Seit 17 Jahren ist Heiko Stühmeyer als Leiter Private Banking bei der Sparkasse Bad Oeynhausen tätig, als das Institut Anfang 2018 mit der Stadtsparkasse Porta Westfalica fusioniert. Mit dem Zusammenschluss wird seine Arbeit eine andere. „Die Beratung hat bei mir noch 15 bis 20 Prozent des Arbeitstages ausgemacht, weil ich mich um Personal, Regulatorik, die Verwaltung der Eigenanlagen und andere Themen kümmern musste, die in einer Bank anfallen.“ Für Stühmeyer ist das nichts. Er beschließt, sich selbstständig zu machen und sich einem Haftungsdach anzuschließen. Die Wahl fällt auf NFS Netfonds.
Viele Banker überschätzen die Bindung zu ihren Kunden
Haftungsdach ist ein Oberbegriff. Die Geschäftsmodelle der Anbieter unterscheiden sich stark. Was sie eint, ist das Angebot, das Middle- und Backoffice für die vertraglich gebundenen Vermittler zu organisieren. Etwaige Partner sollen sich auf die Kundenberatung konzentrieren können. Ab wann sich der Schritt unter ein Haftungsdach lohnt, hängt vor allem von den Kosten des Anbieters und den Margen ab, die der vertraglich gebundene Vermittler verdienen will. „15 Millionen Euro wären meiner Meinung nach der Bestand, den man mitbringen sollte“, sagt Stühmeyer.
Dabei gilt zu beachten, dass viele Banker die Bindung zu ihren Kunden überschätzen, von denen doch viele zögern, eine Bankverbindung zu kappen. Laut Stühmeyer dürfte auch die Altersstruktur der Kunden nicht zu hoch sein, weil sich der selbstständige Vermittler erst ein Empfehlungsnetzwerk aufbauen muss. Empfehlungsmanagement spiele für Haftungsdachpartner eine entscheidende Rolle: „Weil wir den Nachteil haben, dass Kunden die Konstruktion nicht sofort verstehen.“
Eigene Vermögensverwaltung über den Zwei-Institute-Weg
Ein vertraglich gebundener Vermittler darf nur vermitteln und beraten, aber keine Finanzportfolioverwaltung anbieten. In der Praxis ermöglichen einige Haftungsdächer den sogenannten Tied Agents dennoch, die eigene Vermögensverwaltung zu vermitteln – über den Zwei-Institute-Weg. Gegenüber Kollegen mit eigener Bafin-Lizenz für Finanzportfolioverwaltung gebe es für Haftungsdachpartner dabei nur einen kleinen Unterschied in der Abwicklung, sagt Christian Hammer, Geschäftsführer bei NFS Netfonds. Und der werde von vielen sogar als Vorteil gesehen.
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Seit 17 Jahren ist Heiko Stühmeyer als Leiter Private Banking bei der Sparkasse Bad Oeynhausen tätig, als das Institut Anfang 2018 mit der Stadtsparkasse Porta Westfalica fusioniert. Mit dem Zusammenschluss wird seine Arbeit eine andere. „Die Beratung hat bei mir noch 15 bis 20 Prozent des Arbeitstages ausgemacht, weil ich mich um Personal, Regulatorik, die Verwaltung der Eigenanlagen und andere Themen kümmern musste, die in einer Bank anfallen.“ Für Stühmeyer ist das nichts. Er beschließt, sich selbstständig zu machen und sich einem Haftungsdach anzuschließen. Die Wahl fällt auf NFS Netfonds.
Viele Banker überschätzen die Bindung zu ihren Kunden
Haftungsdach ist ein Oberbegriff. Die Geschäftsmodelle der Anbieter unterscheiden sich stark. Was sie eint, ist das Angebot, das Middle- und Backoffice für die vertraglich gebundenen Vermittler zu organisieren. Etwaige Partner sollen sich auf die Kundenberatung konzentrieren können. Ab wann sich der Schritt unter ein Haftungsdach lohnt, hängt vor allem von den Kosten des Anbieters und den Margen ab, die der vertraglich gebundene Vermittler verdienen will. „15 Millionen Euro wären meiner Meinung nach der Bestand, den man mitbringen sollte“, sagt Stühmeyer.
