Deutschland genießt im Ausland ein deutlich höheres Ansehen als Investitionsstandort für Immobilien, als die Stimmung hierzulande vermuten lässt. Laut einer globalen Umfrage, an der über 80 internationale Asset-Manager mit einem Gesamtvermögen von circa 930 Milliarden Euro teilgenommen haben, ist Deutschland nach Großbritannien das zweitbeliebteste Zielland für institutionelle Immobilieninvestoren in Europa.
71 Prozent der Anleger aus Asien und Nordamerika bevorzugen Deutschland als Investitionsstandort, während es bei europäischen Investoren 62 Prozent sind. In Europa erreichen Großbritannien und die Niederlande vergleichbare Zustimmungswerte, während außerhalb Europas nur Großbritannien mit 93 Prozent noch stärker nachgefragt ist.
Das Deutschland in der Gunst der Investoren so weit vorne liegt, ist vor allem auf die Wertschätzung nicht-europäischer Anleger zurückzuführen, die den Standort aufgrund seiner Transparenz, Marktgröße und bisherigen guten Erfahrungen bevorzugen.
Spanien gewinnt – Frankreich verliert an Attraktivität
Die größte Überraschung des aktuellen Investment-Intention-Surveys ist der Aufstieg Spaniens in die Top 3 der beliebtesten Investmentziele – erstmals in der Geschichte der Erhebung. Die dynamisch wachsende Wirtschaft, die niedrigen Arbeitslosenzahlen und der florierende Wohnimmobilienmarkt machen das Land zum Shootingstar unter den europäischen Investitionszielen.
Besonders bei europäischen Investoren genießt Spanien hohe Attraktivität: 69 Prozent bevorzugen die iberische Halbinsel, die damit zur beliebtesten Destination innerhalb Europas avanciert ist. Im Gesamtranking rückte Spanien auf Platz drei vor und verdrängte Frankreich erstmals aus den Top 3.
Angesichts der anhaltenden wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen Frankreichs ist dieser Rückgang kaum überraschend: Das Land erlebt nicht nur politische Turbulenzen, sondern verzeichnet auch ein Drittel aller Insolvenzen in Westeuropa.
Dass Spanien nun in den Fokus der Anleger gerückt ist, unterstreicht einmal mehr, wie sehr attraktive Rahmenbedingungen und die wirtschaftliche Dynamik der Märkte die Investitionsbereitschaft beeinflussen. Das gilt insbesondere in Zeiten geopolitischer Unsicherheiten und volatiler Finanzmärkte, in denen Investoren verstärkt nach stabilen und wachstumsstarken Standorten suchen.
Im Fokus – risikoreiche Investmentstrategien in Europa
Der Trend zu Value-Add-Strategien, der in den vergangenen Jahren zu beobachten war, prägt auch 2025 die Investitionspräferenzen in Europa. Rund 62 Prozent der Investoren, die Kapital in Europa allokieren möchten, setzen auf risikoreiche Strategien, wobei 47 Prozent Value-Add-Investments bevorzugen.
Gleichzeitig steigt das Interesse an Core-Strategien deutlich: 38 Prozent der Investoren favorisieren diese risikoärmeren Investments – ein erheblicher Anstieg gegenüber 21 Prozent im Jahr 2024. Dies spiegelt eine zunehmende Vorsicht wider, die auf wirtschaftliche und geopolitische Unsicherheiten zurückzuführen ist.
Die Entwicklung zeigt sich sowohl bei europäischen als auch nordamerikanischen Investoren, von denen 48 Prozent beziehungsweise über 43 Prozent eine Präferenz für Core-Investments aufweisen. Asiatisch-pazifische Investoren hingegen setzen weiterhin verstärkt auf risikoreiche Strategien, um ihre Portfolios zu diversifizieren und von attraktiven Preisniveaus in Europa zu profitieren.
Sektorale Verschiebungen: Wohn- und Logistikimmobilien dominieren
Wohnimmobilien bleiben die bevorzugte Assetklasse in Europa – 89 Prozent der Investoren planen weiterhin Investments in diesem Bereich. Besonders bemerkenswert ist, dass europäische Investoren mit 100 Prozent Zustimmung eine fast einhellige Begeisterung für den Wohnsektor zeigen. Logistikimmobilien folgen mit 85 Prozent, angetrieben durch die anhaltende Expansion des E-Commerce. Studentisches Wohnen hat sich mit 67 Prozent auf den dritten Platz vorgeschoben und liegt heute deutlich über dem Fünfjahresschnitt von 35 Prozent.
Das Büro ist tot – es lebe das Büro
Büroimmobilien sind dagegen auf einen historischen Tiefstwert von 48 Prozent gefallen, ein deutlicher Rückgang gegenüber dem Fünfjahresdurchschnitt von 64 Prozent. Die Abkehr von Büroimmobilien spiegelt eine tiefgreifende Veränderung in der Arbeitswelt wider.
Die generelle Skepsis gegenüber Büroimmobilien mag angesichts der zunehmenden Akzeptanz von Homeoffice und flexiblen Arbeitsmodellen auf den ersten Blick nachvollziehbar sein, greift meines Erachtens jedoch zu kurz.
Trotz aller Diskussionen über New Work bleibt das physische Büro ein zentraler Bestandteil des Arbeitsalltags. Die steigende Büroanwesenheit in deutschen Metropolen bestätigt dies eindrucksvoll: Laut einer JLL-Studie ist die durchschnittliche Belegungsquote auf 72 Prozent gestiegen – fast wieder auf dem Niveau vor der Pandemie.
Doch die Rolle des Büros wandelt sich: Vom reinen Arbeitsplatz hin zu einem Hub für Kollaboration, Innovation und sozialen Austausch. Flexible Arbeitsmodelle und digitale Technologien treiben diese Entwicklung voran und machen das Büro zu einem essenziellen Bestandteil des modernen Arbeitsökosystems.
Investoren, die auf hochwertige Lagen und zukunftsweisende Bürokonzepte setzen, schaffen nicht nur einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil – sie sichern auch langfristig den Erfolg ihres Investments.
Globale Allokationen nähern sich Zielwerten
Laut der Umfrage liegt die durchschnittliche Immobilienallokation global bei 8,7 Prozent, nur leicht unter dem Zielwert von 9,0 Prozent. Während europäische Investoren ihre angestrebten 9,4 Prozent nun genau erreichen, bleiben nordamerikanische Investoren mit 10,4 Prozent immer noch unter ihrer Zielallokation von 11,2 Prozent.
Besonders in Asien-Pazifik hat sich das bisherige Defizit an Immobilieninvestitionen verringert, was auf ein wachsendes Interesse an Real Assets in der Region hindeutet. Mittlerweile liegt die durchschnittliche Immobilienallokation mit 5,0 Prozent nur leicht unter dem Zielwert von 5,4 Prozent.
Diese Angleichung der Allokationen an die Zielwerte zeigt, dass sich Investoren trotz makroökonomischer Unsicherheiten nicht aus dem Immobilienmarkt zurückziehen, sondern vielmehr gezielt ihre Portfolios anpassen. Die Phase der Überallokation in Europa, die durch den „Denominator Effect“ in den letzten Jahren verstärkt wurde, scheint vorüber zu sein.
Ausblick: Chancen in einem sich wandelnden Marktumfeld
Der Investment-Intentions-Survey 2025 zeigt, dass die globale Untergewichtung von Immobilien nur noch gering ausfällt. Besonders in Europa haben viele Investoren ihre Portfolios bereits weitgehend ausbalanciert. Das Jahr 2025 dürfte für viele Anleger ein Übergangsjahr werden, da politische und wirtschaftliche Unsicherheiten in zahlreichen Märkten eine kontinuierliche Anpassung der Strategien erfordern.
Gleichzeitig rücken die langfristigen Auswirkungen der sich wandelnden Marktbedingungen verstärkt in den Fokus. Wer die richtigen Weichen stellt und flexibel agiert, kann nicht nur attraktive Renditen erzielen, sondern sich auch strategisch für die Zukunft positionieren.
Über den Autor
Martin Lemke ist seit 2013 Chef des Multi Family Office AM Alpha und seit 2021 Chairman der European Association for Investors in Non-Listed Real Estate Vehicles (Inrev), einer gemeinnützigen Vereinigung mit Sitz in den Niederlanden, die die Interessen von über 460 Mitgliedern, darunter institutionelle Anleger, Fondsmanager, Fondsinitiatoren, Berater sowie Universitäten und Forschungseinrichtungen am europäischen Markt für nicht-börsennotierte Immobilienfonds wahrnimmt. Bevor er bei Am Alpha anfing, war Lemke knapp 14 Jahre lang Geschäftsführer des im Sdax notierten Immobilieninvestors Patrizia.