Die Immobilienmärkte weltweit haben 2023 einen Rückgang des Transaktionsvolumens hinnehmen müssen. Nach den ersten drei Quartalen lag das Gesamttransaktionsvolumen laut Jones Lang Lasalle (JLL) bei 423 Milliarden US-Dollar – 2022 verbuchte der Markt zu diesem Zeitpunkt 851 Milliarden Dollar. Das entspricht einem Rückgang von rund 50 Prozent. Es ist der niedrigste Wert seit mehr als einem Jahrzehnt. Das dritte Quartal 2023 konnte nur noch 131 Milliarden Dollar beisteuern und lag damit 46 Prozent unter dem Vorjahreswert.
Den stärksten Rückgang des Transaktionsvolumens verbuchte die Region Amerika mit einem Minus von 55 Prozent. Dennoch ist dieser Markt mit 237 Milliarden Dollar, nach 526 Milliarden Dollar im Vorjahr, weiterhin die dominante Weltregion. Gründe für den Einbruch: Nach wie vor brauchen Transaktionsprozesse länger als in den vergangenen Jahren, was auf das volatile Finanzierungumfeld zurückzuführen ist. Höhere Zinsen für Staatsanleihen und weiter gestiegene Spitzenrenditen wirken sich ebenso negativ auf die Anlegerstimmung aus.
Ebenfalls gut die Hälfte des Vorjahresvolumens verlor die Region Emea. Nach drei Quartalen beläuft sich das Transaktionsvolumen auf 111 Milliarden Dollar nach 226 Milliarden Dollar im Vorjahr. In der Apac-Region ging das Transaktionvolumen um 24 Prozent von 98 Milliarden auf 75 Milliarden Dollar in den ersten neun Monaten zurück.
Die größte Gefahr für das kurzfristige gesamtwirtschaftliche Umfeld stellt laut Savills (IM) vor allem eine zu zögerliche Haltung der Zentralbanken in Bezug auf die Eindämmung der Inflation dar. Auch wenn die Zinssätze ihren Höhenpunkt erreicht haben dürften, werden sie wahrscheinlich noch länger bis weit in das Jahr 2024 auf diesem Niveau verharren. Darum sollte laut der Verantwortlichen bei Savills IM bei der Suche nach geeigneten Opportunitäten der Schwerpunkt auf den Fundamentaldaten liegen.
Zudem sind Klimaneutralität sowie Nachhaltigkeitsbestrebungen für Investoren extrem wichtig. Maßnahmen zur Senkung der objektspezifischen Betriebskosten und zum Schutz vor veralteten Objekten, die den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht werden, bleiben unerlässlich.
Stimmung in Deutschland
Hierzulande hat sich der Pessimismus unter den Immobilienfinanzierern ein wenig gelegt. Das zumindest besagt das aktuelle BF.Quartalsbarometer. Dessen Zählerstand ist von minus 20,22, seinem bisherigen Tiefstwert, auf minus 17,98 gestiegen. Ein Grund ist, dass aus Sicht der 110 befragten Experten, die bei Banken und anderen Finanzierern mit der Vergabe von Krediten an Immobilienunternehmen betraut sind, die Liquiditätskosten nicht mehr oder langsamer steigen.
Für Zuversicht sorgt demnach auch der Rückgang der Inflationsrate auf 3,2 Prozent. Außerdem ist der Zehn-Jahres-Zinsswap zuletzt auf unter 3 Prozent gefallen. Die durchschnittliche Marge für Bestandsfinanzierungen ist gegenüber dem Vorquartal von 220,5 auf 262,3 Basispunkte gestiegen, die für Projektfinanzierungen von 306,6 auf 359,8 Basispunkte.
Die Loan-to-Costs der Entwicklungsfinanzierungen sind leicht um 1,2 Prozentpunkte auf 69,8 Prozent gestiegen, während die Loan-to-Values der Bestandsfinanzierungen um 1,6 Prozentpunkte auf 62,6 Prozent gefallen sind. Die langjährige Entwicklung beider Werte weist allerdings nach unten.
„Die Mehrheit der Marktteilnehmer erwartet sinkende Zinsen. Absehbar ist auch, dass die Zinsen für variable Finanzierungen wieder günstiger werden als langfristige Zinsfestschreibungen. Das wird für eine gewisse Normalisierung sorgen, auch wenn das Marktumfeld schwierig bleibt“, so Steffen Sebastian, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung an der Irebs Immobilienakademie und wissenschaftlicher Berater des BF Quartalsbarometers.
