Dank Family Offices und Co. Darum sollte der Blick auf den Büroimmobilienmarkt positiver ausfallen

Sarah ?ervinka, Geschäftsführerin, Knight Frank München: „Wichtig ist vor allem, dass wieder verstärkt großflächige Abschlüsse von 10.000 Quadratmetern oder mehr realisiert werden.“

Sarah Cervinka, Geschäftsführerin, Knight Frank München: „Wenn ein Büroinvestment heute wie der Griff ins fallende Messer erscheint, ist dies jedoch in Wahrheit eine in dieser Form wahrscheinlich einzigartige Kaufgelegenheit.“ Foto: Knight Frank

Die Stimmung auf den Büroimmobilienmärkten ist verhalten, nach wie vor sind viele Investoren eher zögerlich. Der Büromarktindex pbbIX der Deutschen Pfandbriefbank erreichte 2024 mit einem Wert von minus 2,01 sogar einen neuen Tiefststand seit dem Auftaktquartal 2009. Allerdings sehen die Analysten einen Rückgang des Negativtrends in Erwartung einer beginnenden Bodenbildung.

Erste Akteure – vorrangig Family Offices – treten langsam aus ihrer abwartenden Haltung heraus und werden in dem derzeitigen Marktumfeld aktiv, um die Opportunitäten am Markt zu nutzen. Denn oftmals ist der Gesamtblick auf die Lage im Großen und Ganzen zu negativ. Anfangsrenditen oberhalb der Vier-Prozent-Marke wie beispielsweise mit 4,2 Prozent in München sorgen für Wertsteigerungspotenziale. Zudem gibt es weitere Indikatoren, die für eine aufkeimende Entwicklung sprechen.

Blick auf Markt für Büroimmobilien fällt zu negativ aus

Derzeit werden auf den Transaktionsmärkten sämtliche negativen Aspekte eingepreist. Dabei fließen auch die verhaltenen ökonomischen Fundamentaldaten in Deutschland mit lediglich 0,2 Prozent erwartetem Wirtschaftswachstum sowie die allgemeine Befürchtung einer insgesamt sinkenden Büroflächennachfrage in Zeiten von Homeoffice und hybridem Arbeiten mit ein.

Leerstände dürfen nicht überbewertet werden

Allerdings fällt der Blick auf den Büroimmobilienmarkt zu negativ aus. Eine Studie des Ifo Instituts ergab kürzlich, dass der absolute Büroflächenbedarf bis 2030 um zwölf Prozent sinken könnte. Das entspräche einem zusätzlichen Leerstand von rund 11,5 Millionen Quadratmeter Bürofläche. So kritisch dies auch klingen mag, ist dies noch lang kein Grund für einen allgemeinen Abgesang auf das Büro. Die Leerstände werden vor allem in älteren Objekten steigen, die verglichen mit dem Homeoffice keinen Mehrwert bieten. Moderne, den Leitgedanken von New Work entsprechende Immobilien werden davon eher nicht betroffen sein.

 

Insgesamt dürfen die Leerstände nicht überbewertet werden. Zwar sind die Werte verglichen mit dem ersten Halbjahr 2023 um über 25 Prozent gestiegen. Allerdings liegen die Büromärkte von Top-Städten wie Köln oder Hamburg noch immer unter der Fünf-Prozent-Marke. München und Berlin bewegen sich zwischen sechs und sieben Prozent, lediglich Frankfurt und Düsseldorf verzeichnen zweistellige Leerstandsraten. Eine solche Leerstandsquote ist im internationalen Vergleich nicht ungewöhnlich: Für die USA wurde von Moody’s im zweiten Quartal 2024 eine durchschnittliche Leerstandsrate von 20,1 Prozent ermittelt.

Großflächige Vermietungen stützen den Immobilienmarkt

Ein Blick auf die Vermietungsumsätze in den deutschen Bürometropolen zeigt weitgehende Stabilität. Insgesamt wurden rund 1,25 Millionen Quadratmeter Fläche vermietet, was in etwa dem Vorjahresniveau entspricht. Im Münchner Büroimmobilienmarkt stieg das Vermietungsvolumen im ersten Halbjahr 2024 nach den Erhebungen von Knight Frank zufolge um 23 Prozent auf 294.000 Quadratmeter im Vergleich zum Vorjahreszeitraum an.

Damit steht München an der Spitze der Top-7-Märkte. Wichtig dabei ist vor allem, dass wieder verstärkt großflächige Abschlüsse von 10.000 Quadratmetern oder mehr realisiert werden. Hier zeigt sich eindeutig, dass viele Unternehmen trotz der moderaten gesamtwirtschaftlichen Lage expandieren und in neue, innovative Arbeitsumgebungen investieren wollen.

Spitzenmieten unterstreichen das Potenzial

Es ist jedoch klar ersichtlich, dass sich die Schere zwischen hochwertigen, zertifiziert nachhaltigen Core-Büroimmobilien immer weiter öffnet. Den deutlichsten Indikator dafür bilden die Spitzenmieten, die in sämtlichen deutschen Top-Städten stabil geblieben sind. München verzeichnete im ersten Halbjahr 2024 sogar einen Anstieg von 46 auf 52 Euro je Quadratmeter.

Angesichts der perspektivisch wieder positiveren wirtschaftlichen Entwicklungen sowie der Flächenknappheit bei solchen hochwertigen Büroimmobilien dürfte sich der Anstieg der Mieten auch weiterhin fortsetzen.

 

Welche Zertifikate zu höheren MIeteinnahmen führen

Für peripher gelegene, ältere oder mit sonstigen Mängeln behaftete Objekte wird die (Wieder-)vermietbarkeit jedoch schwerer. In einigen Fällen sollten sich die jeweiligen Eigentümer und Asset Manager frühzeitig um ein alternatives Nutzungskonzept kümmern. In den kommenden Jahren dürfte dieser Trend noch durch eine gewisse „Wanderungsbewegung“ zahlreicher Mieter zunehmen. Immer mehr international agierende Unternehmen, aber auch deutsche Mittelständler halten sich an eine klare Nachhaltigkeits-Agenda, um auf Firmenebene die Klimaziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Dies ist jedoch nur mit modernen, zertifiziert nachhaltigen Immobilien möglich.

Insgesamt wird dadurch die Flächennachfrage weitgehend gleichbleiben. Während jedoch die aktuellen Leerstände in den Top-Immobilien sowie den CBD-Lagen absorbiert werden, dürfte sich die Situation in der Peripherie zuspitzen. Wir erleben also einen klaren „Flight to Quality“ seitens der Nutzer – ein Trend, der höchstwahrscheinlich unumkehrbar ist. Für die Eigentümer dieser Immobilien handelt es sich wiederum um einen wichtigen wertbestimmenden Faktor.

Bereits im Jahr 2021 hat Knight Frank für das Londoner Bürosegment ermittelt, dass ein BREEAM-Outstanding-Zertifikat zu 12,3 Prozent höheren Mieten verglichen mit einer nicht-zertifizierten Immobilie führt. Für die deutschen Bürostandorte und die DGNB-Platinzertifizierung dürfte sich der Sachverhalt ähnlich gestalten (wobei auch hierzulande immer wieder Objekte gemäß BREEAM zertifiziert werden).

Die Pipeline wird leerer

Zurzeit erleben wir also zumindest bei Top-Immobilien die ungewöhnliche Kombination aus deutlich gefallenen Kaufpreisen bei gleichbleibenden bis steigenden Mieten. Für Investoren mag vor allem ersteres abschreckend wirken: Immobilien, die noch zum Jahresende 2021 für den Faktor 35 gehandelt wurden, werden nun für ganze zehn Jahresnettokaltmieten weniger angeboten. Auch der Refinanzierungsbedarf von 100 Milliarden Euro sowie die anrollende NPL-Welle sagt wenig über das eigentliche „Produkt Büroimmobilie“ aus – sondern bedingt sich vor allem aus wirtschaftlichen Zusammenhängen heraus.

Wenn ein Büroinvestment heute wie der Griff ins fallende Messer erscheint, ist dies jedoch in Wahrheit eine in dieser Form wahrscheinlich einzigartige Kaufgelegenheit. Dies unterstrich auch Blackstone-Chef Stephen Schwarzman kürzlich in einem Interview. Er sieht die europäischen Immobilienmärkte –und dort nicht nur das Office-Segment – als spannendsten Markt weltweit.

Neben dem stabilen Vermietungsmarkt und den niedrigen Preisen kommt gerade auf den Büroimmobilienmärkten noch ein wichtiger dritter Faktor hinzu. Die Pipeline für neue Flächen wird zunehmend leer – auch im Premiumsegment. Zahlreiche Projekte, die vor 2022 begonnen wurden, müssen nun neu kalkuliert werden, während die Baustellen stillstehen.

Neue Projekte werden verschoben oder komplett abgesagt. Knight Frank zufolge befinden sich 2024-2026 in München 712.000 Quadratmeter Fläche im Bau, von denen bereits circa 34 Prozent  nicht mehr verfügbar sind. Wenn zunächst also die aktuellen Leerstände absorbiert und danach die in Umsetzung befindlichen Büros vorvermietet werden, kann ein Angebotsmangel deutlich schneller als vom Markt erwartet entstehen.

 

Ähnliches erleben wir zurzeit im Segment der Logistikimmobilien, wo die Spitzenmieten trotz verhaltener wirtschaftlicher Rahmenbedingungen so schnell und stark wachsen wie nie zuvor. Eine solche Entwicklung wird sich nicht eins zu eins im Bürosegment einstellen – dazu wiegen die Herausforderungen zu schwer. Dennoch ist das Upside-Potenzial für Investoren zurzeit deutlich stärker als das Downside-Potenzial.

Family Offices als Vorreiter

Es sind vor allem die Family Offices, die neben den angelsächsisch geprägten Investmenthäusern, als Vorreiter fungieren, wenn es darum geht, die Dynamik am Markt wieder anzustoßen. Privatinvestoren und Family Offices sind mit circa 16 Prozent Marktanteil die zweitaktivste Investorengruppe hinter Asset- und Fondsmanagern. Laut einer Studie von EY investieren Family Offices in Europa (die Schweiz ausgenommen) rund 11 Prozent ihres Kapitals in Immobilien – 30 Prozent planen sogar, diese Quote zu erhöhen.

Und auch im Büroimmobiliensektor könnten sich Chancen bieten. Zwar erleben wir zurzeit, dass sich der Spread zu mündelsicheren Wertpapieren im Jahr 2024 verglichen mit 2023 eher verkleinert hat, da beispielsweise die zehnjährige Bundesanleihe stärkere Renditezuwächse als das Bürosegment verzeichnete. Angesichts einer hartnäckigen Kerninflation und einer eher zögerlich agierenden EZB kann nicht unbedingt erwartet werden, dass die Zinsniveaus und damit die Anleiherenditen schnell und stark sinken.

Für Investoren kann die bewusste Entscheidung gegen Anleihen und für die Büroimmobilie jedoch lohnend sein. Erstens erhält der Investor bei Büroimmobilien einen inhärenten Inflationsschutz – durch die Charakteristika eines Sachwertinvestments sowie durch die indexierten Mietverträge. Zweitens kann der Trend der steigenden Spitzenmieten schon nach kurzer Haltedauer für eine Überperformance verglichen mit der Anleihe sorgen. Drittens schließlich kann eine langsame und moderate Zinswende dafür sorgen, dass die Verkehrswerte der Immobilien nach und nach wieder steigen – wenn auch nicht notwendigerweise auf Vor-Corona-Niveau. All diese Aspekte dürften dafür sorgen, dass sich der Mut der Investoren, jetzt auf Büroimmobilien zu setzen, perspektivisch auszahlen wird.

Über die Autorin

Sarah Červinka ist seit vier Jahren Geschäftsführerin der Gewerbe-und Wohnimmobilienagentur Knight Frank in München. Vor dieser Zeit war sie in unter anderem in leitender Positionen bei JLL tätig.

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