Harter Brexit Absehbares Desaster oder Riesenchance für disruptive Unternehmer?

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Der 69-jährige Sir James Dyson ist eine ungewöhnliche Persönlichkeit. Er ist ein genialer Erfinder, der seine revolutionäre Idee des Zyklon-Staubsaugers gegen alle Widerstände am Markt durchsetzte und damit zum Milliardär wurde. Als Unternehmer ist er disruptiv – ein typischer kreativer Zerstörer im Sinne von Joseph Schumpeter. Er denkt vorausschauender als der Mainstream – und kann in Zeiten des Umbruchs die Chancen erkennen. Damit ist er als alternativer Denker zum allgemeinen Konsensus durchaus ernstzunehmen. 

Mit Europa verbindet ihn eine zwiespältige Beziehung. 1998 hatte er noch mit 20 Vorständen von FTSE 100 Gesellschaften in einem offenen Brief dafür geworben, zu den Gründungsmitgliedern des Euro zu gehören. Inzwischen hat sich aber sein Verhältnis zu Europa merklich abgekühlt, wozu möglicherweise beigetragen hat, dass er diverse rechtliche Konflikte mit der EU-Bürokratie hatte.

2015 verlor er in letzter Instanz einen Prozess wegen falscher Energiekennzeichnungen vor dem Europäischen Gerichtshof. Seit 2014 setzte er sich für eine „Befreiung“ der britischen Wirtschaft von restriktiven EU-Regeln ein. Damit gehörte Dyson neben Next-CEO Simon Wolfson, Reebok-Gründer Joe Foster sowie Tim Martin, dem Besitzer der Restaurantkette JD Wetherspoon zu den wenigen renommierten britischen Unternehmern, die sich öffentlich für einen Brexit ausgesprochen haben.

Sir James Dyson hat in Interviews mehrere Argumente dafür aufgeführt, warum Großbritannien auch bei einem Hard Brexit weniger geschwächt wird, als aktuell die meisten Ökonomen befürchten. Per Saldo überwiegen für ihn die Vorteile: Die vielfältigen EU-Regeln behindern in seinen Augen Geschäfte eher als dass sie begünstigt werden. Das große Handelsdefizit zeigt, dass Großbritannien vom internationalen Handel weniger profitiert hat als andere Länder. Zudem exportiert die Nation relativ wenig in die übrige EU und hat bei einem Ausscheiden aus dem Binnenmarkt weniger zu verlieren als das übrige EU-Gebiet.

Die Zukunft des Handels liegt für Dyson in den Wachstumsstaaten Asiens und weniger in Europa, Großbritannien sollte sich lieber auf diese fokussieren. Für den modernen Außenhandel werden Zölle zunehmend unbedeutend, weil für immer mehr international gehandelte Produkte der Qualitätswettbewerb entscheidend ist. Wenn weniger Immigranten aus EU kommen, können stattdessen wieder mehr ehrgeizige und talentierte Einwanderer aus Schwellenländern ins Land kommen.

Doch wer hat nun recht, Querdenker Dyson oder die Mainstream-Ökonomen? Um diese Frage zu beantworten muss man sich die ökonomischen Verwerfungen sowie ihre Gründe näher betrachten.