Denominator-Effekt Illiquide Asset-Klassen – erst Pflicht, jetzt Kür

Seite 2 / 2

Vor dem Hintergrund, dass die Asset-Klasse Private Equity seit gut zehn Jahren auf der Überholspur unterwegs ist, stufen nicht wenige Marktteilnehmer die Abkühlung eher als logisch denn als dramatisch ein, da schließlich jeder Zyklus irgendwann ein Ende finden muss. Einen „sehr großen Einfluss“ des Denominator-Effekts auf die Allokationen reglementierter institutioneller Investoren sieht auch Peter Brodehser. „Obwohl kein Cent investiert wurde, sind die Quoten der illiquiden Anlagen durch die Decke gegangen“, so Brodehser, der bis zum vergangenen Jahr das Geschäft mit Infrastruktur-Investments für die Ampega, den Vermögensverwalter der Talanx, aufbaute und nun das Thema Infrastruktur bei der DWS mitverantwortet.

 Für ihn ist besagter Effekt dem Grunde nach kein Problem, er hat jedoch Konsequenzen auf das Anlageverhalten zahlreicher institutioneller Investoren. Die Anlagevolumina im Bereich der illiquiden Investments reduzieren sich. Dass institutionelle Investoren deshalb gezwungen sind, sich von illiquiden Positionen zu trennen, um Quoten auf ein geringeres Niveau zu drücken, glaubt Brodehser jedoch nicht. Auch die Anlagerichtlinie stellt er nicht infrage, im Gegenteil. „Insbesondere in den illiquiden Asset-Klassen verbieten sich permanente Lenkbewegungen. Der Zeithorizont der Strategie muss dem langfristigen Anlagehorizont Rechnung tragen.“ Man könne diese Asset-Klasse laut Brodehser „nicht an- und ausschalten wie eine Lampe“.

Stefan Klimpel, CIO bei der HDI Deutschland, verfällt ebenfalls nicht in Panik. „Als Liability Driven Investor nehmen wir Asset-Klassen langfristig in das Anlageuniversum auf. So nutzen wir die Asset-Klassen Private Equity und Infrastruktur seit sehr langer Zeit und nicht ausschließlich vor dem Hintergrund der Niedrigzinsphase.“ Reglementiert wird ein Investor in seinen Augen eher durch die Risikotragfähigkeit: „Die Zielquote und die sich daraus ergebenden Schwankungen muss man langfristig tragen können.“ Gegebenenfalls wurden auch bereits Zielquoten erreicht, so dass seiner Meinung nach aus der „Pflicht der Neuanlage die Kür des Bestandsmanagements wird“. Diese zu bestehen, ist derzeit auch in Klimpels Augen fordernd: „Typischerweise werden bei schwankungsanfälligen Assets in der Regel Aktien genannt. Erstaunlicherweise sind jedoch die anderen klassischen Asset-Klassen wie beispielsweise Bonds und Creditspreads nicht weniger volatil und beeinflussen die Anlagen aktuell wesentlich mehr“, gibt er zu bedenken: „Man muss sich sogar fragen, was nicht volatil geworden ist.“

Zumal der Denominator-Effekt auch bei Sachwerten zu spüren ist. Seit der Gründung im Jahr 2011 ist das Multi Family Office Tresono auf Immobilien spezialisiert. Da nicht an regulatorische Quoten gebunden, gibt es Stimmen in der Branche, die Family Offices nun goldene Zeiten auf dem Immobilienmarkt vorhersagen – zumindest das Angebot wächst derzeit. „Wir schauen uns im Jahr im Normalfall 800 bis 900 Angebote an, in den verschiedensten Bereichen. 2022 waren es 1.300. Warum? Weil viele gesehen haben, dass Refinanzierungen schwieriger geworden sind – also sprechen sie mit Family Offices“, sagt Sven Tomitza, der bei Tresono den Bereich Immobilien verantwortet. Mehr Zukäufe hatte das nicht zur Folge: „Wir sind jedoch nicht da, um veraltete Exit-Fantasien zu befriedigen“, sagt Tomitza und betont: „Immobilien müssen unserer Renditeanforderung entsprechen. Tun sie das, realisieren wir die Übernahme gerne mit 100 Prozent Eigenkapital.“

 

 

 

Tresono-Gründungspartner Stephan Knichel ergänzt: „Sicher können
unsere Klienten mit ihrem Eigenkapital Immobilien kaufen, dafür wollen sie aber auch einen ökonomischen Gegenwert haben.“ Darauf, dass professionelle Investoren wegen ihrer Geschäftsordnung gar nicht unter Buchwert verkaufen dürfen, verweist zudem Tomitza. Diese Marktteilnehmer müssten demnach in den kommenden Jahren zunächst ihre Buchwerte anpassen. Ist das nicht geschehen, wird es keine Immobilienverkäufe geben. Den meisten Druck und damit die für Tresono vielversprechendsten Chancen erwartet er im Bereich der Projektentwicklungen, da der Markt in seinen Augen heiß gelaufen und die Exit-Struktur, die benötigt wird, weggebrochen ist. „Wirkliche Notverkäufe haben wir bislang aber nur selten gesehen.“

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen