Vor Hauptversammlung Großanleger kritisieren Thyssenkrupp für Waffen- und Atomkraftdeals

Müssen sich bei der Hauptversammlung gegenüber einem Zusammenschluss institutioneller Investoren erklären

Müssen sich bei der Hauptversammlung gegenüber einem Zusammenschluss institutioneller Investoren erklären: Vorstandsvorsitzende Martina Merz und Vorstandsmitglied Klaus Keysberg von Thyssenkrupp. Foto: Imago Images / Sven Simon

Vor der heutigen Hauptversammlung von Thyssenkrupp setzt ein Verbund aus institutionellen Investoren den Konzern unter Druck. Die Shareholder for Change genannte Gruppe aus Großanlegern kritisiert den Essener Industriekonzern für seine Verwicklungen in den Bau eines Atomkraftwerks sowie für Waffenlieferungen an Nationen wie Ägypten oder die Türkei.

Hinter dem Bündnis steckt mit der Bank für Kirche und Caritas, kurz BKC, auch eine deutsche Kirchenbank, die die Initiative 2017 mit weiteren europäischen institutionellen Investoren gegründet hatte. Aktuell sind 13 Großanleger Mitglieder bei Shareholders for Change, die zusammen 30 Milliarden Euro verwalten und Unternehmen, Staaten und andere Investitionsobjekte zu mehr Nachhaltigkeit leiten wollen.

 

Im konkreten Fall kritisiert das Konsortium den Bau eines Atomkraftwerks in Bangladesch. „Abgesehen von der grundsätzlichen Gefahr eines Reaktorunfalls ergeben sich speziell aus der geografischen Lage unserer Ansicht nach weitere schwerwiegende Risiken für Menschen und Umwelt“, erläutert Tommy Piemonte, Leiter Nachhaltigkeitsresearch bei der Bank für Kirche und Caritas.

Tommy Piemonte, BKC

Das Atomkraftwerk liegt bei Ruppur auf einer sandigen Schwammebene. Bei Trockenheit leide das Grundwasser unter dem Atomkraftwerk, bei immer wieder auftretenden Überschwemmungen gäbe es die Gefahr eines Reaktorunfalls. Thyssenkrupp wirkte laut des Bündnisses maßgeblich über die Infrastructure -Tochter am Bau des Meilers mit, stellte Produkte und Dienstleistungen bereit.

Rüstungslieferungen sind für institutionelle Investoren nicht nur ein ethisches Risiko

Während die EU-Kommission Atomkraft teilweise als nachhaltig definieren möchte, lehnen die institutionellen Investoren diese Einstellung ab. „Denn beginnend mit den negativen Folgen der Förderung von Uran, über den Reaktorbetrieb und die Gefahr eines Super-GAUs bis hin zur jahrhundertelangen Endlagerung des Atommülls sind die Risiken und langfristigen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt sowie insbesondere die nachfolgenden Generationen zu keinem Zeitpunkt als nachhaltig zu bewerten“, erklärt Piemonte.

Zweiter Kritikpunkt der Großanleger sind Rüstungsexporte durch Thyssenkrupp Marine Systems an Staaten wie die Türkei oder Ägypten. Die Staaten seien in völkerrechtswidrige Kriege verwickelt, würden von Autokraten regiert werden und Menschenrechte seien dort verletzt worden, erklärt die Bank für Kirche und Caritas in einer Stellungnahme. Zusätzlich berge das Geschäft mit Fregatten oder U-Booten finanzielle Risiken: Die Übernahme von menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten in die Gesetzgebung von mehr und mehr Staaten erhöht demnach bei Unternehmensverstößen beispielsweise die Rechts- und Schadenersatzrisiken sowie mögliche Waffenexportbeschränkungen.


Der Thyssenkrupp-Konzern musste sich in den vergangenen Tagen im Vorfeld der Hauptversammlung bereits mehrere Vorwürfe anhören. So kritisierte etwa die Deka die „katastrophalen Ergebnisse“ der Stahlsparte und die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz die fehlende Transparenz im Vergütungsbericht.

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