Doppelinterview „In der derzeitigen Nullzins-Phase, rettet Asien unsere Renten“

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Und was ist mit liquiden Investments?

Friese: Liquide Investments sind machbarer und wir haben durchaus Überlegungen, da intensiver reinzugehen. Dann aber nicht nach China, sondern beispielsweise eher nach Indonesien. Ein riesiger konsumgetriebener Markt. Vietnam, Japan, Singapur und Malaysia sind interessant und mein Favorit in Asien ist Indien.

Warum?

Friese: Die Kolonialzeit hat neben einigen unschönen Entwicklungen eben auch ein vernünftiges Rechtssystem mit sich gebracht. Deshalb sind dort, in meinen Augen, sogar illiquide Investments möglich. In den anderen Ländern, mit weniger ausgeprägten Rechts- und Demokratiesystemen, bin ich sehr vorsichtig. Die Interdependenz der Ordnung von der Max Weber sprach gilt auch heute – Sie können nicht eine freiheitliche Kapitalwirtschaft in einem undemokratischen und unfreiem System haben. Dazu kommen die gesellschaftlichen Unterschiede. In den USA oder auch Lateinamerika können Sie sich unterhalten, haben in der Regel denselben Wertekompass. Dagegen sind doch in Asien die kulturellen Unterschiede größer und erschweren die Kommunikation. Wir investieren nicht unser eigenes Geldsondern sind Treuhänder und müssen daher vorsichtig sein.

Wenn Sie alle Freiheiten hätten, wie würden sie beispielsweise illiquide in Indien investieren?

Friese: Das passt nicht in unseren Rahmen. Aber in der Energieerzeugung können Sie ohne weiteres in Indien investieren. Flughäfen, Telekomunikatio, Straßen und Energieverteilung wären interessant. Auch der Immobiliensektor in Indien ist rechtlich geschützt. Von Kollegen von großen Versicherern in Deutschland und großen Pensionseinheiten weiß ich, dass das auch gemacht wird.


Engler:
Herr Friese hat klar gemacht, wo er Probleme sieht. Die Frage ist dann ja, was die Lösung ist. Da nicht alles so wie in China ist, wird unser Research in Asien ganz bewusst nach einzelnen Ländern - nicht nach Sektoren - aufgesetzt. Jedes Land ist unterschiedlich. Das Wichtigste ist es, die Länder zu verstehen. Anleger aus Deutschland haben oft nicht die Informationen, um die richtigen Entscheidungen zu treffen, sehen nicht alle Entwicklungen, Chancen und Risiken. Man braucht einen Partner aus der Region, der diese Lücke füllen kann, der in jedem einzelnen Land Personal hat und die Informationslücke schließen kann.

Wie sollte das konkret aussehen?

Engler: Nomura beispielsweise hat einen Fonds, bei dem China derzeit die stärkte Untergewichtung hat, gerade wegen der von Herrn Friese benannten Risiken. Eines der stärksten Übergewichte hat Indien. Dazu haben wir einen separaten Indien-Fonds. Das alles ist nur möglich, weil unsere Mitarbeiter vor Ort Chancen und Risiken erkennen und schnell reagieren können.

Herr Friese, Sie investieren über Aktien in Asien. Welche Gedanken machen Sie sich dabei wegen ESG?

Friese: Wir sprechen mit den einzelnen Asset Managern und lassen uns von ihren Kriterien überzeugen. Es gibt ja noch keine klare Taxonomie. Jeder arbeitet mit verschiedenen Kriterien. MSCI, UN Sustainable Development Goals und weitere. ESG-Kriterien sind für uns von großer Bedeutung. Wir selber sind aber zu klein und werden keine eigenen Taxonomie-Richtlinien erarbeiten.

Wie passen China und ESG zusammen?

Friese: China ist eigentlich allein wegen der G-Kriterien nicht investierbar. Eine gewisse Flexibilität muss man aber haben. Wir haben einige Investments in China über unsere globalen Mandate. Die laufen mit und da sollte man nicht zu schnell zu streng ran gehen. ESG ist erst gut sechsJahre alt und muss weiter entwickelt werden, ist aber eigentlich schon jetzt Standard. Es kommt kein Asset Manager zu uns, der nicht ESG-konform investiert. Nur die Kriterien müssen noch klarer definiert werden, aber der Prozess ist auf einem guten Weg.