Die Staatengemeinschaft hat sich im historischen Pariser Klimaabkommen 2015 dazu verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die weltweite Temperaturerwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Dafür gilt es in erster Linie, schnell und entschlossen die weltweiten Emissionen von Treibhausgasen zu senken.
Doch dies ist – und das wird häufig missv...
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Die Staatengemeinschaft hat sich im historischen Pariser Klimaabkommen 2015 dazu verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die weltweite Temperaturerwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Dafür gilt es in erster Linie, schnell und entschlossen die weltweiten Emissionen von Treibhausgasen zu senken.
Doch dies ist – und das wird häufig missverstanden – nur ein Mittel zum Zweck. Das Pariser Klimaziel ist ein Temperaturziel, kein Emissionsziel. Und die Maßeinheit für Temperatur lautet Grad Celsius, nicht Tonnen CO2-Äquivalente. Dasselbe gilt für die Klimafreundlichkeit von Kapitalanlagen wie beispielsweise Immobilien: Intuitiv verständlich und Anlageklassen-übergreifend vergleichbar ist ihr Klimaeffekt, wenn er in Grad Celsius Erderwärmung ausgedrückt wird.
Immobilien kommt dabei eine häufig unterschätzte Relevanz zu: Etwa 30 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland sind auf den Gebäudesektor zurückzuführen. Das Einsparpotenzial durch geeignete Sanierungsmaßnahmen und energieeffizienten Neubau ist enorm – und damit auch der potenzielle Klimaeffekt.
Gleichzeitig gewinnt für Investoren und Mieter der Faktor Nachhaltigkeit – und dabei vor allem der Klimaschutz – immer mehr an Bedeutung. Wer will schon in eine Immobilie investieren, die das Pariser Klimaziel deutlich überschreitet? Oder dort einziehen? Doch wie lässt sich Paris-Konformität feststellen? Was genau macht die Klimafreundlichkeit von Bestandsgebäuden aus? Das lässt sich messen und zwar mit einer Methode namens Temperature Alignment.
Asset-Klassen: Oft unklare Definitionen von Nachhaltigkeit
Die Definition der Klimafreundlichkeit von Kapitalanlagen ist bislang recht ungenau. Das gilt für liquide Assets genauso wie für liquide Sachwerte, insbesondere Immobilien. So gibt es zahlreiche Regularien wie die Offenlegungs- und die Taxonomieverordnung der EU, die allgemeine Definitionen zur Transparenz von Anlageprodukten festschreiben, die als „grün“ beworbenen werden. Jedoch definieren sie keine konkreten Klima- oder Nachhaltigkeitsziele.
Zertifizierungen verschiedener Anbieter wiederum erlauben bisher weder eine Vergleichbarkeit untereinander noch eine klare und transparente Berechnung des Klimaeffekts eines Investments, erst recht nicht bei unterschiedlichen Nutzungsarten oder gar über Asset-Klassen hinweg.
Um eine für alle Assets vergleichbare Kennziffer zu finden, gilt es, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: den Kampf gegen den Klimawandel beziehungsweise die globale Erwärmung. Wie genau funktioniert das „Temperature Alignment“ bei Bestandsgebäuden?
Am Anfang steht natürlich die Erhebung der CO2-Emissionen der Immobilie im laufenden Betrieb, bezogen auf ihre Nutzfläche. Diese Emissionsintensität wird dann entlang anerkannter Szenarien über einen langen Zeitraum in die Zukunft prognostiziert. Dieser Klimapfad kann verglichen werden mit den Zielpfaden des „Carbon Risk Real Estate Monitor“ (CRREM).
Die Performance gegen diese Benchmark wird anschließend auf die weltweiten Emissionen hochgerechnet und zu guter Letzt in ein wissenschaftlich robustes Klimamodell eingespeist. So wird also errechnet: Um wie viel Grad Celsius würde sich das Klima erwärmen, wenn die gesamte Welt die gleiche Klimaperformance hätte wie dieses Gebäude? So lässt sich ein zwar hypothetischer, aber dennoch konkreter, vergleichbarer und leicht verständlicher Grad-Celsius-Wert ermitteln.
Noch spannender wird das Konzept, wenn man keine statische Annahme zugrundelegt, sondern eine dynamische Entwicklung der Emissionen: Wie verändert sich der Grad-Celsius-Wert, wenn etwa energetische Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden? Das hängt zunächst vom Einsparpotenzial der jeweiligen Maßnahme ab, aber ganz wesentlich auch von deren Zeitpunkt.
Denn für die Erderwärmung sind nicht die Emissionen an einem bestimmten Stichtag entscheidend – wie wir es von Zielen wie „Netto-Null im Jahr 2040“ kennen –, sondern die Gesamtemissionen über den vollen Zeitraum, bis Nullemission erreicht und gehalten wird. Was zählt, ist also der gesamte Reduktionspfad. Für einen Sanierungsplan bedeutet dies, dass es auf die Reihenfolge der Maßnahmen ankommt. Je früher die wirksamsten Reduktionsmaßnahmen erfolgen, desto effektiver sind sie und desto effizienter lassen sich Sanierungskosten einplanen.
Temperature Alignment für viele Asset-Klassen
Temperature Alignment funktioniert nicht nur in Bezug auf Immobilien. Im Gegenteil, Vorreiter waren entsprechende Berechnungen für Unternehmen – und damit auch für Aktien, Unternehmensanleihen und Private-Equity-Beteiligungen. Inzwischen können sogar Staatsanleihen mit einer Gradzahl erfasst werden. Damit werden die Due Diligence beim Ankauf und das Nachhaltigkeitsreporting eines Gesamtportfolios um eine neue Dimension erweitert: den Klimaeffekt.
Investoren und Asset Manager können den Effekt ihres Portfolios über verschiedene Assetklassen hinweg ermitteln, vergleichen, berichten – und damit aktiv auf einen möglichst geringen Klimaeffekt beziehungsweise eine nachweisliche Transformation in Richtung Paris-Konformität hinsteuern. Das Gleiche gilt für die Bilanzaktiva von Finanzinstituten: „Green Finance“ lässt sich auch mit Zahlen belegen.
Derzeit sprechen die Marktteilnehmer noch unterschiedliche Sprachen, wenn es um die Klimafreundlichkeit von Immobilien-Investments geht. Doch damit verlieren wir wertvolle Zeit. Temperature Alignment könnte die für alle leicht verständliche Sprache sein, die Wirtschaft und Wissenschaft, Finanzmarkt und Politik dabei helfen kann, ihren Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel zu messen und zu verbessern.
Über die Autorin:
Hannah Helmke ist Gründerin und Geschäftsführerin der Unternehmensberatung Right. Based on Science, die zudem Software-Produkte zur Messung von klimarelevanten Daten entwickelt und vertreibt. Helmke ist Preisträgerin des AmCham Female Founders Award 2021 sowie des Digital Female Leader Award 2020 in der Kategorie Sustainability und Teilnehmerin des International Visitor Leadership Program (IVLP). Vor der Gründung 2016 von Right. arbeitete sie für IT-Dienstleister Bridging IT und die Deutsche Post DHL.