Family Offices Im Niemandsland zwischen KWG und AIFM

Michel Barnier ist EU-Kommissar für den Binnenmarkt und treibt die AIFM Richtlinie in Europa voran

Michel Barnier ist EU-Kommissar für den Binnenmarkt und treibt die AIFM Richtlinie in Europa voran

Die Frage nach der Lizenzpflicht von Family Offices ist so alt wie die Institution Family Office selbst. Während auf nationaler Ebene ein Merkblatt der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) den rechtlichen Rahmen setzt, sorgen im europäischen Kontext die Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM) und ihre Umsetzung in nationales Recht für neue Verwirrung. Unter Family Offices versteht die Bafin Unternehmen, die sich unabhängig von ihrer Rechtsform mit der bankenunabhängigen Verwaltung großer privater Vermögen befassen.

Dabei unterscheiden die Aufseher zwischen zwei Kategorien:

• Private Family Offices verwalten das Vermögen einzelner oder mehrerer Mitglieder einer einzelnen Familie.

• Externe Family Offices verwalten das Vermögen mehrerer Familien auf der Grundlage von Geschäftsbesorgungsverträgen.

Über die Vermögensverwaltung hinaus erfüllen Family Offices laut Bafin-Definition häufig weitere Aufgaben, die grundsätzlich keine Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz (KWG) erfordern. Hierzu zählen die allgemeine Beratung Vermögender, Mediation bei Streits zwischen Familienmitgliedern, Buchführung, Controlling, Überwachung von Vermögensverwaltern oder Dienstleistungen wie die Büroorganisation, Reiseplanung oder das Sicherheitsmanagement. Darüber hinaus benennt die Bafin mehrere Fallgruppen, in welche das KWG nicht eingreift. Die wichtigsten sind:

• Zwei oder mehr Vermögensinhaber schließen sich zu einer Gesellschaft zusammen und lassen das Vermögen dieser Gesellschaft durch einen Dritten verwalten. In diesem Fall besteht keine Erlaubnispflicht nach dem KWG, wenn die Vermögensinhaber eine Mehrmütterschaft bilden und den Konzern beziehungsweise die Unternehmensgruppe gemeinsam einheitlich leiten.

• Auch wenn der Vermögensinhaber durch seine Angestellten oder eine von ihm beherrschte Gesellschaft das Vermögen enger Familienangehöriger betreuen lässt, liegt eine erlaubnisfreie Familienvermögensverwaltung vor. Eine Definition, was „enge Familienangehörige“ sind, enthält das Merkblatt allerdings nicht.

Keine Gewerbsmäßigkeit bei Multi Family Offices

Die Bafin weist auch darauf hin, dass Vermögensverwaltung in Finanzinstrumenten auf der Grundlage von Geschäftsbesorgungsverträgen zwischen Vermögensinhabern und privaten oder externen Family Offices die Erlaubnispflicht nach Paragraf 32 Absatz 1 KWG begründet, wenn Bank- oder Finanzdienstleistungsgeschäfte gewerbsmäßig oder im kaufmännischen Umfang betrieben werden.

Ob und welche der oben genannten Ausnahmeregelungen dann noch in Anspruch genommen werden können, muss nach Auffassung der Bafin im Einzelfall geprüft werden. Das wird insbesondere bei Multi Family Offices oder Family Offices für weitverzweigte Familien der Fall sein. Dort gilt es also, die Gewerbsmäßigkeit möglichst zu vermeiden.

Die AIFM-Richtlinie befasst sich nur an einer Stelle mit Family Offices: In Erwägungsgrund (7) der Richtlinie heißt es: „Wertpapierfirmen, wie zum Beispiel Family- Office-Vehikel, die das Privatvermögen von Anlegern investieren, ohne Fremdkapital zu beschaffen, sollten nicht als AIF gemäß dieser Richtlinie betrachtet werden.“ Die Begründung zum Diskussionsentwurf des AIFM-Umsetzungsgesetzes wiederholt diesen Passus auf Seite 346 wörtlich.

Deshalb kann man davon ausgehen, dass der Gesetzgeber die AIFM-Richtlinie im Kapitalanlagegesetzbuch (KAG B-E) in diesem Punkt eins zu eins umsetzen möchte. Überraschend an dem Erwägungsgrund sind zwei Aspekte:

• Family Offices können zwar, müssen aber keine Wertpapierfirmen sein. So sind durchaus Family Offices denkbar, die das Vermögen der Familienmitglieder in Immobilien und Mobilien investieren. Ein Investment in Finanzinstrumente wie Wertpapiere wird zwar häufig einen Teil der Arbeit des Family Office ausmachen, ist aber keinesfalls zwingend erforderlich. Insofern geht die AIFM-Richtlinie von einer unzutreffenden Hypothese aus.

