Wie viel Leerstand kaufen Sie pro Jahr an?
Dehne: Unser Single Family Office schafft es im Jahr, 2.000 bis 6.000 Wohnungen zu kaufen, sanieren und wieder dem Wohnungsmietmarkt zuzuführen. Es muss uns gesellschaftlich gelingen, die bestehenden Leerstände aufzuspüren und unternehmerisch anzugehen. Wenn wir davon ausgehen, dass uns in Deutschland jedes Jahr 100.000 bis 150.000 Wohnungen fehlen, müssen wir die Bestände in den Fokus nehmen. Denn der Wohnungsneubau wird in den nächsten Jahren weiter rückläufig sein – wir sehen einen Rückgang von Projektentwicklungen, durch Insolvenzen von Bauunternehmen droht ein Teil der Infrastruktur wegzubrechen. Gleichzeitig wird die Nachfrage nach Wohnraum weiterwachsen.
Haben Sie deshalb beispielsweise auch schon Büroimmobilien gekauft und in diese in Wohnraum umgewidmet, oder planen Sie, in diese Richtung aktiv zu werden?
Dehne: Ja, auch in diesem Segment sind wir aktiv. Aktuell entwickeln wir unter anderem ein 5.000 Quadratmeter großes Bürogebäude in Düsseldorf-Angermund in Wohnraum um.
Die Immobilienzeitung nannte Sie kürzlich in einem Interview den „großen Unbekannten im deutschen Wohnungsmarkt“. Doch Sie treten mit ihrem Geschäftsmodell – Aktivierung von Leerstand, Wohnimmobilien in B- und C-Lagen – in jüngster Zeit öffentlichkeitswirksamer auf. Warum eigentlich?
Dehne: Das passiert aus einer komfortablen Situation heraus. Wir kennen unser Marktsegment seit 25 Jahren genau und haben hier viele Krisen miterlebt und einen großen Erfahrungsschatz aufgebaut. Ich habe in den letzten zwanzig Jahren festgestellt, dass es selbst in Ballungsregionen in attraktiven Lagen Wohnungseigentümer gibt, die aus bestimmten Gründen Leerstände aufgebaut haben. Wir sind einer der Marktführer für Ankauf von Wohnungsleerstand in Deutschland und fürchten uns nicht vor Wettbewerb, dafür ist der Markt zu groß. Es geht mir darum, Mut zu machen, in Leerstand zu investieren, um der Wohnungsknappheit entgegenzuwirken. Denn das ist auch volkswirtschaftlich kein gesunder Trend.
Skizzieren Sie uns bitte den Prozess – über den Ankauf zur Sanierung.
Dehne: Das ist unser Tagesgeschäft. Zunächst mal sind wir schnell in der Lage anhand von wenigen Parametern den Wert eines angebotenen Portfolios einschätzen. Ankaufentscheidungen können wir innerhalb von wenigen Stunden treffen. Wenn diese Objekte Leerstand aufweisen, werden sie in standardisierten Prozessen revitalisiert. Wir haben Baukastensysteme sowohl für die einzelnen Wohneinheiten als auch die Wohnanlagen.
Ein Großteil ihres Bestandes kommt aus den 1950er und 60er Jahren. Stehen da keine hohen Investitionen mit Blick auf die Energieeffizienz an?
Dehne: Das ist ein kontinuierlicher Prozess, der seit Jahren läuft und bei uns nicht erst durch gesetzliche Vorgaben angestoßen wurde. Mit Blick auf unseren Bestand, erfüllen bereits jetzt 70 Prozent unserer Bestände den Wert, der mit Blick auf die EU-Gebäuderichtlinie bis 2033 erreicht werden muss. Die klassische Wohnanlage hat eine deutlich bessere Energiebilanz als das Einfamilienhaus. Viele Wohnungsbestände in Deutschland erfüllen bereits ungedämmt, unsaniert ansatzweise einen Energieeffizienzwert, die in zehn Jahren gefordert ist.
Sie sind sehr lange in der Branche unterwegs – und Ihr Name tauchte in der Vergangenheit auch im Zusammenhang mit negativen Meldungen auf. Mieter klagten öffentlich über schlechte Zustände Ihrer Wohnimmobilien. Wie blicken Sie auf solche Vorwürfe?
Dehne: Als privater Vermieter gerät man eher in die Zielscheibe als beispielsweise ein börsennotiertes Unternehmen oder eine Genossenschaft. Wenn diese Themen aufgekommen sind, wurden sie von uns nachweislich offengelegt. Wir als eigentümergeführter mittelständischer Bestandshalter haben ein massives Interesse daran, dass unsere Immobilien in einem hervorragenden Zustand sind. Wenn das in neugekauften Einheiten, die zuvor möglicherweise im Leerstand waren, vom Vorbesitzer kaum noch gepflegt wurden, nicht der Fall sein sollte, gehen wir diese Probleme schnellstmöglich an.
Haben Sie in den vergangenen Jahren im Property Management also auch Erfahrungen gesammelt, um solche Vorwürfe gar nicht aufkommen zu lassen?
Dehne: Wir haben gelernt, wie wir Mieter intensiver einbinden können. Das gelingt uns sehr gut. Wenn wir diese Prozesse nicht managen würden und kein guter Vermieter wären, würden wir medial täglich auftauchen. Bei der Größe unseres Wohnungsbestandes wäre dies auf jeden Fall der Fall. Das passiert aber nicht.
Über den Interviewten:
Birger Dehne ist seit mehr als 25 Jahren als Investor am deutschen Wohnimmobilienmarkt tätig. Über sein Single Family Office in Vaduz (Liechtenstein) steuert Dehne sein Vermögen und seine Immobilienbestände. Über die Capiterra Group ist Dehne auch als Neubau-Entwickler und -Investor aktiv.