88,6 Prozent sehen sehen allerdings auch restriktivere Bedingungen am Finanzierungsmarkt, das sind 8,2 Prozentpunkte mehr als im Vorquartal. Als Gründe werden die gestiegenen Zinsen, das erhöhte Risikoniveau, das geringe Transaktionsvolumen und die allgemeine Marktlage genannt.
Über die Hälfte gab an, dass ihr Neugeschäft stagniert. Auf die Frage, welchen Schwerpunkt die Umfrageteilnehmer derzeit beim Neugeschäft setzen, dominieren mit 30,3 Prozent weiterhin Risikominimierung, Pflege der bestehenden Kundenbeziehungen mit 23,6 Prozent und Renditemaximierung mit 19,1 Prozent. Überwiegend werden Kreditentscheidungen von der Risikoabteilung beeinflusst. Nur ein kleiner Anteil gibt an, dass der Neugeschäftsbereich bei der Kreditvergabe bestimmend sei.
Wolkig bis heiter: Aussichten für den Büromarkt
Laut der Consensus-Umfrage von Gif und Cres haben sich die Aussichten für die Büro-Immobilienmärkte weiter verschlechtert. Vor allem der Leerstand soll demanch weiter zunehmen. In Berlin beispielsweise, steigt die Leerstandsquote in 1-Prozent-Schritten an: 2022 bei 4 Prozent, soll sie Ende des kommenden Jahres bei 6 Prozent liegen. Keine Überraschung vor dem Hintergrund, dass rund 84 Prozent der deutschen Unternehmen ihre gegenwärtigen Homeoffice-Regelungen beibehalten wollen – so das Ergebnis einer Umfrage des ifo Instituts.
Die Spitzenrenditen in den Top-5-Märkten sollen laut Consensus-Umfrage zum Jahresende 2023 mit Werten zwischen 70 und 90 Basispunkten ansteigen. Für 2024 werden Anstiege zwischen 5 und 15 Basispunkten erwartet. Die Prognosen für die Spitzenmieten sind uneinheitlich: Während Düsseldorf nach dem starken Anstieg der vergangenen Monate nun die Höchstwerte erreicht haben dürfte, ist in Frankfurt trotz hohem Leerstand offenbar noch etwas Luft nach oben.

Global gesehen liegt der Markt für Büroimmobilien laut JLL mit 88 Milliarden Dollar und einem Marktanteil von 21 Prozent hinter Wohn-und Logistikimmobilien. Nach 202 Milliarden Dollar im Vorjahr, liegt der Rückgang bei 56 Prozent. „Während die Bürobelegung in Asien nach der Pandemie wieder sehr hoch war, beobachten wir, dass große US-Firmen ihre Mitarbeiter aktiv ins Büro zurückholen und die Frage nach der Zukunft des Büros so eindeutig beantworten. In Europa ist zugleich der Trend zu hochqualitativen Flächen in zentralen Lagen nicht zu übersehen“, so Hela Hinrichs, Senior Direktor Emea Forschung und Strategie bei JLL.
Colliers erwartet spürbare Aufhellung bei Büroimmobilien
Colliers hingegen sieht hierzulande verbesserte Bedingungen für das Immobiliengeschäft im kommenden Jahr. Insbesondere bei Büroimmobilien könnte die Talsohle erreicht sein. Hintergrund: Der Immobilieninvestment-Manager geht für 2024 von einem moderaten Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 0,5 Prozent in Deutschland und einer Abschwächung der Inflation auf 2,7 Prozent aus. Der Leitzins dürfte zum Jahresende bei 4 Prozent liegen.
Für die Finanzierungskonditionen erwarten die Verantwortlichen bei Colliers deshalb schon im ersten Halbjahr 2024 eine Stabilisierung, im zweiten Halbjahr dürften die Finanzierungskosten sinken. Im Bürosegment sieht das Unternehmen den Preisfindungsprozess weit fortgeschritten. Die Kapitalwerte für erstklassige Büroimmobilien hatten demanch bis September 2023, seit ihrem Höhepunkt Anfang 2022, um 36 Prozent nachgegeben. 2024 sei mindestens mit einer Stabilisierung, eventuell sogar wieder leicht steigenden Kapitalwerten zu rechnen. Die Bruttoanfangsrenditen für Büroimmobilien in den Top-7-Märkten erwartet Colliers für 2024 bei 4,7 bis 5,2 Prozent.
