Håkan Strängh und Franz Angermann „Family Offices haben eine Bindungswirkung“

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Riskieren Family Offices bei einem Verkauf Kundenbeziehungen?

Angermann: Es ist kein Geheimnis, dass einige große Familien aus Deutschland ihre Single Family Offices nach dem Verkauf ihrer Dienstleister an Banken gegründet haben. Ich denke: je unterschiedlicher die Geschäftsmodelle, die bei Fusionen zusammenkommen, desto höher das Risiko, dass Assets abfließen. Dann wird es nämlich wahrscheinlicher, dass sich nicht nur die Gesellschafterebene ändert, sondern auch die anderen Ebenen.

Strängh: Dennoch gilt: Ein Family Office lässt sich nicht schnell auswechseln, ein Bankkonto dagegen innerhalb eines Tages kündigen. Insofern haben Family Offices mindestens mal eine Bindungswirkung.

 

Weshalb Banken in den vergangenen Jahren vermehrt anfingen, Family-Office-Dienstleistungen anzubieten.

Strängh: Exakt. Es gibt natürlich Banken, die einige Family-Office-Services auch können. Aber die wichtige Frage ist: Glauben die Familien dran, dass die Banken das können? Einige Familien glauben es nicht. Dann bleibt nur die Wahl zwischen Multi oder Single Family Offices.

Was spricht gegen ein Single Family Office? Es könnte externe Dienstleister mit skaliertem Expertenwissen für Vermögensverwaltung, Reporting, Controlling oder Steuern orchestrieren.

Angermann: Das ist die klassische Make-or-buy-Entscheidung. Ich kann gut nachvollziehen, dass Single Family Offices teilweise zur Buy-Entscheidung tendieren. Das Problem sind nur nicht die Dienstleistungen an sich, sondern die Gesamtsteuerung und die entstehenden Schnittstellen. 

„Kraft ihrer operativen Größe tun sich Multi Family Offices tendenziell leichter“

Strängh: Wenn ein professionelles Single Family Offices das schafft, ist das die Idealvorstellung. Kraft ihrer operativen Größe tun sich Multi Family Offices tendenziell leichter. 

Welche Vorteile sprechen denn noch für Multi Family Offices? 

Angermann: Multi Family Offices spielen mit der Effizienzkurve, können so quantitative und qualitative Kapazität steigern. Multi Family Offices sind etwa für einige als Arbeitgeber attraktiver, weil die Arbeit dynamischer ist, ohne ein kompetitives Umfeld wie in einer Bank oder eine so bilaterale Beziehung wie in einem Single Family Office. Andere Hebel sind effizientere IT, gebündelte Investments für Kostenersparnisse, Erfahrungswerte von anderen Familien. Wenn Multi Family Offices langfristig einen gewissen Boutiquencharakter bewahren können, individuell und professionell, kann das das ideale Modell sein. 

Mit Verlaub: Ist Boutique nicht ein klassischer Marketing-Begriff? Gerade bei Multi Family Offices, die zweistellige Milliardenvermögen verwalten? 

Angermann: Größe taugt nicht als Maßstab, da gebe ich Ihnen recht. Aber: Boutiquen machen bewusst gewisse Abstriche gegenüber standardisierten Geschäftsmodellen, im Interesse ihrer Mandanten. Das schlägt sich also in der Marge und der Bewertung nieder. Womit wir wieder bei der Konsolidierung wären. 

 

Gibt es 2035 weniger Multi Family Offices als heute, aber dafür mehr Single Family Offices? 

Strängh: Da Single Family Offices in dem Sinne ja nicht konsolidieren, wird es zumindest nicht weniger Single Family Offices geben. Dass sich Familien zusammenschließen, kommt zwar vor, ist aber noch ungewöhnlich. Und ich bin mir auch tatsächlich nicht sicher, ob wir bei den Multi Family Offices aktuell überhaupt schon eine flächendeckende Konsolidierung sehen. 

Angermann: Auch ich würde Multi Family Offices nicht abschreiben. In vielen Familien steht ein Generationenwechsel an, ich bemerke eine offenere Umgangsweise: Der traditionelle Ansatz des Single Family Offices ist teilweise überholt. Auch Familien erkennen zunehmend die Vorteile des „team up“. Aus dieser Situation heraus können Multi Family Offices entstehen, mit Organisations- und Kostenvorteilen. Auf eines lege ich mich aber fest: Es wird in zehn Jahren definitiv mehr Family Offices geben – und die notwendige Vermögensgröße für Single Family Offices wandert weiter deutlich nach unten.


Über die Interviewten:

Håkan Strängh ist seit Anfang 2024 Advisory Partner bei Ohm Capital. Vor seinem Wechsel leitete er die Private Bank von J.P. Morgan für Deutschland. Zudem arbeitete Strängh im Private Banking von Goldman Sachs in Frankfurt, zudem war er für SG Warburg und Sanford C. Bernstein in Frankfurt und London tätig, nachdem er seine Karriere in seinem Heimatland Schweden gestartet hatte.

Franz Angermann gründete 2022 Ohm Capital. Angermann berät seit 20 Jahren Family Offices und große Privatvermögen. Er war zunächst zwölf Jahre als Partner für BDO tätig, anschließend wechselte er in den Bankensektor und arbeitete in leitender Position für Goldman Sachs und UBS, bevor er ab dem Jahr 2017 für WTS tätig war.

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