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Inflation Anleiheinvestoren müssen sich neu positionieren

Jonathan Baltora, Inflationsexperte bei AXA Investment Managers

Die Inflation kehrt zurück. Mehrere Jahre lang mussten sich die Investoren nicht mit dem Thema Teuerung ausein­andersetzen, doch nun hat die Deflation weltweit steigenden Inflationsrisiken Platz gemacht. In Deutsch­land etwa nähert sich die Teuerung der 2-Prozent-Marke an. In den USA liegt sie bereits dar­über.

Was ist passiert? Anfang 2016 herrsch­ten noch Rezessionsängste, die chinesi­sche Wirtschaft schwächte sich ab, die Inflationserwartungen sanken und san­ken. Mitte des Jahres schien die Weltwirtschaft jedoch ihren Boden gefunden zu haben, und ein zögerlicher Konjunkturauf­schwung setzte ein. Die Inflationserwar­tungen drehten dann definitiv ins Posi­tive, als das Ölkartell Opec die Produk­tion kürzte und Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt wurde. Im lau­fenden Jahr könnte sich der Inflations­trend – der eigentlich nur eine Normali­sierung darstellt – weiter verstärken. In den USA dürften die von Trump ge­plante expansive Fiskalpolitik und hö­here Importzölle einen Inflationsschub auslösen. Das vom Brexit geschwächte Pfund heizt die importierte Inflation in Großbritannien an, und auch in China steigen die Produzentenpreise.

Höhere Inflationserwartungen als Risiko für klassische Anleihen

Als präzises Maß für die Teuerung gilt die Kerninflation, welche die sich schnell verändernden Preise für Lebensmittel und Energie nicht berücksichtigt. Die Kerninflation war in den letzten Jahren höher als die allgemeine Inflation, die an einem breiten Warenkorb gemessen wird. Seit mehreren Monaten ist nun eine Konvergenz festzustellen, das heißt, die allgemeine Teuerung klettert in Rich­tung Kerninflation (siehe Grafik). In Europa hat sie die Kerninflation sogar bereits überstiegen. Das ist bislang in Europa vor allem auf die höheren Ölpreise zu­rückzuführen. In den USA führen aber auch steigende Löhne schon zu einem nachhaltigen Inflationsdruck.

Als Antwort auf das neue wirtschaft­liche Umfeld haben in den letzten Mo­naten in Aktienportfolios bereits große Sektor-Rotationen stattgefunden. Doch auch Anleiheinvestoren müssen sich neu positionieren. Eine steigende Infla­tion und höhere Inflationserwartungen sind ein Risiko für Anleihen, auch wenn die Zentralbanken eine weiterhin akkommodierende Politik verfolgen. Schon eine moderate Normalisie­rung der Inflation hat große Auswirkungen auf ein Fixed-Income-Portfolio. Einerseits geht eine höhere Inflation his­torisch einher mit steigenden Zinsen, andererseits verlieren Bargeld und traditionelle Anleihen an Kaufkraft, wenn das Preisniveau steigt. Vor einer solchen Entwertung schützen inflationsindexierte Anleihen, sogenannte Inflation-linked Bonds oder Linker.

Entscheidende Kennzahl: die Break-even-Inflationsrate

Bei herkömmlichen Anleihen sind Rückzahlungsbetrag und Kupon fix, aber real betrachtet verlieren sie über die Zeit durch die Inflation an Wert. Bei einer inflationsindexierten Anleihe hingegen wächst der Rückzah­lungswert mit der Teuerung. Dabei kön­nen diese Zinstitel unterschiedliche Cha­rakteristika haben, es kann zum Beispiel nur der Kupon oder auch der Nominal­wert an die Preisentwicklung gekoppelt werden. Der Renditeunterschied zwi­schen einer normalen Anleihe und einem Linker entspricht der Differenz zwischen Nominal- und Realzins – oder der vom Markt erwarteten Inflation über die ge­samte Laufzeit der Anleihe. Diese Infla­tion wird als Break-even-Inflation be­zeichnet. Sie ist die Inflation, ab der die inflationsindexierte Anleihe rentabler ist als eine Anleihe mit festem Zinssatz. Für Anleger, die erwarten, dass die effektive Inflation über der Break-even-Inflation liegen wird, sind Linker eine interessante Investitionsmöglichkeit