Nacubo-Commonfund-Studie Die kurzfristigen Vorteile kleiner Stiftungen gegenüber Harvard, Yale und Co.

Günter Jäger von Plexus Investments

Günter Jäger von Plexus Investments: „Über lange Zeiträume und unterschiedliche Marktphasen hinweg ist der Endowment-Ansatz der größten US-Stiftungsfonds nahezu unschlagbar.“ Foto: Plexus Investments

Jedes Jahr befragt die National Association of College and University Business Officers (Nacubo) die nordamerikanischen Endowments zu deren Asset-Allokation und Kapitalanlageergebnissen. Der Verband steht für mehr als 1.700 Bildungseinrichtungen in den USA und Kanada. Wegen ihrer Reichweite, Detailtiefe und Historie gilt die Studie als aussagekräftigste Analyse ihrer Art.

Für die aktuelle Studie hat Nacubo den US-Vermögensverwalter Commonfund als Partner, der 1971 mit Startkapital der Ford-Stiftung gestartet ist. Zur Auswertung beigetragen haben dieses Mal 658 Stiftungen mit insgesamt 873,7 Milliarden US-Dollar an verwaltetem Vermögen. 

Die Top 5 nach Stiftungsvermögen bildeten zum Ende des untersuchten Geschäftsjahrs 2023/24 (1. Juli 2023 bis 30. Juni 2024) die Stiftungsfonds der folgenden Universitäten:

  • Harvard University (52,0 Milliarden US-Dollar)
  • University of Texas System (47,5 Milliarden US-Dollar)
  • Yale University (41,4 Milliarden US-Dollar)
  • Stanford University (37,6 Milliarden US-Dollar)
  • Princeton University (34,1 Milliarden US-Dollar)

Die Ergebnisse zeigen: Über lange Zeiträume und unterschiedliche Marktphasen hinweg ist der Endowment-Ansatz der größten US-Stiftungsfonds nahezu unschlagbar.  Das gilt, auch wenn die kleineren Stiftungen in Ausnahmejahren bessere Ergebnisse vorweisen.

Die Sieben Größenkategorien der Nacubo-Studie

Die Studie unterscheidet je nach Anlagevermögen sieben Endowment-Kategorien: Die kleinsten Endowments verwalten ein Stiftungsvermögen von jeweils weniger als 50 Millionen US-Dollar – die größten sind mit jeweils mehr als fünf Milliarden Dollar an verwaltetem Vermögen mehr als hundertmal so groß. Diese beiden Kategorien – die kleinste und die größte – werden hinsichtlich einiger Kennzahlen in diesem Beitrag immer wieder verglichen, weil sie bestimmte Strategie- und Performanceunterschiede am deutlichsten veranschaulichen.

Die insgesamt enorme Spannbreite der Studie macht die Ergebnisse aufschlussreich, da sich mit der Anlagesumme auch die Anlagestrategien unterscheiden: Während die kleineren Stiftungen vor allem an den liquiden Aktien- und Anleihenmärkten investieren, halten die größeren Endowments deutlich höhere Quoten in alternativen, illiquiden Anlagen.

 

Oder anders ausgedrückt: Je mehr Geld die Endowments verwalten, desto höher ist der durchschnittliche Anteil der Alternatives-Anlagen im Portfolio. Dazu gehören im Wesentlichen nicht börsennotierte Anlageklassen wie Hedgefonds, Private Equity, Venture Capital, Private Debt, Immobilien und Infrastruktur-Investments.

Ein Blick zurück zur besseren Einordnung

Um die Anlageergebnisse einzuordnen, lohnt ein Blick auf die Makro- und Marktentwicklung in den Jahren davor: Nach der ultralockeren Geldpolitik und der Niedrigzinsphase der 2010er Jahre stiegen ab 2022 die Inflationsraten unter anderem in Nordamerika und Europa stark an – unmittelbar ausgelöst von der Coronavirus-Pandemie und vom Krieg in der Ukraine. Darauf reagierten die wichtigsten Notenbanken mit Zinserhöhungen in historisch einmaligem Tempo – und an den Anleihenmärkten kam es zum Sell-Off.