Dabei gilt zu beachten, dass viele Banker die Bindung zu ihren Kunden überschätzen, von denen doch viele zögern, eine Bankverbindung zu kappen. Laut Stühmeyer dürfte auch die Altersstruktur der Kunden nicht zu hoch sein, weil sich der selbstständige Vermittler erst ein Empfehlungsnetzwerk aufbauen muss. Empfehlungsmanagement spiele für Haftungsdachpartner eine entscheidende Rolle: „Weil wir den Nachteil haben, dass Kunden die Konstruktion nicht sofort verstehen.“
Eigene Vermögensverwaltung über den Zwei-Institute-Weg
Ein vertraglich gebundener Vermittler darf nur vermitteln und beraten, aber keine Finanzportfolioverwaltung anbieten. In der Praxis ermöglichen einige Haftungsdächer den sogenannten Tied Agents dennoch, die eigene Vermögensverwaltung zu vermitteln – über den Zwei-Institute-Weg. Gegenüber Kollegen mit eigener Bafin-Lizenz für Finanzportfolioverwaltung gebe es für Haftungsdachpartner dabei nur einen kleinen Unterschied in der Abwicklung, sagt Christian Hammer, Geschäftsführer bei NFS Netfonds. Und der werde von vielen sogar als Vorteil gesehen.
Die Vermögensverwaltung übernimmt die regulatorisch eigenständige Tochtergesellschaft NFS Hamburger Vermögen. Die Haftungsdachpartner beraten das Portfoliomanagement also nur in ihrer Strategie. „Das bedeutet in der Praxis, dass ein Berater eine Order-Empfehlung an den Portfoliomanagement-Desk übergibt und diese dann – unter anderem nach einer Anlagenrichtlinienüberprüfung – dort umgesetzt wird. So können wir ein Mehr-Augen-Prinzip im diskretionären Geschäft gewähren“, so Hammer.
Etwaige Bedenken, ob vertraglich gebundene Vermittler mit einem Kunden überhaupt einen WpHG-Bogen ausfüllen dürfen, der zu einer Vermögensverwaltung führt, oder ob das bereits der erste Akt zu einer Vermögensverwaltung ist, räumt die Bafin aus. Dies allein erfülle nicht den Tatbestand einer erlaubnispflichtigen Finanzdienstleistung, teilt die Behörde auf Anfrage mit.
Bei Stühmeyer machen derartige Vermögensverwaltungsmandate etwa 70 Prozent seines Kundenbestands aus. „Der Anteil der Berater und Kunden, die sich für ein Vermögensverwaltungsmandat entscheiden, wächst bei unseren vertraglich gebundenen Vermittlern kontinuierlich“, sagt Hammer. Und das, obwohl die Vermittler auf einen weiteren Teil ihrer Marge verzichten müssen, weil mit dem Vermögensverwalter ein weiterer Partner einen Teil der Erträge erhält.
„Im Haftungsdach muss sich der vertragsgebundene Vermittler als eben solcher identifizieren und darf nicht den Eindruck erwecken, dass er Vermögensverwalter ist“, sagt Marcel van Leeuwen, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Wertpapiertreuhand (DWPT).
Im Retail-Geschäft spiele das eine untergeordnete Rolle. „Bei vermögenden und semiinstitutionellen Mandanten ist das ein entscheidender Unterschied, weil die nahezu ausschließlich mit Vermögensverwaltern sprechen.“ Die DWPT fungiert ebenfalls als Haftungsdach für Honorarberater, die über 80 Vermögensverwaltungsstrategien vermitteln können. Das wichtigere Geschäftsfeld ist aber das Sozietätsmodell – ähnlich wie in einer Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung oder Anwaltskanzlei.
