Immobilien in der Vermögensnachfolge, Teil 2 Diese Steuer-Vorteile bietet Nießbrauch bei lebzeitiger Übertragung

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Vorbehaltsnießbrauch bei Schenkung

Der Übergeber kann sich mit Hilfe eines Nießbrauchsrechts den Ertrag über den zu übertragenden Grundbesitz – ganz oder teilweise – vorbehalten, während die Substanz bereits auf die nächste oder gar übernächste Generation übertragen wird. Wie bereits erwähnt, kann der kapitalisierte Wert des vorbehaltenen Nießbrauchs vom Wert der übertragenden Immobilie abgezogen werden. Die Bestimmung des Kapitalwerts hat der Gesetzgeber im Bewertungsgesetz (BewG) ausdrücklich geregelt.

Insoweit gilt im Wesentlichen Folgendes: Grundsätzlich geht es um die Kapitalisierung des Jahreswerts des Nießbrauchsrechts auf den Bewertungsstichtag (Zeitpunkt der Schenkung). Die Abzinsung erfolgt unter Zugrundelegung eines Zinssatzes von 5,5 Prozent pro Jahr und der statistischen Lebenserwartung des Nießbrauchers. Die aus diesen Vorgaben abzuleitenden Kapitalisierungsfaktoren werden vom Bundesministerium der Finanzen jährlich bekannt gegeben. Für eine 60-jährige Frau beträgt der Kapitalisierungsfaktor aktuell 13,856, für einen gleichaltrigen Mann 12,810.

Der Jahreswert eines vorbehaltenen Nießbrauchs an einer vermieteten Immobilie entspricht dem tatsächlich erzielten Netto-Mietertrag oder der üblichen Miete, die am jeweiligen Ort erzielbar wäre. Allerdings kann gemäß Paragraf 16 BewG der zu kapitalisierende Jahreswert nicht höher sein als 1/18,6 des gemeinen Werts der belasteten Immobilie selbst. So verhindert das Gesetz, dass der Wert des Nießbrauchs. bei entsprechend langer Laufzeit, den Wert der Immobilie übersteigen kann.

Beispiel: Ein Mehrfamilienhaus hat einen steuerlich maßgeblichen Wert von 600.000 Euro. Der 60-jährige Eigentümer möchte die Immobilie unter Nießbrauchsvorbehalt an seine Tochter verschenken. Die jährlich erzielten Netto-Mieten belaufen sich auf 35.000 Euro. Zur Ermittlung des Werts des Nießbrauchs ist zunächst dessen Jahreswert zu bestimmen. Dieser beträgt vorliegend eigentlich 35.000 Euro, ist aber auf 1/18,6 des Werts der Immobilie gedeckelt, also auf einen Betrag von 32.258 Euro. Dieser Jahreswert wird mit dem amtlich festgelegten Faktor von 12,810 vervielfältigt, sodass sich ein Wert des Nießbrauchs in Höhe von 413.225 Euro ergibt. Dieser kann zur Bestimmung der schenkungsteuerlichen Bemessungsgrundlage vom Wert der Immobilie abgezogen werden, sodass anschließend ein Betrag von 186.775 Euro verbleibt. Da das Objekt insgesamt zu Wohnzwecken vermietet ist, kann hiervon noch die sachliche Steuerbefreiung für Wohnimmobilien (zehn Prozent, also 18.677 Euro – Paragraf 13d ErbStG) in Abzug gebracht werden, sodass schlussendlich nur noch 168.098 Euro verbleiben.

Soweit der Nießbraucher aufgrund seines Nutzungsrechts weiterhin die Vermieter-Rolle einnimmt, erzielt er – und nicht der Beschenkte beziehungsweise der neue Immobilien-Eigentümer –Einkommensteuer wichtige Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Demzufolge ist auch nur er berechtigt, zusammen mit der Vermietungstätigkeit anfallende Werbungskosten geltend zu machen. Dies gilt beim Vorbehaltsnießbrauch auch für anfallende Abschreibungen auf die Immobilie. Im Ergebnis ändert sich also bei einem 100-Prozent-Nießbrauch im Einkommens-Steuerrecht die Situation gegenüber dem Zustand vor der Schenkung gar nicht.