• Der Erwägungsgrund macht die Befreiung davon abhängig, dass kein Fremdkapital beschafft wird. Das allerdings dürfte lediglich ein Übersetzungsfehler sein, weil die englische Richtlinienfassung von „external capital“ spricht. Gemeint ist demzufolge, dass Family Offices nicht von der Richtlinie erfasst werden, wenn sie ihre Finanzmittel lediglich aus dem Familienverbund generieren.

Die hinter dem Erwägungsgrund stehenden Motive und der Übersetzungsfehler bleiben bei der Auslegung der AIFM-Richtlinie ohne Bedeutung. Die Anordnung, Family Offices aus dem Anwendungsbereich herauszunehmen, ist eindeutig und unbedingt; eine Einordnung als Wertpapierfirma keine Bedingung. Weitere Hinweise zur Auslegung enthält die AIFM Richtlinie indes nicht. Unklar bleibt insbesondere die europarechtliche Legaldefinition des Family Office.

Da es sich um eine für die EU einheitliche Regelung handelt, kann nicht ohne Weiteres auf die nationale Auffassung der Bafin zurückgegriffen werden. Auch bleibt unklar, ob das Family Office als Alternativer Investmentfonds (AIF) oder dessen Manager (AIFM) angesehen wird, weil die Regulierung lediglich den Manager, aber nicht den Fonds betrifft.

Schwierige Lage bei verzweigten Familien

Für das europarechtliche Verständnis des Begriffs Family Office wird vor allem der Aspekt, kein externes Kapital einzuwerben, Bedeutung erlangen. Die AIFMRichtlinie will die Anteilseigner von als Ucits konstruierten Investmentfonds schützen. Solange es aber lediglich um das Vermögen einer durch Familienbande verbundenen Anlegergruppe geht, hat dieser Verbund eine so starke Bindewirkung, dass statt von einer Mehrzahl von Investoren lediglich von einem einheitlichen Investor auszugehen ist.

Der Ausnahmebereich aus der Richtlinie ist daher durch die Reichweite des Familienverbands bestimmt. Bei einem Single Family Office, welches direkt oder in der Seitenlinie verwandte Angehörige und deren Ehegatten bei überschaubarer Generationenzahl berät, steht zweifelsfrei fest, dass die AIFM-Richtlinie keine Anwendung findet. Schwieriger wird die Sachlage bei Multi Family Offices und weitverzweigten Familien, deren Verwandtschaft sich erst über viele Seitenlinien und Generationen ergibt.

Vergleichbares gilt, wenn Angestellte im Rahmen von Family-and-Friends-Programmen an Investments teilnehmen dürfen. Gemäß der Zielsetzung der Richtlinie wird man hier darauf abzustellen haben, ob das Band zwischen den einzelnen beteiligten Investoren eine Dichte und Festigkeit aufweist, wie sie unter nahen Verwandten besteht.

Mit Blick auf Mitarbeiterprogramme wird man das deswegen bejahen können, weil diese Mitarbeiter eng in die Familie eingebunden sind und regelmäßig im Rahmen ihrer Tätigkeit für das Family Office mit dessen Investments in besonderer Weise vertraut sind oder sogar daran mitarbeiten. Folglich kennen sie die Investments aus eigener Anschauung. Ein wie auch immer gearteter Ucits-Fonds als Kollektiv-Vehikel kann auf diese Weise nicht entstehen.

Auf nationaler Ebene gestaltet sich die Rechtslage noch etwas komplizierter. Während der Erwägungsgrund (7) offiziell zur AIFM-Richtlinie gehört und immerhin im Amtsblatt der EU veröffentlicht ist, erscheint die Gesetzesbegründung zum KAG B-E als Internum des Gesetzgebers nicht im Bundesgesetzblatt. Im nationalen Recht gibt es deshalb keinen geschriebenen Ausnahme- Tatbestand.

Da allerdings das KAG B-E die AIFM-Richtlinie umsetzen soll, wird man im Wege der europarechtskonformen Auslegung freilich auch zu dem Ergebnis gelangen, dass trotz fehlender expliziter Regelung im Gesetzestext der Anwendungsbereich des KAG B-E sich nicht auf Family Offices erstrecken soll.

Fazit:

Die Verantwortlichen eines Family Office müssen bei der Frage ihrer regulatorischen Position sowohl an das KWG als auch an das KAG B-E beziehungsweise die AIFM-Richtlinie denken. Aus beidem kann sich im ungünstigsten Fall eine Erlaubnispflicht ergeben, deren Verletzung unter Umständen drastische Sanktionen nach sich zieht. Bei einer sauberen Strukturierung der Aufgaben sollten jedoch sowohl Single als auch Multi Family Offices eine Regulierung vermeiden können. 


Wer weitere Informationen zum Thema wünscht, findet sie im Artikel „Family Office und AIFM-Richtlinie“ von Martin Krause und Ulf Klebeck, erschienen im Betriebs- Berater 34.2012.

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