In den Jahren ab 2009 kam der Markt in einem Umfeld niedriger Zinsen rasch wieder in Gang. Denn niedrige und weiter sinkende Zinsen begünstigten damals die Nachfrage nach Real Assets, weil in dieser Assetklasse häufig mit hohen Fremdfinanzierungshebeln oder ähnlichen Finanzierungsmodellen gearbeitet wird. Ein vergleichbarer (Aus-)Weg zeichnet sich im aktuellen Marktumfeld nicht ab, auch wenn die über alle Sektoren hinweg zu beobachtenden soliden Fundamentaldaten die Mietwerte stützen.
3. Rolle der Banken
Banken waren 2007 mit der Krise eng verflochten, weil sie Zwangsverkäufe bei ihren Kreditnehmern ins Rollen brachten. Aktuell ist dies noch nicht zu erkennen. Einer der Gründe, warum wir keine vergleichbare Entwicklung im aktuellen Umfeld erleben, liegt darin, dass das Fremdfinanzierungsniveau (Leverage) in der Finanzkrise vor rund 15 Jahren höher war und Banken damals weniger Eigenkapital unterlegt hatten. Im Zuge der Bankenregulierung in den darauffolgenden Jahren wurden die Eigenkapitalanforderungen an die Banken erheblich verschärft. Regelmäßige Stresstests sind mittlerweile Pflicht.
Entsprechend lösten die Schieflage und das darauffolgende Ende der Credit Suisse sowie der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank im Frühjahr 2023 keine Kettenreaktion im Finanzsektor aus. Dies ermöglicht einen flexibleren Umgang mit kritischen Immobilienkrediten in welchem neben der reinen Schaffung von Liquidität auch mittelfristige Werterhaltung berücksichtigt werden kann. Aufgrund von Syndizierungen und vorsichtigerer Kreditvergabe stehen die Banken somit aktuell nicht im Zentrum der Schwierigkeiten auf den Immobilienmärkten.
4. Keine Überbauungssituation
Anders als in früheren Krisen ist der Immobilienmarkt dieses Mal nicht in einer allgemeinen Situation der Überbauung. Deshalb erfolgte vor allem aus den Mietmärkten in den letzten Quartalen noch eine deutliche Stabilisierung der Kapitalwerte, was in der globalen Finanzkrise nicht der Fall war und Bankenpleiten weltweit begünstigte, da Wertverluste auf den Immobilienmärkten tendenziell verstärkt wurden.
5. Assetklassen lassen sich nicht in einen Topf werfen
In der Niedrigzinsphase sind viele Investoren Schritt für Schritt dazu übergegangen, Immobilien als Alternative zu Staatsanleihen zu sehen. Diese Gleichsetzung greift zu kurz und die aktuelle Marktsituation zeigt dies mit Nachdruck. Während zum Zeitpunkt der vergangenen Krise vielen Investoren die Unterschiede beider Assetklassen noch geläufig waren, stehen wir jetzt vor der Aufgabe, die fundamentalen Unterschiede wieder stärker ins Bewusstsein zu bringen.
Fazit
Die Immobilie ist keine Alternative zur Staatsanleihe. Sie ist eine eigene Assetklasse, hat andere Liquiditätsthematiken, und sie weist andere Eigenschaften bei den laufenden Erträgen auf. Der stetige Einkommensstrom, den Immobilien oft in Form von inflationsindexierten Mieterträgen generieren, erweist sich – nach Jahren des Niedrigzinsumfelds – plötzlich wieder als signifikanter Unterschied und sollte bei einem Vergleich mit Staatsanleihen wieder stärker berücksichtigt werden.
Zwar emittiert die Bundesrepublik seit Jahren inflationsindexierte Bundesanleihen, ihr Anteil am jährlichen Auktionsvolumen beträgt indes seit 2006 im Schnitt lediglich etwa drei Prozent. Investoren, die sich in einem Umfeld anhaltend hoher Inflation absichern wollen, sollten trotz aller Diskussionen über noch notwendige Preisanpassungen diese Vorteile der Assetklasse Immobilien nicht aus den Augen verlieren. Denn die Inflationserwartungen bleiben unverändert hoch. Einer aktuellen Umfrage des Ifo-Instituts zufolge erwarten die befragten Expertinnen und Experten auch bis 2026 keine Rückkehr auf das von der EZB ausgegebene Inflationsziel von 2 Prozent.
Immobilien sind als Inflationsschutz geeignet. Sie haben aber auch dank ihrer Aussicht auf langfristige Wertsteigerungen ein höheres Renditepotenzial als Festverzinsliche, die im aktuellen Marktumfeld steigender Zinsen Vermögensverluste einfahren.
Hinzu kommen bei Immobilien die sogenannten Asset-Management-Themen, die zusätzliche Chancen bieten: Anders als in den Jahren nach 2007 hat sich das Leveraged-Beta-Fenster geschlossen. Heute kommt es darauf an, Immobilien-Assets neu zu positionieren und ihre Erträge durch aktives Asset Management zu steigern. Wir befinden uns bereits in einem Asset Management Zyklus. Auch darin unterscheidet sich der Markt bereits deutlich von der Marktentwicklung der Assetklasse Immobilien in den Jahren nach 2007.
Über den Autor
Marcus Cieleback ist seit 2008 Stadt-Chefökonom der Patrizia. Vor dieser Zeit war in leitenden Positionen bei Eurohypo und der Meag tätig.