Wohnimmobilien laut Savills so sicher wie bonitätsstarke Staatsanleihen
Deutsche Wohnimmobilien versprechen laut jüngsten Berechnungen von Savills sichere sowie steigende Erträge. Das gilt insbesondere für Neubauten, während im Bestand Risiken durch weitere Regulierungen bestehen. „In den nächsten Jahren gibt es so gut wie kein Abwärtsrisiko bei den Neuvertragsmieten“, so Matti Schenk, stellvertretender Leiter Forschung (Associate Director Research) bei Savills Germany. Er ergänzt: „Während der Mangel an Wohnraum so groß ist wie seit Jahrzehnten nicht, werden deutlich weniger neue Wohnbauprojekte angegangen und viele bereits angestoßene Projekte verschoben oder abgebrochen."
Die vielerorts bereits sehr niedrigen Leerstandsraten dürften demnach weiter zurückgehen, sodass das Risiko struktureller Leerstände in vielen Portfolios auf ein Minimum reduziert wird. Investoren könnten laut Schenk mit langfristig steigenden Mieten kalkulieren. Bei den Bestandsverträgen sei ein Mietrückgang zudem praktisch unmöglich.
CBRE und ZIA verweisen auf hohe Baunebenkosten
In einem angespannten Mietmarkt mit einer Fluktuationsrate von durchschnittlich nur noch rund 5 Prozent, die knappheitsbedingt womöglich noch weiter absinkt, könnten sich Investoren daher sicher sein, dass ihre Erträge langfristig mindestens stabil bleiben werden. Eine derart langfristige Absicherung der Erträge nach unten bietet laut Savills mit Ausnahme von sehr bonitätsstarken Staatsanleihen kaum eine andere Anlageklasse.
Ein Bremsklotz ist laut CBRE, dass die Baukosten mit 5.150 Euro pro Quadratmeter in Deutschland sehr hoch sind. Im Vergleich: In Frankreich betragen diese 5.000 Euro, in den Niederlanden 4.240 Euro, in Schweden 3.710 Euro und in Österrerreich nur 3030 Euro. „Deutschland ist ein Hochkostenland beim Wohnungsneubau“, sagt Jan Linsin, Head of Research bei CBRE in Deutschland.
Fast ein Drittel dieser Kosten, etwa 1.500 Euro, werden direkt durch Steuern und öffentliche Abgaben verursacht. Nur in den Niederlanden ist dieser Wert laut dem Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA) höher. „Das Problem der hohen Erstellungskosten für den Wohnbau lässt sich daher wahrscheinlich nur durch eine Reduktion der Steuersätze beim Erwerb und vor allem der Erstellung von Wohngebäuden lösen. Ob das nun durch direkt durch Steuersatzreduzierungen oder indirekt durch höhere Abschreibungssätze erfolgt, ist dabei unerheblich“, so Linsin.

Quelle: ZIA, CBRE Research
Global gesehen waren Wohnimmobilien gemessen am Transaktionsvolumen mit einem Anteil von 27 Prozent laut JLL die stärkste Assetklasse. Allerdings fiel bei ihr der Rückgang von 275 Milliarden US-Dollar auf 115 Milliarden US-Dollar und damit minus 58 Prozent auch am stärksten aus.
Chancen für institutionelle Investoren
Ein Treiber dafür, das Wohnimmobilien Volumenstärkste Assetklasse sind, ist unter anderem, dass bis zum Ende des dritten Quartals 2023 laut Savills IM die Durchschnittsmieten in ganz Europa (ohne Großbritannien) um 8,2 Prozent und in Großbritannien um 10 Prozent gestiegen sind. Dieses Umfeld biete langfristig orientierten institutionellen Investoren die Chance, sich bei der Schaffung von neuem Wohnraum aktiv einzubringen. Die Anlagestrategie sollte laut Savills IM auf Erschwinglichkeit, stabile Erträge und Kostenreduzierung ausgelegt sein anstatt auf kurzfristiges Mietpreiswachstum.
Laut Savills (IM) ist nun zudem ein sehr guter Zeitpunkt für Investoren, um Investitionen im Real Estate-Debt-Bereich zu erwägen. Der Sektor profitiere demnach von mehreren positiven Trends, wie dem eingeschränkten Angebot an Fremdfinanzierungen, der Korrektur der Immobilienanfangsrenditen und steigenden Zinssätze, die ein günstiges Renditeumfeld für alternative Kreditgeber schaffen. Real Estate Debt biete zudem laut Savills IM einen Risikoschutz über das eingesetzte Eigenkapital, der gerade risikoaversen Anlegern in einem volatilen Marktumfeld entgegen kommen dürfte.
