In den vergangenen Jahren haben der deutsche Gesetzgeber und die Gerichte ihren Umgang mit der fehlerhaften Erfüllung steuerlicher Pflichten empfindlich verschärft. Auslöser dieser Entwicklung war, dass der Fiskus umfangreiche Steuerhinterziehungen aufdecken konnte: durch den Ankauf von Datenträgern und durch Selbstanzeigen der Steuerpflichtigen.
Im Zuge dieser Verschärfung führen nun auch immer häufiger Betriebsprüfungen zu unangenehmen Steuerstrafverfahren, selbst wenn nur geringe Abweichungen zur Steuerschuld in den geprüften Steuerbescheiden festgestellt werden. Das Risiko der Inanspruchnahme aus steuerlichen Verfehlungen ist damit für Organe von Gesellschaften, auch von Family Offices, sowie für Beauftragte von privaten Vermögen erheblich gestiegen.
Besondere Bedeutung kommt dabei einem Erlass des Bundesfinanzministeriums (BMF) aus dem Jahr 2016 zu Paragraf 153 der Abgabenordnung zu. Die Norm regelt die Verpflichtung des Steuerpflichtigen zur Berichtigung, nachdem er von steuerlichen Fehlern Kenntnis genommen hat. Der Verwaltungserlass stellt unmissverständlich klar, dass für die Annahme einer Steuerhinterziehung nicht der tatsächliche, zielgerichtete Vorsatz des Steuerpflichtigen erforderlich ist. Vielmehr genügt die billigende Inkaufnahme einer tatsächlichen Steuerverkürzung, um diese als Steuerstraftat zu qualifizieren.
Ein klares Anliegen des BMF-Schreibens ist es aber auch, dem Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter, beispielsweise dem Geschäftsführer eines Family Offices, die Möglichkeit einzuräumen, sich in strafrechtlicher Hinsicht zu entlasten und damit zu enthaften. So wird es als Indiz gegen die Annahme von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit gewertet, wenn die Verantwortlichen ein geeignetes innerbetriebliches steuerliches Kontrollsystem eingerichtet haben – vorbehaltlich der Prüfung im Einzelfall. Wenn Steuerpflichtige ein System zur Abgabe richtiger und vollständiger Steuererklärungen einführen, minimiert dies mithin das Risiko erheblich und unterstützt die Enthaftung von Geschäftsführern und Beauftragten.
Auch die Geschäftsführer von Family Offices und Beauftragte großer Privatvermögen sollten sich also damit beschäftigen, ein internes Kontrollsystem Steuern, kurz IKS im Family Office beziehungsweise für das Privatvermögen einzuführen. Nicht zuletzt zum eigenen Schutz vor möglichen persönlichen straf- und bußgeldrechtlichen Konsequenzen.
Die mögliche (teilweise) Abschaffung der Abgeltungssteuer durch eine neue deutsche Regierung würde die besondere Bedeutung eines wirksamen Vermögenscontrollings und Steuer IKS für deutsche Kapitaleinkünfte überdies erhöhen.
Was ein Steuer IKS alles kann
Oberste Aufgabe des IT-gestützten Steuer IKS ist es, die Abgabe vollständiger und richtiger Steuererklärungen zu gewährleisten. Hierdurch lässt sich das Haftungsrisiko der Leitungsebene reduzieren. Daneben unterstützt das System dabei, Organisation, Prozesse, Risiken und regelmäßige Kontrollen im Family Office klar zu definieren.
Es muss außerdem geeignet sein, Fehler beziehungsweise deren Quellen geeignet aufzudecken und eindeutige Verantwortlichkeiten festzulegen. Der Umfang und Aufbau des Systems berücksichtigt Branchenspezifika, Wahrscheinlichkeiten für Fehler und Schadenseintritte und soll angemessen und sinnvoll sein. So lassen sich Haftungsrisiken, finanzielle und sonstige Risiken (zum Beispiel Reputation) bei Steuern vermindern.
Das Institut der Wirtschaftsprüfer hat dementsprechend sieben Grundelemente für ein Steuer IKS zusammengefasst: Compliance-Kultur, -Ziele, -Organisation, -Risiken, -Programm, -Kommunikation und -Überwachung. In der Fachdiskussion und im Rahmen von Compliance-Projekten mit Mandanten, Banken und der Finanzverwaltung haben sich wesentliche Anforderungen und die Kernelemente eines steuerlichen IKS herausgebildet. Eine wichtige Grundlage stellen ein effizientes Controlling und entsprechende IT-gestützte Systeme dar. Damit lassen sich die Ziele der Prävention steuerlicher Fehler und Haftung, der Prozessoptimierung (Transparenz, Effizienz, Sicherheit, Digitalisierung) und auch der Kooperation mit den Steuerbehörden und Aufsichtsbehörden erreichen.
Family Office goes digital
Family Offices nutzen das Vermögenscontrolling, um ihre strategische Anlagestrategie und alle ihre Vermögenswerte zu steuern und zu überwachen. Dieses Instrument soll Transparenz über alle Anlageklassen und Wertgegenstände, ihre Rendite, ihre Risikocharakteristika sowie ihre genauen Kosten liefern – und damit den Erhalt und/oder das Wachstum des Vermögens überwachen.
Das Vermögenscontrolling ist ein zentrales Element des Risikomanagements und Vermögenserhalts. Nur mit einem leistungsfähigen Controlling ist es möglich, eine strategische Vermögensallokation zu definieren, umzusetzen und zu überwachen.
Moderne Controlling-Systeme liefern diese Informationen in Echtzeit und online. Sie nutzen leistungsfähige Software, die alle Anlageklassen abbilden und explizit analysieren kann, beispielsweise Wertpapiere, Immobilien oder derivative Geschäfte. Auch private Vermögensgegenstände wie Autos und Oldtimer oder Kunst lassen sich erfassen. Durch ein integriertes Dokumentenmanagementsystem lassen sich jedem Vermögensgegenstand relevante Verträge und Informationen zuordnen, bis hin zum einzelnen Transaktionsbeleg.