Wöchentlich lesen wir gerade in den einschlägigen Immobilien-Gazetten über größere Verkäufe von Einzelimmobilien oder größeren Portfolios durch offene Immobilien-Publikumsfonds. Diese müssen Objekte verkaufen, damit sie genug Geld haben, um private Anleger auszuzahlen, die ihre Anteile zurückgeben möchten.
Anleger können ihre Anteile monatlich an die Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) zurückgeben. Diese zahlt ihnen dann den Wert aus, den ein Anteil am Tag der Rückgabe hat. Immobilienverkäufe in dieser Marktphase führen allerdings nicht zu positiven Investmenteffekten für die ausscheidenden und verbleibenden Anleger.
Bei den geschlossenen Immobilien-Publikumsfonds – bisher nur auflegbar als sogenannte Investment-Kommanditgesellschaften, bei denen die Anleger eine Beteiligung an einer Personengesellschaft erwerben – gibt es dieses Phänomen schon rein technisch nicht, da hier die Anleger über die vorab festgelegte Laufzeit keine Rückgabe ihrer Anteile verlangen können.
Aber auch ohne diese technische Einschränkung gäbe es dieses Problem in größerem Maße aktuell eher nicht, da in der letzten Dekade die Zeichnungen von Anteilen an geschlossenen Immobilien-Publikumsfonds nur auf einem vernachlässigbaren Niveau stattgefunden haben. Das Produkt war weder für die Anleger noch für den Vertrieb der Fonds attraktiv. Auf der (Banken-)Vertriebsseite war ein wesentlicher Grund, dass die Dokumentationsanforderungen an den Vertrieb des Produkts „Beteiligung“ zu hoch waren.
Fondsmarktstärkungsgesetz
Dies soll sich nun ändern. Mit dem Anfang Oktober 2024 von der Bundesregierung verabschiedeten Gesetzentwurf eines sogenannten Fondsmarktstärkungsgesetzes soll die Möglichkeit geschaffen werden, geschlossene Publikumsfonds auch in Form eines Sondervermögens aufzulegen. Seit knapp zehn Jahren machten wir uns hierfür in den Verbänden, insbesondere im Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA), stark, dass dies möglich wird.
2021 hatte der Gesetzgeber zwar schon diese neue Rechtsform eines geschlossenen Sondervermögens eingefügt, dessen Gebrauch aber auf den Spezialfondsbereich eingeschränkt. Nun soll sie auch für die Publikumsfonds geöffnet werden.
Dem Vertrieb soll es damit möglich werden, Anlegern Wertpapiere in Form von Anteilsscheinen an einem geschlossenen Publikumsfonds anzubieten. Die Vertriebsdokumentation für Wertpapiere ist Standard bei den Banken und freien Vertrieben. Sie ist analog zu der für Aktien und Anleihen ausgestaltet und ist tägliche Praxis des Vertriebs. Der lästige Dokumentationsaufwand für den Vertrieb von Beteiligungen an geschlossenen Investment Kommanditgesellschaften würde entfallen.
Dies könnte Vertriebe motivieren, das Produkt ihren Kunden wieder anzubieten. Auch ertragsteuerlich ist das Sondervermögen für die Anleger viel einfacher als eine Investment-KG. Die Steuern zahlt der Fonds, Ausschüttungen unterliegen der Kapitalertragsteuer. Der Anleger selbst muss nichts mehr versteuern.
Bei der Investment-KG hingegen bekommt der Anleger – für ihn in der Regel unverständliche
– steuerliche Mitteilungen vom Initiator und muss selbst die Besteuerung im Rahmen
seiner Einkommensteuererklärung vornehmen. Zusätzlich werden häufig Bescheide geändert, dies führt jedes Mal beim Anleger zu administrativem Aufwand.
Materiell ist während der Haltephase die Besteuerung mit circa 26 Prozent insgesamt beim
Sondervermögen deutlich niedriger als bei der Investment-KG mit circa 45 Prozent individuellem Steuersatz. Allerdings können keine Verluste vom Anleger genutzt werden. Bei der Veräußerung einer Immobilie außerhalb der 10-Jahres-Frist punktet allerdings die Investment-KG mit der Steu-
erfreiheit, während beim Sondervermögen auch dann circa 26 Prozent fällig werden.
Von den Immobilienanlagen selbst her waren sowohl die offenen als auch die geschlossenen Fondsprodukte in der Vergangenheit häufig nicht besonders attraktiv. Im offenen Bereich wurden
häufig sogenannte Core-Objekte mit niedrigen Renditen angekauft; im geschlossenen Markt wurden meistens Single-Tenant-Objekte erworben, nach Auszug des einzigen Mieters war die Im-
mobilie dann häufig „distressed“ und der Initiator oft nicht in der Lage, die Immobilie wiederzubeleben.
Es bleibt zu hoffen, dass die Initiatoren in Zukunft mehr Kreativität bei der Auswahl der Fondsstrategien und Anlagen entwickeln. So genannte Value-Add-Strategien können in der aktuellen Restrukturierungslage am deutschen Immobilienmarkt auch für Privatanleger spannend sein, wenn der Initiator die Wertschöpfungskompetenz zur Transformation von distressten Immobilien in neue Nutzungsarten mitbringt. Auch Betreiber-Immobilien können aufgrund der demografischen und gesellschaftlichen Entwicklung interessant sein – mehr
hierzu nachfolgend beim Eltif 2.0.
Zuletzt könnte das geschlossene Publikums-Sondervermögen Anlagemöglichkeiten für Privatanleger in Infrastruktur-Anlagen möglich machen. Seit Beginn der Energiekrise 2022 wird viel darüber gesprochen, dass Investoren nun mehr Infrastruktur- als Immobilien-Anlagen verfolgen wollen. Für den Publikumsanleger gibt es bis dato allerdings fast kein Produkt. Hier
besteht eine große Anbieterlücke.