Der Zinsschock verursachte oft zweistellige Kursverluste bei langlaufenden Anleihen und ließ auch die Aktienmärkte kurzfristig einbrechen. Seither haben sich die Rentenmärkte auf einem höheren Renditeniveau eingependelt. Und Aktieninvestments haben in den vergangenen beiden Jahren – angeführt vom US-Aktienmarkt – enorme Kursgewinne verzeichnet.

Diese Marktbewegungen spiegelten sich auch in den Anlageergebnissen der Vorjahre wider: Im Geschäftsjahr 2021/22 konnten die größten Endowments ihre Verluste in einem extrem schwierigen Marktumfeld auf durchschnittlich 4,5 Prozent begrenzen – die kleinsten Endowments rutschten dagegen mit durchschnittlich 11,5 Prozent tiefer ins Minus. Noch schlechter lief es 2021/22 für das klassische 70/30-Portfolio, das 14,9 Prozent Verlust einbrachte.

 

Das Folgejahr 2022/23 war dann das Jahr der kleinsten Endowments: Mit einer Performance von durchschnittlich 9,8 Prozent ließen sie die Multi-Milliarden-Fonds von Harvard & Co weit hinter sich: Letztere kamen gerade einmal auf 2,8 Prozent Jahresrendite. Das 70/30-Portfolio lag mit einem Plus von 11,9 Prozent sogar noch vor den kleinsten Endowments.

70/30-Portfolios erzielen 14,5 Prozent Rendite

Die aktuelle Studie zeigt, dass sich die Entwicklung der Periode davor fast unverändert fortgesetzt hat. Die kleinsten Endowments haben die größten Wertsteigerungen erzielt: 13,0 Prozent durchschnittliche Jahresrendite für Stiftungen bis zu 50 Millionen Dollar Anlagesumme. Doch auch die größten Endowments haben mit durchschnittlich 9,1 Prozent beachtlich performt. Unter diesen Großinvestoren „hinkte“ – wie schon 2022/23 – Yale hinterher: mit einem Plus von 5,7 Prozent. Yale ist für eine besonders hohe Allokation in illiquiden Private-Markets-Anlagen bekannt.

Über alle Größenkategorien hinweg erzielten die erfassten 658 Endowments durchschnittlich 11,2 Prozent Rendite. Im Vergleich kamen Anleger mit dem 70/30-Portfolio auf 14,5 Prozent – lagen also in dieser starken Aktienphase wieder vor den Endowments.

Die Vermögensallokation beeinflusst die Performance deutlich

Die Performanceunterschiede zwischen den kleinsten und größten Endowments lassen sich auch 2023/24 vor allem auf die unterschiedlichen strategischen Anlagestrukturen zurückführen: Kleinere Stiftungen investieren traditionell einen deutlich größeren Teil ihres Anlagevermögens in börsennotierte Aktien und Anleihen, während die größten Endowments deutlich stärker auf die oben aufgezählten alternativen Anlagen setzen. Betrug die Aktienquote bei den kleinsten Endowments im aktuellen Betrachtungszeitraum 59,6 Prozent, war sie bei den größten Endowments mit 24,2 Prozent nicht einmal halb so hoch.

Folgerichtig hängen die Anlageergebnisse der kleinsten Stiftungsfonds und des 70/30-Aktien- und Anleihendepots viel stärker vom Aktienmarkt ab. Und der kannte im Geschäftsjahr bis Ende Juni 2024 fast nur eine Richtung: nach oben. Getrieben vom Hype um künstliche Intelligenz und den sogenannten Magnificent-Seven-Aktien stieg beispielsweise der S&P 500 um 25 Prozent, nachdem er im Vergleichszeitraum 2022/23 bereits um 17,7 Prozent zugelegt hatte. Allerdings hat das Aktienmarktpotenzial auch seinen Preis – vor allem in Form höherer Volatilität.

