
Die Inflation kehrt zurück. Mehrere Jahre lang mussten sich die Investoren nicht mit dem Thema Teuerung auseinandersetzen, doch nun hat die Deflation weltweit steigenden Inflationsrisiken Platz gemacht. In Deutschland etwa nähert sich die Teuerung der 2-Prozent-Marke an. In den USA liegt sie bereits darüber.
Was ist passiert? Anfang 2016 herrschten noch Rezessionsängste, die chinesische Wirtschaft schwächte sich ab, die Inflationserwartungen sanken und sanken. Mitte des Jahres schien die Weltwirtschaft jedoch ihren Boden gefunden zu haben, und ein zögerlicher Konjunkturaufschwung setzte ein. Die Inflationserwartungen drehten dann definitiv ins Positive, als das Ölkartell Opec die Produktion kürzte und Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt wurde. Im laufenden Jahr könnte sich der Inflationstrend – der eigentlich nur eine Normalisierung darstellt – weiter verstärken. In den USA dürften die von Trump geplante expansive Fiskalpolitik und höhere Importzölle einen Inflationsschub auslösen. Das vom Brexit geschwächte Pfund heizt die importierte Inflation in Großbritannien an, und auch in China steigen die Produzentenpreise.
Höhere Inflationserwartungen als Risiko für klassische Anleihen
Als präzises Maß für die Teuerung gilt die Kerninflation, welche die sich schnell verändernden Preise für Lebensmittel und Energie nicht berücksichtigt. Die Kerninflation war in den letzten Jahren höher als die allgemeine Inflation, die an einem breiten Warenkorb gemessen wird. Seit mehreren Monaten ist nun eine Konvergenz festzustellen, das heißt, die allgemeine Teuerung klettert in Richtung Kerninflation (siehe Grafik). In Europa hat sie die Kerninflation sogar bereits überstiegen. Das ist bislang in Europa vor allem auf die höheren Ölpreise zurückzuführen. In den USA führen aber auch steigende Löhne schon zu einem nachhaltigen Inflationsdruck.

Als Antwort auf das neue wirtschaftliche Umfeld haben in den letzten Monaten in Aktienportfolios bereits große Sektor-Rotationen stattgefunden. Doch auch Anleiheinvestoren müssen sich neu positionieren. Eine steigende Inflation und höhere Inflationserwartungen sind ein Risiko für Anleihen, auch wenn die Zentralbanken eine weiterhin akkommodierende Politik verfolgen. Schon eine moderate Normalisierung der Inflation hat große Auswirkungen auf ein Fixed-Income-Portfolio. Einerseits geht eine höhere Inflation historisch einher mit steigenden Zinsen, andererseits verlieren Bargeld und traditionelle Anleihen an Kaufkraft, wenn das Preisniveau steigt. Vor einer solchen Entwertung schützen inflationsindexierte Anleihen, sogenannte Inflation-linked Bonds oder Linker.
Entscheidende Kennzahl: die Break-even-Inflationsrate
Bei herkömmlichen Anleihen sind Rückzahlungsbetrag und Kupon fix, aber real betrachtet verlieren sie über die Zeit durch die Inflation an Wert. Bei einer inflationsindexierten Anleihe hingegen wächst der Rückzahlungswert mit der Teuerung. Dabei können diese Zinstitel unterschiedliche Charakteristika haben, es kann zum Beispiel nur der Kupon oder auch der Nominalwert an die Preisentwicklung gekoppelt werden. Der Renditeunterschied zwischen einer normalen Anleihe und einem Linker entspricht der Differenz zwischen Nominal- und Realzins – oder der vom Markt erwarteten Inflation über die gesamte Laufzeit der Anleihe. Diese Inflation wird als Break-even-Inflation bezeichnet. Sie ist die Inflation, ab der die inflationsindexierte Anleihe rentabler ist als eine Anleihe mit festem Zinssatz. Für Anleger, die erwarten, dass die effektive Inflation über der Break-even-Inflation liegen wird, sind Linker eine interessante Investitionsmöglichkeit