Indizes im Mixer Faktor-ETFs stellen klassische Marktbarometer in Frage

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Gelehrte uneins über Renditequellen

Nun streiten sich die Gelehrten, woher diese beeindruckenden Überrenditen kommen. Die einen glauben daran, dass „Märkte effizient sind“, Eugene Fama selbst übrigens auch. Nach dieser These sind immer alle verfügbaren Informationen in Aktienkursen eingepreist, und kein Anleger kann durch technische und fundamentale Analyse dauerhaft den Markt schlagen. Dann müsste es aber einen anderen Grund geben, warum Faktorindizes den sogenannten Markt auch über längere Zeiträume schlagen können, Ineffizienz kann es ja nicht sein.

Entweder ist der Markt gar nicht der echte Markt – das kann stimmen, es fehlt aber die Alternative. Oder die Faktorindizes nutzen keine Fehlbewertungen, sondern zusätzliche  Risiken, die mit höherem Gewinn belohnt werden. Das mag bei kleinen Unternehmen und Momentum-Investments – deren Kurse ja meist schon gut gelaufen sind – vielleicht noch plausibel erscheinen. Bei Value und Low Volatility ist jedoch beim besten Willen kein zusätzliches Risiko zu erkennen. Übrigens liefen beide Indizes in der Powershares-Studie sogar etwas ruhiger als der Markt.

Ein Erklärungsversuch wäre dieser: „Value-Aktien sind fundamental betrachtet riskanter als andere Aktien, da die Unternehmen typischerweise höher verschuldet, weniger profitabel und stärker vom Konjunkturzyklus abhängig sind.“ So heißt es in einem Papier der Anlagestrategen Benedikt Henne und Klaus Telöken von Allianz Global Investors (AGI). Sicherlich sind in einem pauschal zusammengestellten Value-Index auch Werte dabei, deren Kurs nicht ohne Grund so niedrig liegt. Aber es gibt eben auch Value-Investoren, die nur kerngesunde Firmen kaufen und trotzdem sehr erfolgreich damit sind. Das lässt sich mit Zusatzrisiko nicht erklären.

Hinzu kommt: Wer einmal erlebt hat, wie eine Anlegerschar gierig und leichtsinnig geworden ist, zum Beispiel im Jahr 2000, oder komplett verschreckt, also drei Jahre später, der wirft die Effizienztheorie in ihrer reinen Form ganz schnell dahin, wo sie hingehört: in den Papierkorb. Sicherlich sind auch in solchen Zeiten alle verfügbaren Informationen in den Kursen enthalten, aber eben völlig schief, fehlinterpretiert und verzerrt. Die Kurse sind dann von ihrem rein logischen Wert meilenweit entfernt.

Durststrecken nicht ausgeschlossen

Plausibler klingt die alternative These, dass Faktor-Investments systematisch Fehlbewertungen ausnutzen. Dazu passt es, dass sie auch über lange Zeit schlechter laufen können als der Markt. So geschehen, als Ende der 90er Jahre alle Welt nur stark wachsende Hightech-Unternehmen kaufen wollte. Deren Kurse schossen in den Himmel, Value-Werte blieben hingegen am Boden und liefen deutlich schlechter. Anschließend entwickelten sich Value-Aktien fast acht Jahre lang besser.

Solche Favoritenwechsel  führen regelmäßig zu der Kritik, dass Faktor-Aktien in guten Zeiten zu teuer werden, dann wieder korrigieren und deshalb langfristig nicht besser laufen können als der Markt. Dieser Effekt ist auch als „Mean Reversion“ („Rückkehr zum Mittel“) bekannt. Er ist ein Hauptargument dreier Wissenschaftler von Research Affiliates. Rob Arnott, Noah Beck und Vitali Kalesnik führen die Faktor-Erfolge der vergangenen 50 Jahre zum großen Teil darauf zurück, dass die Aktien überdurchschnittlich teuer geworden sind.

In diesem Umstand, gepaart mit der aktuell wachsenden Popularität unter Anlegern, sehen die Autoren gute Gründe, dass es demnächst zu einem Smart-Beta-Crash kommen könnte.