Aufstellung als großen Vorteil. Wir können etwa bei der Regulatorik von den Skaleneffekten innerhalb der Bank profitieren. Die Aufbaukosten sind für uns also überschaubarer als bei kompletten Neugründungen.

Was kann Ihr „Start-up“ in so einer frühen Phase schon leisten?

Pohl: Wir haben alle für unser Geschäft notwendigen Strukturen aufgestellt. Citi ist also schon klassisch so aufgestellt wie andere Banken, die sich um unsere Kundengruppe bemühen: Invest­mentberater zum einen, klassische Banker beziehungsweise Relationship Manager zum anderen, dazu kommt das Assistenzteam. Für alles Weitere bedienen wir uns der europäischen Citi-­Plattform, unsere Verwahrstelle liegt in Luxemburg. 

 

Mit Verlaub: Ist man mit einer – wie Sie selbst sagen – klassischen Aufstellung am deutschen Markt konkurrenzfähig?

Pohl: Ein Schritt nach dem anderen: Wir können aus dieser Position heraus zumindest einen guten Start hinlegen. Wir sind schon jetzt ein ernst zu nehmender Banking-Partner für UHNWIs, große Family Offices und Stiftungen mit einem jeweiligen Gesamtvermögen von mehr als 50 Millionen Euro. Wir müssen die richtigen Leute finden, weitere regulatorische Voraussetzungen erfüllen und etwa die Erfahrung unserer Teammitglieder einfließen lassen, die wir von unterschiedlichen Adressen rekrutiert haben und die über ein breit gefächertes Know-how verfügen.

Stichwort UHNWIs: Letztere haben oft einen Family Officer als Korrektiv. Tendiert man als Anbieter ohne Track Record automatisch dazu, über den Preis konkurrenzfähig sein zu wollen?

Pohl: Das muss man differenziert betrachten. Bei einer Ausschreibung für ein ETF-Portfolio ist der Preis wohl das einzige Argument. Für junge oder wachsende Family Offices, die Strukturen und Netzwerke auch über deutsche Grenzen hinaus aufbauen wollen, ist der Preis weniger entscheidend. Für diese Kunden können wir ohne Track Record, ohne aggressive Preissetzung einen Mehrwert bieten. Nicht viele Banken in Deutschland haben eine globale Aufstellung, können global Zahlungsverkehr abwickeln oder als Commercial Bank dienen und dem Mittelstand auch außerhalb des Heimatlandes helfen. In diesen Geschäftsfeldern arbeiten wir schon mit vielen Unternehmen zusammen. Auch das ist ein Ansatzpunkt, um Kundenbeziehungen aufzubauen.

Was bieten Sie vor Ort und was über Gruppenkapazitäten an?

Pohl: Kunden können ab einem Betrag von 10 Millionen Euro mit uns investieren. In der klassischen Vermögensverwaltung bauen wir Portfolios für einzelne Anlageklassen aus Fonds, ETFs und auch als Einzeltitelmandate, basierend auf unserer globalen Asset Allocation. Bei Einzeltiteln greifen wir ebenfalls auf unser globales Research zurück – welche Portfoliokonstruktion die richtige ist, erarbeiten wir mit Kunden immer individuell. Nicht alle Banken können alle Bestandteile eines Portfolios auch in Einzeltiteln abbilden. Weitere Opportunitäten sehen wir im Cash-, Lending- und im Alternatives-Segment – Letzteres erachte ich für unsere Kundschaft heute und in Zukunft als besonders relevant.

„Banken haben dann einen klaren Wissensvorsprung, wenn es um KYC- oder Geldwäschebekämpfungsprozesse sowie Steuerreportings geht.“

Wie wollen Sie dem Rechnung tragen?

Pohl: Meine Erfahrung sagt mir: Es gibt global genug erfolgreiche und spezialisierte Manager für Private Equity oder Hedgefonds. Entscheidend ist nur der Zugang zu den richtigen Managern. Und den haben wir international, wir können somit von der Reichweite unserer globalen Plattform profitieren – auch für Private Debt.

Banken, gerade in Europa, haben Alternatives wie Private Equity als Intermediär lange stiefmütterlich behandelt ...

Pohl: ... weshalb nun Private-Equity-Anbieter die UHNW-Kunden teilweise direkt ansprechen, die Disintermediation wird bei illiquiden Anlagen besonders deutlich. Wir nehmen das ernst, gleichzeitig wagen sich Anbieter aber in einen Mifid-relevanten Bereich vor. Banken haben dann einen klaren Wissensvorsprung, wenn es um KYC- oder Geldwäschebekämpfungsprozesse sowie Steuerreportings geht. Diese Dienstleistungen können wir zusätzlich, aber zu gleichen Gebühren anbieten, weil wir von den Anbietern vergütet werden – das machen wir aber auch transparent. Der Kunde muss am Ende entscheiden, was ihm lieber ist.

