Institutionelle Anleger im Niedrigzinsumfeld „Ich schließe eine Existenzgefährdung nicht aus“

Seite 2 / 3



Welche Konsequenzen müssen institutionelle Investoren nun ziehen?


Schellenberg: Investoren sind gezwungen, ihre Portfolioallokation deutlich breiter zu diversifizieren und sich stärker als bisher auch mit „alternativen“ Investments zu beschäftigen. Das kann zum Beispiel Infrastruktur sein, oder Private Debt. Hier sehen wir, auch bedingt durch eine geänderte Regulierung im Bankbereich, einen langfristigen Transformationsprozess: Geschäftsbereiche wie Finanzierungen und Kredit verlagern sich teilweise aus dem traditionellen Bankbereich auf die Investorenseite.

Anbieter – in dem Fall Banken – sind also von den Regulierungen selbst auch betroffen?

Schellenberg: Richtig und diese Tatsache macht es ja für Investoren so interessant. Vereinfacht gesagt, sind viele Engagements im Bereich Finanzierung für Banken wegen der verschärften Regulierungen durch Basel II weniger attraktiv. Sie benötigen eine teilweise deutlich höhere Risikovorsorge. Für Versicherer können solche oft langfristigen Engagements dagegen im Rahmen der Regulierung durchaus interessant sein.

Ganz generell geben doch die entsprechenden gesetzlichen Regelungen – VAG-Anlageverordnung und Solvency II – einen Rahmen vor. Einen Rahmen, in dem Kapitalanlageentscheidungen getroffen werden können. Während die Ausgestaltung der Anlageverordnung einen sehr expliziten Katalog an Anlageinstrumenten vorgibt, wird in der Regel von Solvency II auf Basis von finanzmathematischen Modellen mit Hilfe von Kennziffern auf die allgemeine Risikotragfähigkeit und die damit notwendige Eigenkapitalausstattung des einzelnen Unternehmens abgestellt, ohne spezielle Anlagegrenzen für einzelne Asset-Klassen zu formulieren oder diese auszuschließen.

Über die Eigenkapitalausstattung und den Zwang zur Optimierung entfaltet Solvency II entlang der Vorschriften die Notwendigkeit für Investoren, Investitionsentscheidungen auch besonders unter Berücksichtigung der Vorschriften und der damit verbundenen Eigenmittelausstattung zu optimieren.

Bert Flossbach hat deutsche Pensionskassen stark kritisiert und wirft Ihnen eine mangelnde Affinität gegenüber Aktien vor. Zudem seien die Entscheider recht behäbig. Teilen Sie diese Einschätzung?

Schellenberg: Ich kommentiere grundsätzlich keine Äußerungen von Mitbewerbern, die nicht unmittelbar an mich gerichtet sind. Generell gilt, dass institutionelle Investoren im regulierten Umfeld ihre Investitionsentscheidungen nur in einem vorgegebenen rechtlichen und regulatorischen Rahmen treffen können. So wie ich es beschrieben habe. Dadurch sind viele Allokationsentscheidungen in der Praxis stark determiniert.

Erkennen Sie ein zunehmendes Interesse institutioneller Investoren an alternativen Asset-Klassen?

Schellenberg: Ja, das Interesse ist in den vergangenen zehn Jahren stark gestiegen. Aber Sie dürfen auch nicht vergessen, dass Private Equity, Beteiligungen und natürlich auch Immobilien schon lange eine ganz selbstverständliche Rolle bei Versicherungen und Vorsorgeeinrichtungen spielen. Auch politische Entscheidungen, Stichwort „Energiewende“ und Diskussionen über Investitionsbedarf im Bereich Infrastruktur, haben diese Themen in den vergangenen Jahren stärker in den Vordergrund gerückt. Das aktuelle Finanzmarktumfeld – das Niedrigzinsumfeld – zwingt hier auch die Anleger, nach anderen möglichst stabilen Ertragsquellen zu suchen.

Haben vergleichsweise kleine Häuser in diesem Segment einen Nachteil gegenüber den großen Pensionskassen und Versicherungen?

Schellenberg: Nachteile können sich aus den kleineren Investitionsbeträgen ergeben, die für die einzelnen Anlageklassen zur Verfügung stehen. Auch ist der Zugang zu Projekten und Managern durch entsprechend niedrige Losgrößen limitiert und häufig gar nicht erst gegeben. Bei Direktinvestments stellt sich zudem die Frage der eigenen Ressourcen.

Ein Auswahlverfahren für alternative Investments ist zeitlich sehr aufwendig und auch fachlich eine anspruchsvolle Aufgabe. Da reden wir noch nicht mal über den Aufwand, die getätigte Investition zu überwachen. Je nach Investitionssumme und Anteil am Gesamtportfolio stehen hier Aufwand und Ertrag in keiner vernünftigen Relation.