Eigentlich sieht das Nettomittelaufkommen für deutsche Spezialfonds wieder ganz gut aus. Im Jahresendgeschäft schossen sowohl das Nettomittelaufkommen als auch besonders die reinen Mittelzuflüsse wieder in die Höhe. Also alles gut, nachdem gerade im Sommer 2024 das Nettomittelaufkommen erheblich gestottert hatte?
Clemens Schuerhoff von Kommalpha beobachtet in seiner neuen Spezialfondsmarkt-Analyse trotzdem einen Paradigmenwechsel, denn: Nachdem insbesondere Versicherungen und Altersvorsorgeeinrichtungen den deutschen Spezialfondsmarkt jahrelang vor sich her trieben, hielten sich in den vergangenen zwei Jahren beide Typen von institutionellen Investoren merklich zurück. Beispiel Altersvorsorgeeinrichtungen: Die Anzahl von Monaten mit negativem Nettomittelaufkommen in den 180 Monaten von Januar 2010 bis Dezember 2024 beträgt 23 – davon befinden sich 15 im Zeitraum seit Januar 2020.
Versicherungen und Altersvorsorgeeinrichtungen vor Zeitenwende
Ein ähnliches Bild ergibt sich auch mit Blick auf Versicherungen, bei denen sich zudem das Spezialfondsvermögen 2022 um 120,1 Milliarden Euro verringerte – trotz eines positiven Nettomittelaufkommens. „Das ist eine dramatisch hohe Summe und musste von der Branche erstmal verdaut werden, unabhängig von Bewertungsverfahren in den Bilanzen“, erklärt Schuerhoff. Der Grund für die Geldvernichtung: Die höheren Anleihendurationen schlugen bei den Versicherungen heftiger ins Kontor.
Aber: Auch das Nettoneugeschäft für deutsche Spezialfonds ist bei den Altersvorsorgeeinrichtungen und bei den Versicherungen eingebrochen. Schuerhoff sieht dafür mehrere Erklärungen. So habe etwa die Zinserhöhung die Direktanlage in Anleihen wieder attraktiver gemacht: „Das hat insgesamt dämpfende Wirkung auf das Spezialfondsgeschäft, insbesondere bei Investorengruppen, die aus regulatorischen Gründen stark im Bonds-Bereich verhaftet sind.“
Zum anderen scheine die demografische Zange bei den beiden betrachteten verbindlichkeitsorientierten Investorengruppen bereits zaghaft zu greifen. Schuerhoff bilanziert: „Wir hatten prognostiziert, dass dies erst ab 2030 passieren wird, aber die Relation Beitragszahler zu Leistungsempfängern verschlechtert sich bereits gegenwärtig, was die Bilanzen der Akteure unter Druck setzt.“ Weil zudem die Zinswende massig Geld vernichtet habe – zumindest bilanziell – würden die Mittel in der Kasse fehlen. Für Alternative Investments weichen institutionelle Investoren außerdem zunehmend auf Fondsdomizile wie Luxemburg aus.
Für Schuerhoff ein klares Zeichen, dass sich etwas fundamental ändere: „Mit Blick in die Zukunft prognostizieren wir, dass das Nettoneugeschäft von Altersvorsorgeeinrichtungen und Versicherungen nie wieder die Höhen erreichen wird wie in den 2010er-Jahren“. Auf der anderen Seite dürfte sich die Schwächephase der vergangenen zwei Jahre auch nicht in dem Maße fortsetzen wie zuletzt.
Markt stottert wie seit 2009 nicht mehr
Denn auch losgelöst von den Versicherungen und Altersvorsorgeeinrichtungen waren die Jahre 2023 und 2024 am deutschen Spezialfondsmarkt einschneidend: Das Nettomittelaufkommen la 2024 bei 41,8 Milliarden Euro und damit rund 3,3 Milliarden Euro höher als noch ein Jahr zuvor. So niedrig war das Nettomittelaufkommen aber zuletzt im Jahr 2009. Die 32,8 Milliarden Euro fußten damals auf den Tumulten der Finanzkrise.
Neues Kapital investierten institutionelle Anleger zuletzt insbesondere in gemischte Wertpapierfonds, laut Schuerhoff getrieben vom starken Master-KVG-Geschäft. Ferner waren auch Rentenfonds gefragt. Die Zinswende dürfte daran nicht ganz unschuldig sein.