private banking magazin: Herr Treacy, es begann mit Corona, Lieferketten wurden unterbrochen, dann der russische Angriffskrieg, Zinswende und Inflation. Was macht das mit der globalen Immobilienwirtschaft? Haben wir einen Punkt erreicht, an dem Immobilieninvestitionen nicht mehr rentabel sind, beispielsweise im Vergleich zu Anleihen?
Simon Treacy: Das hohe Maß an VUCA (Volatilität, Ungewissheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit) auf den globalen Märkten in Verbindung mit dem hohen Zinsumfeld hat die meisten Investoren dazu veranlasst, bei Investitionen auf allen Märkten eine vorsichtige Haltung einzunehmen. Das Zinsumfeld und die moderate Nutzernachfrage führen dazu, dass die Immobilienmärkte eine Phase der Neubewertung durchlaufen. Dieser Prozess begann im Jahr 2022 und wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen, bis er vollständig abgeschlossen ist. Das Tempo der Anpassung ist von Markt zu Markt unterschiedlich, und es sind folgende Faktoren im Spiel:
- Geringes Transaktionsvolumen und begrenzte Preisfindung.
- Die Nutzermärkte und das Mietwachstum bleiben in den meisten asiatischen Märkten gesund. Mit der fortschreitenden Erholung wird die positive Mietentwicklung in unseren Augen dazu beitragen, die Preise in den meisten Anlageklassen zu stützen und abzufedern.
- Das derzeitige Tempo der Zinserhöhungen hat sich angesichts der gedämpften makroökonomischen Aussichten im Vergleich zum Vorjahr verlangsamt, und es besteht die Möglichkeit, dass die Zentralbanken noch vor Jahresende zu einer neutralen Haltung übergehen, bevor sie danach weitere Lockerungen vornehmen.
Sobald die derzeitige Neubewertungsphase vollständig durchlaufen ist, werden Immobilien ein Anker in den Portfolios der Anleger bleiben, nicht nur als Diversifizierer, sondern auch als Anlageklasse, die Alpha generieren kann. In den vergangenen 15 Jahren haben Direktimmobilien eine Prämie von 400 bis 500 Basispunkten über dem risikofreien Zinssatz erzielt. Wir glauben, dass sich dies auch in Zukunft nicht ändern wird.
Was ist in ihrem Kernmarkt Asien noch zu beachten?
Dies wird ein entscheidendes Jahr sein, in dem die Kapitalströme nach einer dreijährigen Unterbrechung aufgrund von Covid-19 wieder nach Asien zurückkehren werden. Die Anleger haben eine Pause eingelegt, um die Ereignisse der letzten Jahre und ihre Auswirkungen auf die Immobilienmärkte zu verdauen. Nach mehrmonatigen Gesprächen mit Anlegern haben wir jedoch festgestellt, dass sie weiterhin investieren und ihre Portfolios über Europa hinaus in den Asiatisch-Pazifischen Raum (APAC) diversifizieren werden, da die Märkte in dieser Region starke Fundamentaldaten aufweisen.
In Zeiten der Unsicherheit ziehen sich viele – insbesondere institutionelle – Immobilieninvestoren zurück und investieren, wenn überhaupt, nur noch in ihren Heimatmärkten...
Treacy: Deutschland verfügt über einen sehr bedeutenden inländischen Markt für institutionelle Anleger, und es besteht die Gefahr, dass zu viel Kapital auf die gleichen Geschäfte in nur einer Handvoll bevorzugter Sektoren fokussiert wird. Ein weiteres Risiko, das mit der Konzentration auf den Heimatmarkt verbunden ist, besteht darin, dass Investoren ein falsches Gefühl von Expertise entwickeln und die aktuellen Kapitalisierungsraten mit dem Marktstand von vor 18 Monaten vergleichen, anstatt die Risikoprämien und die erzielbaren Renditen vor dem Hintergrund erhöhter Finanzierungskosten und höherer erforderlicher Kapitalisierungsraten für den Exit zu betrachten.
Welche Vorteile kann die die APAC-Region ihrer Meinung nach bieten?
Treacy: Die Region bietet in meinen Augen mehr Möglichkeiten als Europa und die USA, und die Vorzüge von Investitionen in Asien sind nicht nur taktischer Natur. Anleger sollten ihr Engagement kontinuierlich ausbauen, um von langfristigen Wachstumstrends und den besseren makroökonomischen Aussichten zu profitieren. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt für Anleger, die Sektorallokationen innerhalb ihres globalen Sachwertportfolios zu überprüfen, neu zu kalibrieren und zu diversifizieren, um dem Marktrisiko und den Auswirkungen des Nennereffekts entgegenzuwirken. In der Vergangenheit haben Phasen von Marktkorrekturen sehr gute Einstiegsmöglichkeiten geboten, um überdurchschnittliche Renditen zu erzielen. Wir gehen davon aus, dass die nächsten 12 bis 18 Monate für Anleger überzeugende Perspektiven bieten werden.
Gibt es weitere Vorteile?
Treacy: Die Region ist reich an Wachstumsmärkten, mit einer Reihe von Städten, die durch säkularen Rückenwind und robustes wirtschaftliches Wachstumspotenzial gut unterstützt werden. Wir gehen davon aus, dass die fortschreitende Institutionalisierung der hiesigen Märkte den Pool an Anlageprodukten vertiefen und deren Reifegrad beschleunigen wird. Darüber hinaus haben die APAC-Währungen, zum Teil aufgrund von Zinsdifferenzen, seit 2021 gegenüber dem US-Dollar stetig an Wert verloren. Dies könnte ein zusätzlicher Anreiz für Anleger sein, die ihr Engagement in der Region erhöhen wollen.