Im weiteren Verfahren wird das Gesetz, nachdem der Bundesrat sich damit befasst hat, ab Mitte Dezember im Bundestag behandelt. Mit einer Verabschiedung ist im ersten Quartal 2025 zu rechnen, in Kraft treten soll das Gesetz Anfang 2026. Dann hätten die Fondsinitiatoren ungefähr ein Jahr Zeit, erste Produkte vorzubereiten.
Eltif 2.0 – Bafin sieht Opportunitäten
Seit seiner Einführung im Jahr 2015 war der European Long-Term Investment Fund (Eltif) keine große Erfolgsgeschichte: In Luxemburg wurde lediglich eine zweistellige Zahl der Vehikel aufgelegt, in Deutschland kein einziger; das Investitionsvolumen betrug bis Ende 2022 überschaubare 11 Milliarden Euro.
Zum Vergleich: Das Vermögen in alternativen Investmentfonds (AIF) kumulierte sich bislang auf 7 Billionen Euro. Das könnte sich jetzt ändern: Die EU hat das Produkt Eltif grundlegend überarbei-
tet, die Bafin am 1.2.2024 entscheidende Fragen dazu beantwortet. Dadurch bieten sich Fondsmanagern neue Möglichkeiten, flexible und renditestarke Fonds aufzulegen.
Offene Immobilien-Investment AG
In Deutschland kann ein offener Fonds bis dato nur als Sondervermögen ausgestaltet
werden. Eine Investment-AG ist bislang nur als geschlossener Fonds machbar. Gerade in Krisenzeiten würden Institutionelle Anleger häufig gerne eine nicht performende Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) als Asset Manager austauschen. Ein Wechsel der KVG würde bei einem Sondervermögen – in der üblichen Treuhandversion – allerdings Grunderwerbsteuer auslösen.
Die Investment-AG als eigene Rechtspersönlichkeit ist selbst Zurechnungsobjekt für die Grunderwerbsteuer. Es ist daher möglich, die KVG grunderwerbsteuerneutral auszuwechseln.
Einige Fondsmanager aus dem Publikumsmarkt haben sich schon aufgemacht, Aktien von Immobilien-SPVs als digitale Token zu vermarkten, die in eine Blockchain des Privatanlegers übertragen werden. Allerdings sind hier nach meinem Verständnis viele Rechtsfragen noch
ungeklärt. Mit der neuen offenen Investment-AG würde eine rechtssichere Form für Publikumsfonds geschaffen, mit der digital-affine Privatanleger erreicht werden können.
Anlagemöglichkeiten im Ausland
Das deutsche Sondervermögen hat bei der Ausgestaltung als Immobilienfonds einen sehr eingeschränkten Katalog von Anlagegegenständen, namentlich §§ 231 ff. KAGB. Dabei müssen indirekte Investments über Gesellschaften als sogenannte Immobilien-Gesellschaften ausgestaltet werden. Bei einem Eltif müssten ausländische Immobilienrechte nicht mit deut-
schen vergleichbar sein, außerdem kennt der Eltif nicht die Definition einer Immobilien-Gesellschaft. Beides würde Flexibilität schaffen.
Betrieb von Immobilien wird zulässig
Bis dato ist Fonds nur das Halten und Verwalten von Vermögensgegenständen, beispielsweise Immobilien, erlaubt. Ein eigener Betrieb ist – auch mittelbar – unzulässig. Ein Eltif könnte Hotels, Self-Storages, Senior- und Young-Living-Objekte, Pflegeeinrichtungen oder auch Serviced Apartements erwerben und selbst betreiben – gerade in Krisenzeiten, in denen sich Insolvenzen von Betreibern häufen, eine interessante Opportunität. Denn gerade in der aktuellen (Projektentwickler-) Krise überlegen Kapitalverwaltungsgesellschaften, ihr Set-up zu erweitern. Ein Eltif könnte als Beteiligung Asset Manager, Projektentwickler oder Vertriebsplattformen
erwerben und diese selbst managen beziehungsweise betreiben.
Infrastruktur-Investitionen durch den Fonds sind direkt möglich
Bisher dürfen Infrastrukturanlagen, unter anderem beispielsweise Wind- oder PV-Anlagen, von deutschen Fonds nicht direkt erworben und betrieben werden, es ist die Zwischenschaltung einer sogenannten Infrastruktur-Projektgesellschaft notwendig. Diese Anforderung würde entfallen, der Fonds könnte direkt die Anlagen erwerben und betreiben.
Gerade im aktuell schwierigen Marktumfeld sollten Fondsmanager die neuen Möglichkeiten kennen, um sich optimalm zu positionieren. Das geschlossene Sondervermögen für den Publikumsfondsmarkt wie auch die Reform des Eltif können hier einen entscheidenden Beitrag
leisten.
Über den Autor: Alexander Lehnen ist seit Januar 2024 Partner bei der Heussen Rechtsanwaltsgesellschaft. Er ist außerdem Geschäftsführer der ALE Real Assets Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Zuvor war Lehnen Partner bei bei der Kanzlei Arnecke
Sibeth Dabelstein.
Hinweis der Redaktion: Der Beitrag ist vor dem Bruch der Ampel-Koalition in der aktuellen Printausgabe erschienen. Eventuell wird das Fondsmarktstärkungsgesetz nicht mehr vor den Neuwahlen verabschiedet werden. Ist dies der Fall, ist ungewiss, wann und ob die neue Regierung es wieder aufgreift. Eine Auflage über das Eltif 2.0 Regime ist dennoch möglich.