private banking magazin: Mr. Murchison, schauen Sie noch oft auf die Entwicklung des Templeton Growth Fonds?
Murdo Murchison: Natürlich. Schließlich war der jetzige Fondsmanager Norman Boersma früher auch Mitglied meines Teams. Er macht seine Sache sehr gut.
private banking magazin: Mit Michael Hasenstab hat ihr alter Arbeitgeber nun einen Star im Rentenmanagement.
Murchison: Michael ist ein Top-Mann. Er ist extrem schlau. Da können wenige neben ihm bestehen. Ich habe da auch immer nur gestaunt. Nun ist er auch noch sehr sympathisch. Das ist schon eine beneidenswerte Mischung.
private banking magazin: Mit ihrer Fondsboutique Kiltearn Partners sind Sie seit knapp drei Jahren erneut im Fondsmanagement aktiv. Sie hätten doch auch auf den Bahamas bleiben können, etwas angeln und traumhaftes Wetter genießen. Letzteres ist ja in Edinburgh nun auch nicht im Überfluss vorhanden.
Murchison: Das ist richtig. Der Sommer hier in Schottland war klasse. Nun ist Herbst. Aber das ist auch gut so. Die Zeit nach meinem Ausscheiden bei Templeton war für mich und meine Familie sicher ein Schnitt und ein Umbruch. Wir sind erst für ein Jahr nach Edinburgh zurückgegangen. Ein Jahr später sind wir nach Florida gezogen. Das war eine klassische Auszeit und ich habe mich viel mit Theologie beschäftigt. Mich gefragt, was ich künftig machen möchte. An erster Stelle standen jedoch unsere drei Kinder. Denen wollten wir kein rastloses Leben zumuten. Seit 2010 leben wir daher wieder in Edinburgh.
private banking magazin: Und Sie sind wieder im Asset Management. Ein Neuanfang und doch ist alles beim Alten?
Murchison: Ich arbeite seit über 20 Jahren in dieser Industrie und es macht mir nach wie vor Spaß. Diese Arbeit ist eine große Herausforderung, aber ich habe auch nie einen Plan B gehabt. Das ist was ich kann. Heute kommt auch noch hinzu, dass es mein eigenes Business ist. Ich habe Kiltearn Partners mit einer tollen Mannschaft gegründet und das zu kontrollieren ist eine Lebensaufgabe. Ich habe mir vor wenigen Jahren nicht vorstellen können, wie Sir John Templeton ein Leben lang zu arbeiten. Das ist heute anders. Ich freue mich auf die nächstens 30 bis 40 Jahre.
private banking magazin: Was ist der Unterschied zwischen Ihrem Alltag und dem in einem großen Fondshaus?
Murchison: Wir können uns wunderbar zurückhalten und sind auf keinem Radar. Ich bekomme nicht ständig Anrufe von irgendwelchen Brokern. Ich bekomme kaum E-Mails und ich kann mich vollkommen auf das konzentrieren, was ich kann.
private banking magazin: Spielen Hierarchien eine große Rolle bei Ihnen?
Murchison: Nein. Natürlich muss am Ende des Tages einer die Verantwortung übernehmen. Aber wir haben hier kein mühsames Berichtswesen. Wir haben kurze Wege und schnelle Entscheidungen und ich genieße es, mit Generalisten zusammen zu arbeiten. Die haben einen offenen Zugang zu Themen. Spezialisten sind da viel zu einseitig.
private banking magazin: An Ihrer Investmentphilosphie hat sich trotzdem nichts geändert.
Murchison: Nein. Wir verfolgen ein weltweites Stockpicking nach einem disziplinierten Value-Ansatz. Wir suchen günstige Unternehmen und wir konzentrieren uns einzig auf die Bewertung und, was noch wichtiger ist, das mögliche Verlustrisiko. Großartige makroökonomische Ausblicke sind schlicht Zeitverschwendung. Da bin ich ganz der Alte.
private banking magazin: Jenseits der Benchmark?
Murchison: Ganz genau. 2011 waren wir mit 20 Prozent in japanischen Unternehmen investiert und wir hatten keine Emerging Markets. Derzeit sind uns US-Unternehmen deutlich zu teuer und wir sind mit gut 30 Prozent in Europa investiert.
private banking magazin: Wie ist der Vertrieb bei Kiltearn aufgestellt?
Murchison: Wir richten uns ausschließlich an Großinvestoren. Derzeit verwalten wir 900 Millionen Euro. Weitere 500 Millionen werden im Laufe der kommenden Wochen folgen. Wir betreiben keinen Pool- oder Retail-Vertrieb. Stattdessen konzentrieren wir uns auf Family Offices in den USA und Europa. Bei einem Fondsvolumen von 10 Milliarden Euro werden wir den Fonds für Neuanlagen schließen.
private banking magazin: Welche Erkenntnisse für den Alltag haben Sie durch ihre Beschäftigung mit der Theologie gewonnen?
Murchinson: Ich habe mich viel mit den christlichen Reform-Theologen beschäftigt. Mein Fazit ist eine ganz klare Erkenntnis. Ein Prozess, ob im Alltag, bei der Arbeit oder in einer Beziehung, darf niemals dein Handeln bestimmen. Ein Prozess oder eine Struktur ist nur als statisches Gerüst sinnvoll. Der Kern des Handels ist stets das Denken und die unbedingte Bereitschaft zur Erneuerung.