Herdenverhalten und Staatseingriffe Die heutige Investment-Welt der Superblasen

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Rationales Herdenverhalten: der völlig vernünftige Irrsinn der Fondsmanager

Warum kaufen Anleger ganz bestimmte Wertpapiere und nicht andere? Einfache Antwort der Ökonomie: Diejenigen Titel (beziehungsweise Portfolios) werden bevorzugt, die für eine bestimmte Risikopräferenz den maximalen Ertrag ermöglichen. Doch um dieses Prinzip in der Praxis umzusetzen, muss man als Investor die Risiken und Chancen von Wertpapieren realistisch einschätzen können.

In der Praxis bilden sich viele Anleger keine eigene Meinung zu Chancen und Risiken, sondern imitieren andere Investoren, die erfolgreich scheinen. Letztlich laufen die meisten mit; genau wie ein Rind in der Herde der Leit-Kuh hinterherläuft. Dabei lassen sie sich durch kurzfristige Gewinnaussichten oder momentane Unsicherheiten beeindrucken, was dann oft zu langfristig falschen beziehungsweise übermäßig riskanten Entscheidungen führt.

Die realistische Einschätzung von Chancen und Risiken ist besonders ein Problem von Privatanlegern, aber nicht nur. In Extremsituationen lassen sich auch professionelle Investoren immer wieder vom Marktsentiment anstecken und machen typische Fehler.

Allerdings war in den vergangenen Monaten kaum zu beobachten, dass professionelle Anleger in Massen von Panik oder Gier angesteckt wurden. Trotzdem liefen sie den Kursen hinterher. Ein wesentlicher Grund hierfür dürfte im sogenannten rationalen Herdenverhalten vieler Fondsmanager liegen. Selbst wenn sie nicht auf die psychologischen Fallen des Aktienmarktes hereinfallen, so führen institutionelle Zwänge dazu, dass sie sich Herdentrends anschließen und sogar verstärken.

Professionelle Fondsmanager verwalten nicht ihr Geld, sondern handeln im Auftrag anderer. Dabei haben viele bei ihren Anlageentscheidungen vorwiegend ein Ziel: ihren gut bezahlten Arbeitsplatz nicht zu gefährden. Kunden und Vorgesetzte honorieren es in der Regel kaum, wenn ein Vermögensverwalter langfristig eine herausragende Performance erzielt.

Sie reagieren hingegen oft wütend, wenn eben diese Geldmanager kurzfristig eine relativ negative Performance haben. Auch Investmentconsultants und die Finanzpresse bewerten Fondsmanager fast ausschließlich auf der Basis der gerade zurückliegenden Performance und verstärken damit den Anpassungsdruck.

Da Finanzmärkte kurzfristig völlig unberechenbar sind, geht ein Fondsmanager ein hohes persönliches Risiko ein, wenn er sich gegen aktuelle Markttrends positioniert. Selbst wenn er langfristig recht hat und hohe Gewinne erzielt, liegt er vielleicht kurzfristig schief und wird dann wegen Unfähigkeit entlassen. Wenn ein Börsentrend entsteht, ist es deshalb für die Profis rational, sich diesem anzuschließen, selbst wenn sie selbst von dessen Unsinnigkeit überzeugt sind.

Warnendes Beispiel hierfür ist Tony Dye, der in den 80er und 90er Jahren einen herausragenden Ruf als Großbritanniens führender Value-Investor hatte. Weil er aber auch während der Internetblase konsequent an seinem Investmentstil festhielt und deswegen in der Performance dem Markt hinterherhinkte, verlor er viele Kundengelder. Deswegen wurde er im März 2000 von seiner Firma hinausgeworfen. Im Nachhinein erwiesen sich seine Einschätzungen zwar als genau richtig und seine alten Fonds gehörten wieder zu den Gewinnern, es nützte ihm persönlich bloß nicht.