Urbane Logistik und LEH mit Mietwachstum, Warenhäuser mit Problemen
Auch die Mieten für moderne urbane Logistik und Light Industrial-Immobilien werden im Laufe des Jahres 2024 weiter wachsen, so Savills im Outlook 2024 – insbesondere für Gebäude innerhalb oder in der Nähe der großen Ballungsräume. In urbanen Gebieten befeuern niedrige Leerstandsraten und ein qualitativ veralteter Bestand den strukturellen Nachfragüberhang.
Für die Mieter in diesem Bereich wird laut Savills die Nähe zum Endkunden immer wichtiger, gleichzeitig verringert sich das Angebot an geeigneten Immobilien und Grundstücken. Investoren sollten Ausschau nach modernen, ertragsstarken Objekten halten oder die Gelegenheit nutzen, erstklassige, ESG-konforme Logistik- und Light Industrial-Flächen zu schaffen. In diesem Bereich beobachtet die Meag einen rasanten Anstieg der Spitzenmieten, in Berlin beispielsweise um 84 Prozent zwischen 2020 und 2023.
„Das Jahr 2024 wird voraussichtlich ein weiteres herausforderndes Jahr für Immobilieninvestoren. Allerdings bieten sich in Zeiten angespannter Märkte auch Chancen für jene, die über die erforderliche Marktkenntnis verfügen. Unserer Einschätzung nach werden sich Investoren vermehrt Strategien zuwenden, die auf die Sektoren Wohnen, Logistik und Light Industrial und Real Estate Debt ausgerichtet sind“, fasst Alex Jeffrey, Hauptgeschäftsführer (Chief Executive) bei Savills IM zusammen.
„Ein zentraler Fokus sollte im kommenden Jahr auf den Sektoren mit starken Fundamentaldaten liegen. Dazu zählen vielfältige Opportunitäten im Wohnimmobilienmarkt sowie im Logistiksektor. Gleichzeitig hält der Mangel an qualitativ hochwertigen Logistikflächen an, die in sehr guten und etablierten Lagen von strukturellem Nachfrageüberhang geprägt sind", so Christian Müller, Leiter Forschung und Strategie (Head of Research & Strategy) Deutschland bei Savills IM.
Großer Treiber des Bereichs Logistik ist, dass der globale Warenhandel – laut Auwertung der World Trade Organisation – zwischen 2015 und 2023 um 20 Prozent angestiegen ist. Warenhäuser können von dieser Entwicklung nicht profitieren. Das veränderte Kaufverhalten und die Zunahme des Onlinehandels führen dazu, dass mehr als 40 Prozent der Warenhäuser von Schließung bedroht sind, so eine aktuelle Auswertung des Datenanbieters PMA.
An Bedeutung gewinnen werde laut Verantwortlichen der Meag der großflächige Einzelhandel, Erlebnis-Shopping und Gastronomie. Generell wird die Aufenthaltsqualität zu einem entscheidenden Faktor in der Entwicklung von Gewerbeimmobilien für den Einzelhandel.
„Gleichzeitig werden moderne Nahversorgungformate ihre Resilienz im schwierigen Marktumfeld beweisen: Vor allem Supermärkte, Discounter sowie Fachmarktzentren mit Ankermietern im Lebensmittelsegment in wachstumsstarken urbanen Lage.", so Müller von Savills, für den ebenfalls die Nachhaltigkeit der Immobilien elementar für den langfristigen Investmenterfolg ist.
Global gesehen, ist der Logistikbereich – laut JLL – mit einem globalen Transaktionsvolumen von 100 Milliarden Dollar und einem Marktanteil von 24 Prozent nach Wohnen mittlerweile der zweitgrößte Bereich ist. Das ist zwar ein Rückgang um 40 Prozent, neben Living ist es aber die einzige Assetklasse, die es in den ersten drei Quartalen in den dreistelligen Milliardenbereich erreichte.
Projektentwickler haben Talsohle noch nicht erreicht
Der Höhepunkt der Insolvenzwelle für Immobilienprojektentwickler ist noch nicht erreicht. Positiv ist allerdings, dass Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung zunehmend stärkere Akzeptanz finden und die Fertigstellung von Objekten auch während der Insolvenz möglich – aber abhängig
vom Einzelfall – ist. So einige Ergebnisse der Online-Pressekonferenz „Finanzielle Restrukturierung von Projektentwicklungen: Welche Spielräume gibt es und welche Ergebnisse sind erreichbar?“, an der erneut Steffen Sebastian vom Irebs Institut für Immobilienwirtschaft, Gordon Geiser, Geschäftsführer des Immobilienberaters Nova Fides und Torsten Hollstein, Geschäftsführer des Investors und Asset Managers CR Investment Management, teilnahmen.
