Teil 1 Infrastruktur in Deutschland: Status quo und Ausblick – Regulatorik im Fokus

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Versicherungsunternehmen die unter Solvency II reguliert sind, sind wie auch andere Investoren, zunehmenden Belastungen bei der Erreichung von Renditezielen aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase ausgesetzt. Zusätzlich werden große Versicherer seit 2019 durch die Solvency II – Richtlinie der Europäischen Union reguliert und müssen ihr aufsichtsrechtlich vorzuhaltendes Solvenzkapital (Solvency Capital Requirement; kurz SCR) anhand einer EU-einheitlich vorgegebenen Standardformel berechnen, was eine weitere Belastung darstellen kann.

Die Richtlinie soll Versicherer vor Insolvenz schützen und dabei wesentliche Risiken der Geschäftstätigkeit berücksichtigen. Die Höhe des Eigenkapitalbedarfs richtet sich nach der Art der Vermögenswerte, in die der Versicherer investiert ist. Neben der Regulierung des Eigenkapitals, werden das Durchschauprinzip zur Ermittlung des Marktrisikokapitals sowie ein quantitatives Meldewesen an die Aufsicht vorgeschrieben. Der Gesetzgeber hatte hier jedoch bereits erkannt, dass Infrastrukturinvestitionen einen Mehrwert generieren, weshalb für unter Solvency II regulierte Versicherer seit 2016 Erleichterungen bei der Investition in Infrastruktur Equity und Infrastruktur Debt existieren.

So besteht die Möglichkeit der Bewertung von Assets als „qualifizierte Infrastrukturinvestitionen“, was reduzierte Solvenzkapitalanforderungen (SCR – Solvency Capital Requirement) nach sich zieht. Insbesondere bei Versicherern mit niedriger Eigenkapitalquote stellt das SCR ein wichtiges Anlagekriterium dar. Um als qualifizierte Infrastruktur zu gelten, müssen eine Pre-Investmentbewertung sowie eine unabhängige Validierung dieser Bewertung – frei von Interessenskonflikten – vorgenommen werden.


Hierzu sind umfangreiche Analysen bezüglich Asset-spezifischer Anforderungen vonnöten, die sich sowohl auf Formalia, als auch auf Faktoren wie Finanzmodell-Prüfung und Investment-Stresstest beziehen. Investorenseitig ist zu prüfen, ob ausreichende Eignung für die Investition besteht, beispielsweise bezüglich Asset-Liability-Management. Berechnungen zeigten, dass Versicherer ihr SCR bei der Nutzung von „qualifizierter Infrastruktur“ um bis zu 18 Prozentpunkte bei Infrastructure Equity und um bis zu 16 Prozentpunkte bei Infrastructure Debt, reduzieren können, was den Spielraum für diese Investments erhöht. Die Regulatorik erfüllt somit ihren Zweck für Versicherer, die Investition in Infrastruktur zu erleichtern.

Infrastrukturquote für Versorgungswerke

Auch bei Versorgungswerken rücken Alternative Investments, insbesondere Infrastrukturinvestments, seit einigen Jahren ins Blickfeld. Der Grund: Sie generieren einen gleichbleibenden Cash-Flow, weisen jedoch weniger Volatilität auf als traditionelle Assets. Versorgungswerke sind, so Daten des BAI, mit 20 Prozent die zweitgrößte Gruppe der Investoren in Infrastruktur.