Ehemalige Private Banker, Finanzplaner oder Family Officer sind als festangestellte Partner selbst Vermögensverwalter und arbeiten als Mitarbeiter der DWPT unter ihrer Lizenz. Gleichzeitig sind sie geschäftsführender Gesellschafter ihrer eigenen Finanzplanungsgesellschaft, die einen Rahmenvertrag mit der Deutschen Wertpapiertreuhand hat und darin die erlaubnisfreie Betreuung ihrer Mandanten erbringt. Die Senior-Partner erhalten 75 Prozent der Erträge, 25 Prozent gehen an die DWPT.
Immer mehr Fondsboutiquen starten unter einem Haftungsdach
Wachsende Bedeutung hat das Haftungsdach im Fonds-Advisory. „Wer als Asset-Management-Boutique mit der Zielsetzung startet, ein bis drei Publikumsfonds zu managen, für den ist das mittlerweile der etablierte Weg in den Markt“, sagt Julien Jensen von Ultramarin Capital. 2017, damals hieß das Unternehmen noch Othoz Capital, begleitete er den Anschluss an das Haftungsdach BN & Partners Capital, mit dem das Berliner Unternehmen die ersten Publikumfonds auflegte. „Wer mit den Partnern sauber zusammenarbeitet, benötigt etwa zwei bis drei Monate, um starten zu können“, so Jensen. Andere Fondsinitiatoren und Haftungsdächer sprechen sogar von wenigen Wochen.
Zahlen von Pro Boutiquenfonds belegen, dass der Marktanteil der Fonds steigt, die ein Haftungsdach managt. Der Anteil stieg von 21,1 Prozent im Jahr 2020 auf 28,3 Prozent im Jahr 2023. Da es auch sehr große Fondsboutiquen gibt, die mit Assets under Management bis in den Milliardenbereich immer noch ein Haftungsdach präferieren, scheint es keine Frage des verwalteten Volumens zu sein, eine Haftungsdachstruktur zu wählen – zumindest nicht im Fondsgeschäft. „Wann eine eigene Lizenz für eine Fondsboutique sinnvoll ist, hängt vor allem vom angestrebten Geschäftsmodell und den geplanten Anlagestrategien ab“, erklärt Frank Eichelmann, Geschäftsführer von Pro Boutiquenfonds.

Sofern der Fonds in Luxemburg aufgelegt werden soll, sei es schwer geworden, eine Genehmigung mit einer Haftungsdachstruktur zu erhalten. Auch für handelsaktive Strategien oder solche, bei denen Anlageempfehlungen über die europäischen Börsenzeiten hinaus erteilt werden sollen, käme ein Haftungsdach eher nicht infrage. Dasselbe gelte, wenn eine Vermögensverwaltung für komplexe Mandate von Family Offices oder institutionellen Anlegern geplant ist.
Ultramarin Capital beantragte nun doch eine eigene WpIG-Lizenz für Finanzportfolioverwaltung – und erhielt diese im April. Ausschlaggebend war die Nachfrage im Spezialfonds-Geschäft mit institutionellen Kunden. „Viele institutionelle Kunden, die Outsourcing-Mandate vergeben, setzen voraus, dass der Asset Manager eine eigene Lizenz besitzt“, begründet Jensen den Schritt.
Anwalt über Finanzportfolioverwaltungslizenz: „Hürden selten zu stemmen“
„Es träumen viele davon, den Weg in die eigene Lizenz nehmen zu können. Die tatsächlichen Anforderungen im Kreditwesengesetz oder Wertpapierinstitutsgesetz stellen in der Praxis aber Hürden dar, die für ein kleines Unternehmen selten zu stemmen sind – unabhängig vom geforderten Startkapital“, sagt Michael Demuth, Anwalt bei der Kanzlei Rose & Partner. Dazu gehören ein nach Einschätzung der Bafin tragfähiger Geschäftsplan mit einer belastbaren Budgetplanung für die nächsten drei Geschäftsjahre, die Vorlage von Musterverträgen und die fachliche Eignung und Zuverlässigkeit der Geschäftsleiter. „Lange Erfahrung in einer Bank oder Vermögensverwaltung reichen eben nicht aus. Die handelnden Personen müssen in einem entsprechenden Institut in verantwortlicher Position tätig gewesen sein“, so Demuth.
