Umfrage Institutionelle misstrauen Unternehmen und wollen aktiv Greenwashing verhindern

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Aussichtsreicher erscheint den Investoren jedoch, den Druck zu erhöhen. 89 Prozent der Investoren planen, eigene ESG-Vorschläge zu unterbreiten, gegen die Vorstandsvergütungen auf der Hauptversammlung zu stimmen sowie eigene Kandidaten aufzustellen und gegen Vorstandsmitglieder abzustimmen. 74 Prozent ziehen sogar noch aggressivere Schritte in Betracht: Sie wollen Druck auf das Management ausüben, um Änderungen im Betriebsablauf oder der Unternehmensführung durchzusetzen und ihre Sorgen über die Unternehmensstrategie nicht nur im Gespräch mit der Geschäftsführung, sondern auch öffentlich kundtun.

Dabei sehen die Investoren den Vorteil, sich mit bekannten Aktivisten zu verbünden – 87 Prozent der deutschen institutionellen Investoren in der Edelman-Befragung planen, proaktiv diesen Schritt zu gehen, um mit vereinten Kräften Veränderungen in Unternehmen effektiver anzustoßen zu können. Themenfelder, in denen Investoren aktivistisch vorgehen wollen, sind zum Großteil im Bereich des Umweltschutzes zu finden: Treibhausgasemissionen, Klimarisiken, die Ökobilanz des Unternehmens sowie die seiner Lieferkette, aber auch die Zusammensetzung des Boards stehen besonders im Fokus.

Mehr als Dreiviertel der befragten deutschen Investoren sehen zudem die Regulatoren in der Pflicht. Sie wünschen sich nicht nur strengere staatliche Vorgaben hinsichtlich der Veröffentlichung von ESG-Daten, sondern auch stärkere staatliche Kontrollen in diesem Bereich.

Die Ergebnisse der Umfrage zeigen: Unternehmen, die rund um das Thema Nachhaltigkeit noch Defizite haben, sollten aktiv werden – und dabei ist die Veröffentlichung eines ESG-Reports schon lange Pflicht und keine Kür mehr. Ganz oben auf der Liste der Wünsche der institutionellen Investoren steht mit 93 Prozent, dass die Unternehmen, in die sie investieren, innerhalb der nächsten 12 Monate einen detaillierten Net-Zero-Plan vorlegen. Auch eine exakte und wahrheitsgemäße Kommunikation der Nachhaltigkeitsstrategie und -ziele ist gefragt.

Unternehmen sollten drei Grundsätze einhalten, um Investoren von ihrem ehrlichen Engagement zu überzeugen

Angesichts der Tatsache, dass 84 Prozent der institutionellen Investoren in Deutschland aktiv überprüfen, ob Unternehmen ihre ESG-Ziele tatsächlich erreicht oder doch verfehlt haben, wird Greenwashing früher oder später auffallen. Die Konsequenzen für das betroffene Unternehmen können verheerend sein – in finanzieller Hinsicht wie auch mit Blick auf das verlorene Vertrauen. Unternehmen sollten besonderes Augenmerk auf die Qualität der ESG-Reports, der Geschäftsberichte sowie der Kommunikation des Vorstandes legen, denn aus diesen Quellen beziehen mehr als 90 Prozent der befragten institutionellen Investoren bevorzugt ihre Informationen zum Thema Nachhaltigkeit.


Ebenfalls hoch im Kurs steht bei Investoren in Deutschland die Veranstaltung von Earnings Calls sowie von Investorentagen, das Einrichten einer Microsite, die alle relevanten ESG-Informationen bündelt, sowie regelmäßige ESG-Update-Posts auf den unternehmenseigenen Social-Media-Kanälen. Bei Letzteren ist es ratsam, nicht nur die Unternehmensaccounts, sondern auch die der C-Suite gut zu pflegen, denn über 90 Prozent der deutschen institutionellen Investoren gaben an, sich diese genau anzuschauen.

Einmal verspieltes Vertrauen ist schwer wiederzuerlangen. Daher sollten Unternehmen drei Grundsätze einhalten, um Investoren von ihrem ehrlichen Engagement zu überzeugen: Sie sollten ihre ESG-Kommunikation genauso sorgfältig angehen wie die Finanzberichterstattung. Ihre ESG-Strategien sollten evidenzbasiert und mit realistischen Zielen versehen werden und zudem eine Rechenschaftspflicht auf Vorstandsebene enthalten. Schließlich sind Fortschritte, aber auch Rückschläge oder Änderungen der Strategie, klar zu kommunizieren. Wer sich daran hält, braucht sich auch nicht vor der drohenden Investoren-Aktivismus-Welle zu fürchten.

Über die Autorin
Stefanie Henn ist seit 22 Jahren in der Finanz-Kommunikation tätig und leitet bei Edelman als Senior ESG Consultant das Sustainability & Real Assets Team.

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