Herr Hurst, worauf liegt der Schwerpunkt der globalen Infrastrukturstrategie von ClearBridge Investments?
Shane Hurst: Der Schwerpunkt unserer globalen Infrastrukturstrategie liegt auf sehr stabilen Anlagen, die für die Erbringung wesentlicher Dienstleistungen erforderlich sind. Das sind Vermögenswerte, die über den gesamten Zyklus hinweg stabile Cashflows, stabile Dividenden und stabile Renditen bei geringem Risiko liefern können. Der Schwerpunkt liegt auf regulierten Wasser-, Gas- und Stromversorgungsunternehmen. Hinzu kommen Unternehmen im Bereich der Verkehrsinfrastruktur, also Mautstraßen, Schienennetze und Flughafenanlagen. Wir konzentrieren uns darauf, volatile Cashflow-Vermögenswerte auszuschließen und uns auf Assets zu konzentrieren, die sehr stabile, risikobereinigte Eigenkapitalrenditen liefern.
Die Notenbanken versuchen, die Konjunktur abzukühlen. Wie könnte sich eine weltweite Rezession auf den Infrastruktursektor auswirken?
Hurst: Eine etwaige weltweite Rezession würde sich vorrangig auf die Verkehrsinfrastrukturwerte auswirken: Flughäfen, Straßen, Schienen und Häfen werden bei einer Rezession weniger stark frequentiert – was zu einer unterdurchschnittlichen Performance der entsprechenden Assets führt. Wir bevorzugen daher regulierte Versorgungsunternehmen, bei denen es sich unabhängig von der Konjunkturentwicklung um essentiell wichtige Dienstleister mit regulierten Vermögenswerten und regulierten Erträgen handelt. Ganz wichtig ist auch, dass unsere Assets von sehr starken Themen wie der Dekarbonisierung untermauert werden.
Welche Chancen bieten sich bei den erneuerbaren Energien?
Hurst: Die Chancen sind immens. Wir sprechen hier von 100 Billionen US-Dollar (Quelle: Clearbridge, Stand: 31.10.22), die in den nächsten 30 Jahren aufgewendet werden müssen, um die Welt in dieser Zeitspanne auf das Ziel von Netto-Null-Emissionen zu bringen. Den Zugang zu den Erneuerbaren erschließen wir durch unsere Strategie: Erstens durch regulierte Versorgungsunternehmen, die Kapital investieren, um die erneuerbaren Energiequellen und die Stromnetze auszubauen. Gleichzeitig fördern die Versorger, die für uns in Betracht kommen, auch die Energiegewinnung aus Wasserstoff und die Kohlenstoffabscheidung.
Entscheidend für den Ausbau der erneuerbaren Energien ist die Politik: Sei es „Fit for 55“ oder „Repower EU“ in Europa – es gibt eine Reihe von verschiedenen Initiativen auf globaler und regionaler Ebene, die das Wachstum der erneuerbaren Energien erheblich beschleunigen werden. Zuletzt war der „US Inflation Reduction Act“ ein Wendepunkt für die USA: Er setzt nicht nur Anreize für Wind- und Solarenergie, sondern fördert auch die Wasserstoffproduktion und trägt dazu bei, die Herstellung eines Großteils der Ausrüstung für erneuerbare Energien in den USA zu festigen sowie den Bezug aus Regionen wie China und anderen asiatischen Ländern einzuschränken. Für die USA nimmt der Export von Flüssigerdgas (LNG) entscheidend an Bedeutung zu und wird von den weltweiten Ambitionen hin zu einer Energieversorgung mit Netto-Null-Emissionen und Gas als Übergangsbrennstoff profitieren.
Inwieweit schützen Infrastrukturwerte im Portfolio gegen hohe Inflationsraten?
Hurst: Unser Portfolio und unsere Strategien geben die Inflation zu mehr als 90 Prozent weiter. Der Hintergrund: Verkehrsinfrastrukturanlagen passen ihre Mautgebühren, ihre Tarife und ihre Preise an die Inflation an. Die Leistung eines Portfolios wird folglich durch Infrastruktur und Versorgungsunternehmen gefestigt.
Und womit ist in einer Phase des wirtschaftlichen Abschwungs zu rechnen?
Hurst: Infrastruktur- und Versorgungsunternehmen sind in der Lage, sich sowohl an steigende als auch fallende BIP-Niveaus anzupassen und Veränderungen bei den Anleiherenditen weiterzugeben. Auch Dividenden bleiben über den gesamten Konjunkturzyklus hinweg sehr stabil. So hat es in den vergangenen drei Jahren der Pandemie nur eine sehr geringe Beeinträchtigung unserer Dividendenrendite gegeben. Hier zahlt sich unsere sorgfältige Herangehensweise aus: Wir investieren nur in Vermögenswerte, die tatsächlich einen sehr stabilen Cashflow, stabile Erträge und vor allem stabile und wachsende Dividenden für die Zukunft liefern.
Wie wirkt sich das Umfeld steigender Zinsen auf die Attraktivität der Anlageklasse Infrastruktur aus?
Hurst: Steigende Zinsen können verschiedene Ursachen haben. Werden sie durch die Inflation hervorgerufen, kommen die Vermögenswerte damit gut zurecht. Werden steigende Zinsen durch ein zu starkes Wachstum erforderlich, so wie Anfang 2021, werden sie gleichfalls über die Vermögenswerte weitergegeben. Steigende Zinssätze an sich haben also keine Auswirkungen auf die Infrastrukturunternehmen.
Wie fällt Ihr Fazit aus? Bleiben Infrastrukturanlagen weiterhin attraktiv?
Hurst: Auf jeden Fall. Infrastruktur ist aus drei Gründen nach wie vor ein sehr dankbares Thema. Erstens wird die Inflation sehr stabil überbrückt; die zumeist börsennotierten Dienstleistungswerte in unserem Portfolio sind in der Regel nicht mit anderen Vermögenswerten auf dem Markt korreliert. Zweitens gibt es sehr starke Themen, die diese Vermögenswerte untermauern. Ob es sich nun um die Entwicklung hin zu Netto-Null-Emissionen handelt, um den demografischen Wandel oder um das Wachstum der Kommunikationsinfrastruktur mit den dafür erforderlichen IT-Dienstleistungen – es gibt sehr starke Themen, die das Wachstum der globalen Infrastruktur unterstützen.
Ein drittes wesentliches Argument ist die Bewertung. Sicherlich werden Infrastrukturunternehmen zu ähnlichen Multiplikatoren gehandelt wie in den vergangenen zehn Jahren. Aber die Aussichten für diese Unternehmen haben sich deutlich verbessert. Aus Bewertungssicht sind sie also ebenfalls äußerst chancenreich.
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