In guten wie in schlechten Zeiten Warum Eheverträge für Unternehmer Pflicht sind

Jörg Plesse ist Unternehmerberater und Estate Planner mit mehr als 20 Jahren Berufspraxis.

Jörg Plesse ist Unternehmerberater und Estate Planner mit mehr als 20 Jahren Berufspraxis.

Vor der eigenen Heirat denkt niemand gern an eine mögliche Scheidung. Unternehmer können sich diesen Luxus nicht leisten. Eine Scheidung kann ein Unternehmen ruinieren. Ein besonders hohes Risiko resultiert aus dem Zugewinnausgleichsanspruch.

Ein vereinfachtes Beispiel: Steigt während der Ehe der Wert des Unternehmens von einer auf 11 Millionen Euro, so muss der Unternehmer im Scheidungsfall einen Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 5 Millionen Euro bedienen, sofern bei beiden keine weiteren Vermögenszuwächse während der Ehe entstanden sind.Der Zugewinnausgleichsanspruch ist grundsätzlich sofort, in voller Höhe und bar zu zahlen. Das führt zu Mittelabflüssen aus dem Unternehmen bis hin zum Verkauf. Das sollte ehevertraglich verhindert werden.

Eheverträge sind nicht nur ein rationales, sondern auch höchst emotionales Thema. Aufseiten des weniger Vermögenden ist die Meinung weit verbreitet, dass Eheverträge grundsätzlich dazu dienen sollen, ihn zu übervorteilen. Ältere Eheverträge waren und sind häufig von diesem Leitmotiv geprägt. Ein Großteil solcher Verträge dürfte im Scheidungsfall einer richterlichen Kontrolle nicht standhalten, im schlimmsten Fall für sittenwidrig und damit von Anfang an für nichtig erklärt werden. Das gilt auch für viele bestehende Unternehmereheverträge.

                                                           Illustration: VECTEEZY.COM      Quelle: Statistisches Bundesamt

Inhaltskontrolle in zwei Stufen

Daher reicht es nicht, mit seinem zukünftigen Partner auf dem Weg zum Standesamt noch schnell beim Notar vorbeizufahren und einen Ehevertrag zu beurkunden. Er muss so gestaltet werden, dass er im Streit- und Scheidungsfall auch vor Gericht besteht. Denn Eheverträge unterliegen einer gerichtlichen Inhaltskontrolle.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) werden Eheverträge im Fall einer Scheidung auf ihre Wirksamkeit und Angemessenheit überprüft. Fällt die Prüfung negativ aus, gilt im schlimmsten Fall der gesamte Ehevertrag nicht. Dabei wird die Gesamtsituation gewürdigt, sodass auch ein Ehevertrag in seiner Gesamtheit für sittenwidrig erklärt werden kann, obwohl die enthaltenen Regelungen für sich genommen nicht grundsätzlich unwirksam wären.

Die Inhaltskontrolle von Eheverträgen erfolgt dabei zweistufig. Die erste Stufe umfasst die Wirksamkeitskontrolle. Die Richter prüfen, ob die Vereinbarung offenkundig eine derart einseitige Lastenverteilung zur Folge hat, dass sie gegen die guten Sitten verstößt. Dabei sind die individuellen Verhältnisse der Ehegatten insgesamt zu würdigen. Maßgeblich sind die Umstände zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Nichtigkeit eines Ehevertrags ist gegeben, wenn

  • durch den Ehevertrag Regelungen aus dem „Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts“ ganz oder zu wesentlichen Teilen ausgeschlossen werden,
  • diese Nachteile nicht durch anderweitige Vorteile abgemildert werden und
  • die Vereinbarung nicht aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt ist.