Langfristig liefern größte Endowments die besten Ergebnisse

Doch zurück zum jüngsten Betrachtungszeitraum 2023/24: Auch wenn die kleinsten Endowments das zweite Geschäftsjahr in Folge vor den größten Endowments lagen, zeigt die langfristige Betrachtung klar die Überlegenheit einer breiten Asset-Allokation über liquide und illiquide Anlagen sowie unterschiedliche Risikofaktoren hinweg.

Die größten Endowments erzielten im Zehn-Jahres-Schnitt 8,3 Prozent Rendite pro Jahr, während die Kleinsten – trotz der im jüngsten Betrachtungszeitraum extrem starken Aktienmärkte – auf 6,3 Prozent kamen. Die Gesamtheit der 658 untersuchten Endowments kam im Zehn-Jahres-Schnitt auf 6,8 Prozent. Das 70/30-Portfolio lag mit 7,5 Prozent zwischen den kleinsten und größten Stiftungsfonds. Der zuletzt eher schwächelnde Yale-Stiftungsfonds erzielte über die zehn Jahre dennoch eine überdurchschnittliche Jahresrendite von 9,5 Prozent.

Alternatives überzeugen mit geringerer Volatilität

In guten Aktienjahren haben die kleineren Stiftungen auf Grund ihrer höheren Aktienexposures also einen Vorteil, aber auf lange Sicht profitierten die großen Endowments noch mehr – auch wegen der geringeren Schwankungen ihrer illiquide angelegten Vermögen, zumal sie die Quoten in illiquiden Private-Markets-Anlagen über die Jahre kontinuierlich erhöht haben. Dies zeigt, dass die Investmententscheider trotz einzelner Jahre mit einer relativ schlechteren Performance von der langfristigen Überlegenheit insbesondere der Private Markets überzeugt sind. Der Ausbau der Private-Markets-Anlagen erfolgte teilweise zulasten der Hedgefonds-Quote: Diese lag in ihrer Spitzenzeit in den 2010er-Jahren bei über 20 Prozent. In der aktuellen Auswertung beträgt die Quote nur noch 16,2 Prozent, wie die Grafik zeigt.

Private-Equity-Anteil bei den großen Endowments fast verdoppelt

Ergänzend eine Untersuchung des US-Researchunternehmens True North Institute, dessen Experten die Outperformance von zwölf großen US-Endowments analysieren. Deren Allokation in Private Equity (inklusive Venture Capital), hat sich von 2013 bis 2023 ungefähr verdoppelt – von 20 auf 37 Prozent. Im Gegenzug reduzierten die Investoren ihre Allokationen auch in börsennotierte Anleihen, Aktien und auch andere Sachwerte wie Immobilien deutlich.

 

Dass mit höherem Risiko tendenziell höhere Renditen einhergehen, ist wenig überraschend. Jedoch zeigt die Analyse der Zehn-Jahres-Renditen der zwölf großen Endowments auch, dass eine Allokation in Private Equity selbst dann noch einen positiven Beitrag zur Gesamtrendite leistet, wenn das Risikoniveau bereits berücksichtigt wurde.

Somit kann Private Equity im Portfoliokontext einen Mehrwert über das eingegangene Risiko hinaus bringen. Ein wesentlicher Grund dafür ist ihr diversifizierender Effekt: Aufgrund der geringen Korrelation zu traditionellen Anlageklassen tragen Private-Equity-Investments – ebenso wie andere Private-Markets-Investitionen – langfristig zur Glättung des Ertragspfads bei, auch wenn sie kurzfristig unter Druck geraten können.


Über den Gastautor:

Günter Jäger gründete Plexus Investments im Jahr 2006. Davor leitete er bei der LGT Capital Management das Portfolio-Management des Fürstlichen Portfolios und der Multimanager-Produkte. Ursprünglich kommt er aus dem Risikocontrolling. Der studierte Wirtschaftswissenschaftler ist unter anderem Chartered Alternative Investment Analyst (CAIA), Certified Financial Risk Manager (FRM) und Certified International Wealth Manager (CIWM). Seit mehr als 20 Jahren investiert er für vermögende Mandanten nach dem Endowment-Ansatz. 

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