Die Citi hat ein beachtliches Kreditgeschäft – welche Finanzierungen wollen Sie innerhalb der Private Bank abbilden?

Pohl: Das klassische Lombard-Geschäft, auch für illiquide Portfolios, um bei einem geringen Beleihungswert partiell Liquidität zurückzugewinnen. Dazu kommen Spezialfinanzierungen für Kunst oder ein privat genutztes Flugzeug. Wir bieten für handelsaffine Kunden die Möglichkeit an, eine Kreditlinie auf die Bilanz des vermögensverwaltenden Vehikels zu beantragen. Wir bedienen uns also der Kapazitäten der Unternehmensbank, werden bis auf Weiteres jedoch keine Wohneinheiten, Logistik oder Industrie in unserem Bereich finanzieren. Aber: Vermitteln wir Kunden an andere Teile der Bank, partizipieren wir so lange an der Kundenbeziehung, wie sie besteht. Das ist ein – wie ich finde – faires Anreizsystem für transparente und nachhaltige Beratung, von dem Kunden durch Zugang zur gesamten Citi-Plattform profitieren.

 

Welche Dienstleistungen neben diesen Finanzierungen und der Anlageseite muss die Citi in Deutschland künftig anbieten?

Pohl: Wir haben noch kleinere Plattformlücken, die wir gerade schließen. Wir können Kunden über ISDA-Vereinbarungen Trading anbieten, der deutsche Rahmenvertrag soll folgen. Spezial­themen wie Unterstützung bei Cyber-Sicherheit oder künstlicher Intelligenz haben wir gestartet. Auch bei Family Offices gibt es dort wachsenden Bedarf, wie konkrete Fälle gezeigt haben.

Brauchen Sie dafür weiteres Personal?

Pohl: Die Personalsituation ist der Flaschenhals für unser Geschäft. Wir haben zu wenig Nachwuchs und zu viel Durchschnitt. Es ist nicht einfach, für das Top-Kundensegment geeignete Kandidaten und Kandidatinnen zu finden, die auch vom eigenen unternehmerischen Spirit unseren Aufbau mittragen.

„Als amerikanisch geführtes Unternehmen bringen wir Kosten und Umsätze so in Einklang, dass wir immer in Nähe der schwarzen Null sind.“

Ist das als erst wachsender Anbieter besonders schwer?

Pohl: Prestige und Bezahlung sind natürlich immer Argument, ich sehe unseren Business Case aber als Vorteil: Wo bei anderen Banken schon Märkte abgesteckt sind und Kunden sowie Nichtkunden verteilt wurden, ist bei uns genug Raum ohne Limitierungen in puncto regionaler Zuständigkeit, aber mit Verantwortung, für spezielle Kundesegmente erfolgreich ein eigenes Kundenbuch aufzubauen. Der Raum reicht von Flensburg bis nach Wien. Diese Situation gibt es nur noch selten. Unser qualitativer Anspruch ist, die beste Privatbank am Markt aufzubauen.

Und quantitativ? Ein „Start-up“ muss ja profitabel werden.

Pohl: Gerade zu Beginn werden wir uns nicht an einzelnen Kunden- oder Asset-Zahlen messen – auch weil sich Ziele in Start-ups laufend entwickeln. Sie können sich sicher sein: Als amerikanisch geführtes Unternehmen bringen wir Kosten und Umsätze so in Einklang, dass wir immer in Nähe der schwarzen Null sind. Solange wir zusätzliche Relevanz in unserer Zielgruppe erreichen, sind wir auf einem guten Weg. Das, was uns Relevanz einbringt, holen wir Schritt für Schritt nach Deutschland und Österreich. Citi als Marke kennen so gut wie alle Kunden, nur noch nicht im speziellen UHNWI-Bereich. Wir sehen aber großes Interesse bei potenziellen Kunden, dieses UHNWI-Angebot besser verstehen zu wollen. Der Nachteil der noch geringeren Bekanntheit in diesem Segment entpuppt sich somit als Vorteil, da wir die Marke noch aufbauen können.


Über den Interviewten:

Christian Pohl leitet seit Frühjahr 2023 das Private Banking der Citi in Deutschland und Österreich. Zur Citi wechselte er von Goldman Sachs Europe, wo er seit 2016 tätig war und auch Führungsaufgaben wahrnahm. Seinen beruflichen Werdegang begann Pohl bei der Deutschen Bank, wo er im Wealth Management unter anderem ein Marktgebiet leitete.

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