Immobilien können in Krisensituationen nicht physisch an einen anderen Ort verlegt werden wie Schiffe oder Flugzeuge, Gold, Oldtimer oder Kunstgegenstände. Dementsprechend sind sie unvermeidbar exogenen Einflüssen ausgesetzt. Diese können sich neben den systemimmanenten endogenen Zyklen in Form von langfristigen, kaum tagesaktuell beobachtbaren Strukturveränderungen auch in Form von plötzlichen Schocks äußern.
Exogene Kräfte werden, wenn sie völlig unerwartet und kurzfristig eintreten, laut Nassim Taleb „schwarze Schwäne“ (engl.: Black Swans) genannt. Im 17. Jahrhundert wurden damit Ereignisse bezeichnet, die nicht existierten, unerwartet waren und extreme Folgen nach sich zogen. Solche Schocks können den Verlauf von Immobilienzyklen maßgeblich beeinflussen, da sie einen Impuls in das endogene System entsenden, der sich sodann mehrperiodig fortsetzt.
Alle Immobilienmärkte, darunter der (I) Mietmarkt, der (II) Transaktionsmarkt, der (III) Projektentwicklungsmarkt, der (IV) Bestandsmarkt sowie der (V) dem Projektentwicklungsmarkt vorgelagerten Markt für Grundstücke und Land, können einen plötzlichen Schock erleben.
Nachfolgende Abbildung zeigt, dass Immobilienmärkte direkt voneinander abhängen und exogenen Kräften ausgesetzt sind, die das Gesamtsystem „Immobilienmarkt“ im Zeitverlauf ändern.
Das seit Ende 2019 auftretende und ab Mitte März 2020 als Pandemie eingestufte Corona-Virus ist ein schwarzer Schwan. Es löst nämlich ein nicht vorhersehbares, sich mit enormer Geschwindigkeit verbreitendes globales Ereignis aus, das direkten Einfluss auf die Gesundheit großer Teile der Weltbevölkerung und negative Folgen für die Wirtschaft hat.
In einer ersten Phase erleiden derzeit die Branchen Tourismus, Mobilität, Event oder Gastronomie Umsatzeinbrüche. In einer zweiten Welle gilt dies für nahezu alle Branchen durch das Einstellen, Vermindern oder Verbot von Produktion oder Dienstleistungem aufgrund von Infektionsfällen in der Belegschaft oder Ansteckungsgefahr auf der Angebotsseite und durch das Vermindern oder Einstellen von Käufen und Konsum über Versorgungs- und Schutzgüter hinaus aufgrund hoher Unsicherheit auf der Nachfrageseite.