Am Hamburger Adolphsplatz, am Sitz der Hamburger Sparkasse, hat sich Anfang des Jahres eine WG gegründet. Ihre Bewohner: Annemarie Schlüter und Frank Krause, seit Januar die Doppelspitze im Private Banking der Haspa. In ihrem gemeinsamen Büro hängt ein Plakat: „Annes und Franks Leitfragen für 2023“. Darauf: fünf Fragen, die den Plot für die Haspa-Story im Private Banking vorgeben. Denn die Sparkasse hat viel vor im Geschäft mit vermögenden Kunden: Ehrgeizige Wachstumsziele, ein neues Beratungskonzept, und Ende des Jahres zieht die Sparkasse ins Deutschlandhaus, ihren neuen Hauptsitz am Hamburger Gänsemarkt. Vor dem Umzug war das private banking magazin zum Interview zu Besuch.
private banking magazin: Welches ist die wichtigste Ihrer fünf Leitfragen für 2023, die hier an der Wand stehen?
Annemarie Schlüter: Die Leitfrage, die mir am meisten am Herzen liegt, ist die nach dem Mehrwert, den unsere 360-Grad-Beratung dem Kunden bietet. Sie hört sich zunächst simpel an. Doch das in wenigen Sätzen zu transportieren, ist die große Kunst.
Das haben Sie sicherlich drauf. Wie würden Sie Ihre Strategie in wenigen Sätzen erklären?
Schlüter: Kern der 360-Grad-Beratung ist das vernetzte Arbeiten. Unsere Wurzeln liegen im Bereich der Kapitalanlage und Wertpapierberatung. Die haben wir um weitere Themenwelten
ergänzt, etwa das Immobilien- und Generationenmanagement, Zukunfts- und Risikoabsicherung. Wir sprechen in der Beratung längst nicht mehr nur darüber, Aktie A zu kaufen oder Aktie B zu verkaufen. Die Fragestellungen sind mit Blick auf unsere Kunden – Privatkunden, Unternehmer- und Immobilienkunden – weitreichender geworden. Wir haben große Investitionen getätigt, um diese Expertise an Bord zu holen. Früher war der Private-Banking-Berater meist allein im Kundengespräch, heute ist er mit einem Spezialisten fast immer zu zweit am Kunden.
Frau Schlüter, Sie sind seit Jahresbeginn neben Herrn Krause Leiterin im Private Banking und haben zuvor das Portfoliomanagement verantwortet. Ihr Wechsel fällt also in einer Phase,
in der sich der Geschäftsbereich neu aufstellt und auf mehr Ertragssäulen als die Vermögensverwaltung ausweitet.
Schlüter: Das stimmt. Doch unsere beiden Mandate, die Vermögensverwaltung und die individuelle Vermögensberatung, bleiben zentrales Element der Beratung. Die Idee ist, dass Kunden einen weiteren Spezialisten an der Seite haben und der Kundenberater dadurch zeitliche Freiräume hat, um sich noch intensiver um weitere Themen seiner Kunden zu kümmern. Insofern haben die Wertpapiermandate eine herausragende Bedeutung. Die Vermögensverwaltung ist bei uns seit Mitte der 1990er Jahre etabliert. Das neue Mandat, das es nach vorne und in Wirkung zu bringen gilt, ist die individuelle Vermögensberatung.
Welche Rolle spielt die individuelle Vermögensberatung im Neugeschäft?
Frank Krause: Die individuelle Wertpapierberatung ist ein wesentliches Element unserer geschäftlichen Neuausrichtung. Viele Wettbewerber ziehen sich aus diesem Geschäft zurück oder haben die Einstiegshürden erhöht. Wir stellen fest, dass es nach wie vor eine Vielzahl von Kunden gibt, die Entscheidungen im Depot selbst begleiten möchten und Wert auf einen intensiven Austausch mit einem Spezialisten auf diesem Gebiet legen. Insofern sehen wir unsere Entscheidung, in Beratung zu investieren, auch als Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb.
Dass wir erfolgreich neue Kunden gewinnen, geht auch auf das erweiterte Angebot im Bereich der individuellen Vermögensberatung zurück.
Schlüter: Das Mandat zeichnet aus, dass es ein Leistungsversprechen gibt, das über die Beratung des Relationship Managers nicht darstellbar wäre. So ist beispielsweise die Produktpalette, die in der Beratung und somit zum Aufbau der Depots verfügbar ist, erheblich umfangreicher und differenzierter.
Wie hoch sind die Einstiegsgrenzen im Private Banking? Der Kostendruck wird gerade im geringeren Vermögenssegment vor dem Hintergrund der wachsenden regulatorischen Vorgaben nicht geringer.
Schlüter: 500.000 Euro liquides Vermögen. Und hier planen wir auch keine Veränderungen.
Grenzen Sie sich damit vom Wettbewerb ab? Bei vielen Privatbanken liegt das Einstiegsniveau eher bei einer Million Euro.
Krause: Die Frage nach dem Einstiegsniveau wird traditionell gestellt und ist nach wie vor richtig. Oft ist aber das liquide Vermögen nicht der dominante Vermögensbestandteil, das Immobilienvermögen oftmals viel bedeutsamer als das Wertpapierdepot. Und so gibt es viele Kunden, die ein hohes Immobilienvermögen haben, aber ein Wertpapiervermögen, das bei starren Grenzen nicht dem Einstiegsniveau entspräche. Die Nachfrage nach Private-Banking-Dienstleistungen ist aber zweifelsohne vorhanden.
„Die Haspa hat in fast jedes Unternehmen hinein eine Kundenbeziehung, nahezu jeder Hamburger Haushalt hat irgendeinen Haspa-Bezug “
Ende vergangenen Jahres hatte Vorstandssprecher Harald Vogelsang in einem Zeitungsinterview angekündigt, die Haspa habe das Ziel, in ihrem Geschäftsgebiet im Private Banking einen Marktanteil zu erreichen, den sie auch im Retail-Geschäft hat, nämlich rund 50 Prozent. Sind das nicht zu ambitionierte Pläne?
Krause: Ich würde das Wort Ziel durch Vision ersetzen. Ziel klingt, als würden wir in Jahreskategorien denken oder glauben, dass dies kurzfristig zu erreichen sei. So ist es nicht. Es
geht im Grunde darum, im Private Banking in puncto Marktanteil in eine ähnliche Größenordnung vorzustoßen wie im Privat- oder Firmenkundengeschäft.
Wie wollen Sie das erreichen?
Krause: Zum einen haben wir unser Geschäftsmodell stärker an den Kundenbedürfnissen ausgerichtet. Das ist eine gute Voraussetzung, um im Wettbewerb stärker zu punkten. Zum anderen verfügt keine andere Bank, kein anderer Anbieter hier am Platz über ein so feines und umfassendes Netzwerk wie die Hamburger Sparkasse. Die Haspa hat in fast jedes Unternehmen hinein eine Kundenbeziehung, nahezu jeder Hamburger Haushalt hat irgendeine Haspa-Beziehung. Diese Vernetzung ist eine exzellente Grundlage, um unseren Marktanteil auch im Private Banking sukzessive zu steigern.