Håkan Strängh und Franz Angermann „Family Offices haben eine Bindungswirkung“

Håkan Strängh und Franz Angermann von Ohm Capital:

Håkan Strängh (links) und Franz Angermann von Ohm Capital: „Multi Family Offices spielen mit der Effizienzkurve, können so quantitative und qualitative Kapazität steigern.“ Foto: OHM Capital

private banking magazin: Herr Angermann, Sie haben Ohm Capital als Multi Family Office vor drei Jahren gegründet. Mit Kontora ging ein Multi Family Office zuletzt an einen US-Strategen, HRK Lunis an einen Finanzinvestor, weitere könnten folgen. Entdecken Investoren Multi Family Offices für sich?

Franz Angermann: Das ist kein neues Phänomen. Verkäufe gab es bereits bei Banken, bei unabhängigen Vermögensverwaltern und auch bei Multi Family Offices: Schließlich hat die UBS schon Anfang der 2000er Jahre Sauerborn übernommen. Neu ist, dass auch Beteiligungsunternehmen die Transaktionen treiben und dass sie internationaler werden, im aktuellen Fall sogar transatlantisch. Das ist für Multi Family Offices schon eine neue Entwicklung.

 

Wirklich? Man konnte für das ein oder andere Family Office doch schon den Eindruck gewinnen, dass ein Verkauf das Ziel ist.

Angermann: Über die Ziele einzelner Häuser kann ich nichts sagen. Aber: Sicher gibt es in der Branche Beispiele, bei denen mit viel Kapital schnell Mitarbeitende und Assets aufgebaut werden und das Geschäftsmodell in Richtung Fintech oder Vermögensverwalter positioniert wird. Meine These dazu ist: Das kann bei Banken und Vermögensverwaltern vielleicht funktionieren, bei Family Offices bin ich mir nicht so sicher.

Wieso nicht?

Håkan Strängh: Weil bei Vermögensverwaltern und Banken das Verwalten von Vermögen im Vordergrund steht. Ein Family Office ist viel breiter aufgestellt; es befasst sich mit dem Gesamtvermögen einer Familie und dessen Steuerung und Strukturierung. Trotzdem muss sich das Geschäft lohnen.

„Ein ganz großer Teil von dem, was eine Familie beschäftigt, geschieht in einem Family Office.“

Reden wir also nicht doch über ein und dasselbe Phänomen?

Strängh: Es sind unterschiedliche Phänomene mit demselben Ursprung: Skalierung. Die Geschäftsmodelle divergieren durch die Konsolidierung aber erst recht. Ein Beispiel: Ich habe mein Leben lang für US-Banken gearbeitet, und uns war immer klar: Wir können mit unserer Vermögensverwaltung und dem klassischen Custodian-Geschäft nur Teile von dem liefern, was vermögende Familien insgesamt brauchen. Ein ganz großer Teil von dem, was eine Familie beschäftigt, geschieht in einem Family Office.

Angermann: Und Multi Family Offices unterscheiden sich im Detail deutlich.

 

Auf welcher Ebene?

Angermann: Auf vier Ebenen. Die erste ist die Betreuungsintensität: Es gibt Multi Family Offices mit Boutiquencharakter und sehr individueller Betreuung, ein „Shared Single Family Office“. Andere sind deutlich standardisierter, dafür kostengünstiger und einfacher zugänglich. Zweitens die Produktebene, also Family Offices mit eigenen Vermögensverwaltungen und Produkten oder stattdessen unabhängige Anlageberatung. Drittens: die Dienstleistungsebene. Kann das Family Office Themen wie Governance, Vermögensstruktur oder Steuern und Recht? Zuletzt: Wer sind die Gesellschafter? Steigen Investoren ein oder wird das Family Office sogar Teil einer Buy-and-build-Strategie, könnte sich das Geschäftsmodell nachhaltig ändern. Das finden nicht alle Mandanten gut.

Aber wenn die Dienstleistung doch passt?

Strängh: Familien treffen Entscheidungen für oder gegen Family-Office-Modelle mit ihren verschiedenen Ebenen. Alle haben ihre Vor- und Nachteile, und es kommt immer darauf an, was eine Familie sucht. Wenn die Entscheidung getroffen ist und vielleicht schon eine langjährige Zusammenarbeit besteht, legen viele Familien Wert auf Kontinuität. Werden Family Offices verkauft oder fusioniert, verändert sich mindestens die Gesellschafterebene, in der Folge teilweise auch die Produkt-, Betreuungs- und Dienstleistungsebene.