In Zeiten der Corona-Krise Resilienz des Stiftungsvermögens

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Resilienz ist erlernbar

Doch eine gute Nachricht gibt es in diesem Zusammenhang: die Fähigkeit, Problemen auf Augenhöhe zu begegnen, also die Resilienz selbst, ist erlernbar! Angewendet auf die Finanzwelt kann man sich mit drei der sieben Säulen der Resilienz befassen: Analysestärke, Realismus und Handlungskontrolle. Man könnte auch sagen: Situation akzeptieren, Opferrolle verlassen, Verantwortung ergreifen, zu Lösungen kommen und die Zukunft planen.

Das hört sich, wie vieles in der Theorie, gut und logisch an. Doch eine Umsetzung kann schon am ersten Punkt der „Analysestärke“ scheitern. Wie also werde ich analysestark? Wer befähigt mich dazu? Wie lange dauert das? Der Kernbegriff hier ist die Befähigung, denn nur wer Kenntnisse und Fähigkeiten gebündelt einsetzen kann, ist in der Lage die Handlungskontrolle zu übernehmen und realistische Annahmen über die gegenwärtige Gemengelage und die Auswirkungen auf die Vermögenswerte in der Zukunft in Angriff zu nehmen. Vor allem sollten Sie stets die Frage beantworten können, ob Sie bei der Struktur Ihres Depots eine Strategie hatten – und wenn ja: welche?

Sich selbst oder gar neue, jüngere, ältere Teammitglieder zu befähigen, ist im Grunde mit dem Schlüssel für so viele Lebensbereiche verknüpft: Bildung! Dabei kann das gesamte Spektrum von der Teilnahme an sogenannten „CitizenLabs“ über Zertifikatskurse bis hin zum Studium gespielt werden. Fangen Sie einfach an! Welches Level Sie erreichen ist dabei Nebensache. Akzeptieren Sie die Situation, dass eine fundierte Wissensbasis Sie aus der Opferrolle befreit, denn dafür haben Sie und Ihre gemeinnützige Organisation keine Zeit. Werden Sie vom gefühlt Getriebenen zum wirkungsorientierten Macher.

Vom Realismus zur Lösung

Eines gleich vorweg: die drei Geheimnisse einer stabilen, resilienten Vermögensanlage im Rahmen einer gemeinnützigen Organisation oder Stiftung – also mit Vermögen, das Ihnen als Veranlagungsverantwortlichem nicht selbst gehört – sind: dokumentieren, dokumentieren, dokumentieren.

Das Leben kann so „einfach“ sein, wenn Sie fähig sind a) eine fundierte realistische Lagebeurteilung formulieren zu können, b) Einflüsse auf die Vermögenswerte zu beurteilen in der Lage sind und c) aus diesen Erkenntnissen einen Handlungshorizont formulieren und begründen können, um dann den Kraftschluss herzustellen und daraus geeignete Maßnahmen abzuleiten. Das kann auch eine sogenannte ruhige Hand sein, denn: nichts zu unternehmen ist auch eine Entscheidung und eine Tat, und nicht etwa das Eliminieren oder Vermeiden einer solchen – alles wirkt.

Zukunft planen

Haben Sie den Regelkreis einmal angestoßen, verpflichtet dieser Sie natürlich dazu, das Rad auch am Laufen zu halten. Was Sie aber damit erreichen, ist enorm. Sie können zu jeder Zeit und in geeigneter Form jedem Stakeholder fundiert Auskunft geben, warum Sie dieses gemacht oder jenes gelassen haben. Dabei ist es ganz unerheblich, in welcher Tiefe und Breite die Auskunft ausfallen soll, und an wen Sie diese richten – sei es die Stiftungsaufsicht, Dauerspender, Erblasser oder Projektpartner und Presse.

Vielleicht haben Sie auch schon gemerkt, dass, wenn Sie diesen Regelkreis für sich adaptieren, Sie daraus auch hervorragend Ihre eigene Anlagerichtlinie formulieren könnten. Genau, denn bei einer Anlagerichtlinie kommt es viel weniger darauf an, ob Sie nun zum Beispiel 10 oder 8,5 Prozent ungesichertes Währungs-Exposure für sich festlegen oder Brasilien auf Ihrer Negativliste steht. Sind Sie in der Lage, Ihre Entscheidungen fundiert zu begründen, Handlungsalternativen daraus abzuleiten und diese umzusetzen, ist vieles möglich. Die Anlagerichtlinie bekommen Sie sozusagen als Bonbon noch oben drauf.

Dass zu alledem auch ein Aufwand an systematischer Materialsammlung hinzukommt (Artikel, Berichte von Fonds, Zeitungsartikel, natürlich auch dieser Artikel, Basispublikationen und Unterrichtsmaterial et cetera), macht es nicht weniger aufwändig. Sehen Sie es als Selbstschutz, und es gibt Ihnen die Sicherheit Ihre Entscheidungen zu untermauern und hilft bei der Lösung des Paradoxons das „Voraussagen insbesondere dann schwierig sind, wenn Sie die Zukunft betreffen“.

Regelkreis der Vermögensanlage

Der Ausgangspunkt dabei ist, frei nach dem ersten Watzlawick'schen Axiom, dass man am Wirtschaftsgeschehen nicht nicht-teilnehmen kann. Dazu ein Beispiel: