Immobilieninvestments EZB-Zinspolitik begünstigt Angebot und Nachfrage von Nachrangkapital

Peyvand Jafari ist geschäftsführender Gesellschafter der Creo Group.

Peyvand Jafari ist geschäftsführender Gesellschafter der Creo Group.

Mehr kleinere und mittelständische Unternehmen, die in der Corona-Krise Liquidität benötigen, entschließen sich zu einem Verkauf eigener Gewerbeimmobilien, die nicht betriebswichtig sind und im Regelfall sogar teilweise leer stehen. Im Hinblick auf die Immobilieninvestment- und Vermietungsmärkte ergibt sich dadurch eine Chance. Denn abgesehen von den aktuellen Effekten infolge des Corona-Schocks werden seit Jahren deutlich mehr Flächen nachgefragt als durch Neubau auf den Märkten hinzukommen können – ein Megatrend, der durch die gegenwärtige Situation nicht ausgehebelt wird. Die Märkte benötigen also neue Flächen in den Metropolen und Wachstumsstädten.

Für die erwähnten unternehmenseigenen Immobilien dürften sich daher auch in der jetzigen Situation Käufer finden. Meist handelt es sich bei diesen um entsprechend spezialisierte Projektentwickler, die ein Gebäude als Multi-Tenant-Objekt für ein Value-Add-Investment ankaufen, eine zeitgemäße Immobilienstrategie entwickeln und es am Markt neu positionieren. Dieser sehr komplexe Ansatz bietet ebenfalls Möglichkeiten für Family Offices und weitere professionelle Investorentypen, auch ohne eigene Entwicklerkompetenz Kapital in diesen Projekten zu allokieren.

Dies kann unter anderem in Form eines festverzinslichen Nachrangdarlehens geschehen, das in der Regel eine kurzfristige Laufzeit von 24 bis 48 Monaten hat. Verglichen mit einem Direktinvestment beziehungsweise einer klassischen Fondsbeteiligung fallen die Renditen dabei überdurchschnittlich hoch aus. Demgegenüber trägt der Darlehensgeber einen Teil des Entwicklerrisikos, weshalb der Auswahl des Kooperationspartners eine umfassende Prüfung vorausgehen sollte.

Nachrangkapital dank EZB-Geldpolitik vergünstigt

Noch vor rund fünf Jahren war Mezzanine-Kapital, zu dem auch Nachrangdarlehen zählen, kaum gefragt: Darlehenszinsen von zwanzig Prozent und mehr sorgten dafür, dass Bauträger diese Finanzierungsvariante nur im Ausnahmefall beanspruchten – wenn es beim Projektverlauf regelrecht „brannte“ oder aber eine außergewöhnlich gute Investmentopportunität die hohen Zinsen rechtfertigte.

Das hat sich mittlerweile geändert: Im Zuge der EZB-Niedrigzinspolitik hat sich Nachrangkapital so weit vergünstigt, dass zum einen das Angebot immer größer wird, zum anderen sich eine zunehmend breite Plattform an Abnehmern findet. Die Folge: Nachrangdarlehen werden derzeit mit einer Verzinsung von acht bis zwölf Prozent ausgegeben, die nach wie vor für den Darlehensgeber eine gute Wertentwicklung ermöglichen, gleichzeitig aber für den Darlehensnehmer nicht zu einer übermäßigen Belastung führen. Da Banken grundsätzlich nur einen gewissen Prozentsatz fremdfinanzieren dürfen und der Entwickler den Rest als Eigenkapital zusteuern muss, bieten sich Nachrangdarlehen somit als rentable Finanzierungsvariante an – diese werden schließlich von Kreditinstituten als Eigenkapital angerechnet.

Der Umgang mit dem Niedrigzinsumfeld ist gerade für Family Offices eine entscheidende Frage. Gemäß der aktuellen Family-Office-Studie des Bayerischen Finanz-Zentrums, für die 51 Family Offices in Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt wurden, sind gerade einmal 4 Prozent der Befragten bereit, aufgrund der niedrigen Zinsen auch eine niedrigere Renditeerwartung hinzunehmen, bei gleichbleibendem Risiko. Vielmehr haben sich trotz des anhaltenden Niedrigzinsumfelds die Renditeerwartungen in der aktuellen Befragung tendenziell leicht nach oben bewegt.

Nur rund 6 Prozent der Single Family Offices und gut 3 Prozent der Multi Family Offices rechneten zum Zeitpunkt der Umfrage auf Sicht von zwölf Monaten mit einer Rendite zwischen null und drei Prozent – ein Jahr zuvor hatte noch knapp die Hälfte der Befragten eine Rendite zwischen null und 2,5 Prozent erwartet. Auf Dreijahressicht gingen hingegen rund 45 Prozent der Befragten von einer Rendite zwischen 5 und 10 Prozent aus – ein Renditeniveau, das in der Regel weder bei einem Direktinvestment noch bei einer klassischen Fondsbeteiligung realistisch ist.

Zwar stammen diese Zahlen aus der Zeit vor Corona und es ist somit mehr als fraglich, ob sie zu halten sind. Gleichzeitig zeigen sie aber, dass Family Offices selbstbewusst an das Thema Investment herangehen. Darüber hinaus lässt sich eine grundlegende Offenheit gegenüber neuen Anlagestrategien und -klassen herauslesen.

Gewerbeimmobilien bieten viel Flexibilität

Angesichts der aktuellen Situation ist die Frage durchaus berechtigt, warum ausgerechnet Gewerbeimmobilienprojekte anstelle von Wohnprojekten finanziert werden sollten. Schließlich traf die immobilienwirtschaftliche Bauernregel „Gewohnt wird immer“ selten mehr zu als in Zeiten von Corona. Tatsächlich bieten Gewerbeimmobilien jedoch in der Regel größere Potenziale für den Entwickler und damit potenziell höhere Verzinsungen bei den entsprechenden Nachrangdarlehen, da entsprechende Immobilien durch Umnutzungen und Ergänzungen moderner Flächenkonzepte wie Coworking-Spaces aufgewertet werden können.

Gleichzeitig ermöglichen Sale-and-lease-back-Strukturen beim Verkauf, dass der Eigentümer mittelfristig auf dem Areal aktiv bleibt und nach und nach Teilbereiche abstößt, die dann revitalisiert und anschließend teurer neu vermietet werden. Dem Entwickler steht also ein konstanter und zunehmender Cashflow zur Verfügung, der wiederum einen finanziellen Puffer im Fall einer Bauverzögerung schafft.



Über den Autor:
Peyvand Jafari ist geschäftsführender Gesellschafter der Creo Group, ein auf Projektentwicklung und Weiterentwicklung von Gewerbeimmobilien spezialisiertes Unternehmen.

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