„Wir haben einen Superzyklus hinter uns, der sowohl in der Höhe als auch der Länge einzigartig
war. Seit 2010 stiegen alle Immobilienpreise im Schnitt laut Destatis/OECD um 66 Prozent.
Das war deutlich stärker als in den Zyklen davor. Nun allerdings befinden wir uns auf dem
absteigenden Ast des Zyklus. Mittlerweile dauert die Krise knapp zwei Jahre, und die
Erkenntnis setzt sich durch, dass der Umschwung langfristiger Natur ist.
Meiner Meinung nach ist der Höhepunkt der krisenhaften Entwicklung noch nicht erreicht. Ich schätze, dass es mindestens noch ein halbes Jahr dauert, bis wir den Höhepunkt sehen werden. Ich erwarte zwar keinen Flächenbrand an Insolvenzen. Aber es wird weitere Marktbereinigungen
geben“, so Steffen Sebastian.
„Es gibt im Gegensatz zum klassischen Insolvenzverfahren keinen gerichtlich bestellten
Insolvenzverwalter, auf den die gesamte Verfügungsbefugnis übergeht. Diese Funktion bleibt
bei der Geschäftsführung des Unternehmens. Das Gericht bestellt statt dessen eine
beaufsichtigende Person – den Sachwalter. Ein großer Vorteil des Verfahrens liegt in der
Außenwahrnehmung: Dort wird es mit Sanierung verbunden nicht mit Zerschlagung“, so Geiser der ergänzt: „Das Verfahren ist in den vergangenen Jahren modernisiert worden, um
Vorbehalte abzubauen, was gelungen ist. Wie die derzeitige Situation zeigt, findet das
Verfahren eine große Akzeptanz. Überhaupt hat der Insolvenzbereich im Immobiliensektor
eine starke Professionalisierung erfahren. Es gibt mittlerweile eine Reihe von Akteuren mit
der für diesen Sektor erforderlichen Expertise und Erfahrung.“
Risiko für Mezzanine-Investoren
„Objekte können auch während einer Insolvenz zu Ende gebaut werden – insbesondere solche, bei denen ein Einzelmieter oder ein hoher Vorvermietungsgrad vorliegt und gegebenenfalls bereits ein Forward-Verkauf stattgefunden hat. Hier muss nur geklärt werden, wer in diesem Szenario wieviel verliert. Allerdings hängt es auch immer von der individuellen Situation ab", so Hollstein, der ergänzt: „Besonders schwierig hingegen ist es, wenn es sich um Eigentumswohnungen handelt, das Objekt bereits im Bau ist und gut die Hälfte verkauft ist und dann die Insolvenz eintritt. Bei einer solchen Gemengelage kann es schwierig und langwierig sein, neues Kapital zu mobilisieren. Ein anderer Fall sind Grundstücke, für die noch kein Baurecht vorliegt. Diese sind oft unbelastet und können veräußert werden, um mit dem Erlös andere Projekte eines Entwicklers zu kapitalisieren.“
Schließlich rückten die Gläubiger in den Fokus. „Der Senior-Bereich von Finanzierungen ist in der Praxis zumeist nicht betroffen. Anders sieht es mit Mezzanine-Kapital aus, das häufig von Ausfällen betroffen ist. Einen kompletten Ausfall müssen diese Investoren nur hinnehmen, wenn es zu starken Wertkorrekturen kommt“, sagt Geiser und ergänzt: „Ein ebenfalls hohes Ausfallrisiko haben unbesicherte Gläubiger. Diese können nur aus der freien Insolvenzmasse befriedigt werden, die bei Immobilieninsolvenzverfahren häufig weniger groß ist, da der überwiegende Teil der Vermögenswerte regelmäßig mit Sicherheiten belastet ist.“
Klimawandel und Inflation beeinflussen Immobilienmarkt
Die Meag befragte insitutionelle Investoren, was die Immobileinmärkte am meisten beeinfulssen wird. Der Klimawandel, sagen 50 Prozent, 40 Prozent sehen in der Inflation einen maßgeblichen Treiber. Weiteren Einflussfaktoren wie Geopolitik oder Pandemie wird dagegen weniger Bedeutung beigemessen. Dabei gibt es auch hier tiefgreifende Veränderungen, beispielsweise die sich verändernden globalen Warenströme oder geopolitische Unsicherheiten. Ebenso die Trends, die auch nach der Pandemie Bestand haben: „Work from home“ und der Siegeszug des Onlinehandels stellen neue Anforderungen an moderne Projektentwicklungen.