„Eine Lizenzerlangung ist eine hohe Markteintrittshürde – und das ist sicherlich so gewollt“, sagt Andreas Kitta, Geschäftsführer von Albrecht, Kitta & Co. und Vorstand im Verband unabhängiger Vermögensverwalter (VuV). Man verwalte Vermögen ohne Rücksprache mit dem Auftraggeber. Das sei eine hohe Verantwortung für die Vermögensverwalter.
Dass zwischen gebundenen Vertretern, Anlageberatern und Abschlussvermittlern nach der Gewerbeordnung und Finanzportfolioverwaltern mit einer Bafin-Lizenz nach dem Wertpapierinstitutsgesetz unterschieden werde, sei auch ein Ziel des VuV. „Aus unserer Sicht und aus Sicht der Aufsicht ist es der einzig konsequente Weg, um als Finanzportfolioverwalter mit einer unternehmerischen Idee und voller Verantwortung tätig zu werden.“
„Das Generalistenwissen, das es in leitender Position eines unabhängigen Vermögensverwalters braucht, bekommen viele gar nicht mehr mit.“
25 Millionen an verwaltetem Vermögen pro Mitarbeiter sollten Unternehmen mitbringen, um nach Ansicht des VuV kostendeckend arbeiten zu können. Um Aufgaben wie Geldwäsche, Datenschutz, Revision, Portfoliomanagement und Backoffice personell zu bewältigen, benötigten Unternehmen mindestens vier bis sechs Mitarbeiter. Um profitabel zu sein, müsse die Mitarbeiteranzahl entsprechend höher sein. Dass angesichts steigender Regulierung, Kostendruck und Nachfolgeproblemen in den vergangenen Jahren in größerem Umfang Lizenzen zurückgegeben würden, kann der VuV nicht feststellen. Die Mitgliederzahl im Verband halte sich seit Jahren stabil. Zahlen von Pro Boutiquenfonds zeigen zumindest einen moderaten Rückgang von 498 im Jahr 2014 auf 465 im April 2024.

Wer sicher ist, dass er gewisse Bestände mitbringt, kann sich auch einem bestehenden Vermögensverwalter anschließen. Je nach Verhandlungsmasse und -geschick kann das auf eine Partnerschaft hinauslaufen. Fast jede dritte unabhängige Vermögensverwaltung in Deutschland ändert derzeit ihre Gesellschafterstruktur oder will dies tun, wie im vergangenen Jahr eine Untersuchung des Instituts für Vermögensverwaltung (InVV) unter knapp 150 Unternehmen ergab.
Dass es heute für erfahrene Banker einfacher ist, sich bei einem Vermögensverwalter einzukaufen und in die Geschäftsführung aufzurücken, glaubt Kitta aber nicht. Er sieht hingegen eine andere Herausforderung: Banker würden heute in frühem Berufsalter spezialisiert. „Das Generalistenwissen, das es in leitender Position eines unabhängigen Vermögensverwalters braucht, bekommen viele gar nicht mehr mit.“ Es brauche eine Zeit im Unternehmen, in der sie in mittlerer Ebene diese Dinge lernen können – um dann im zweiten Schritt aufzusteigen.
Heiko Stühmeyer fühlt sich wohl unter dem Haftungsdach. Sein Unternehmen, die Stühmeyer Vermögensmanufaktur, stellte zwar kürzlich Berater Nummer drei und vier ein und gehört damit mit Blick auf die Mitarbeiterzahl bereits zu den größeren Einheiten bei NFS Netfonds, eine eigene Lizenz ist aber kein Thema. „Wir müssten angesichts regulatorischer Themen wie der Compliance weiteres Personal einstellen und noch kräftig wachsen“, sagt Stühmeyer. Das sei zwar wünschenswert, aber – egal ob unter dem Haftungsdach oder mit Finanzportfolioverwalterlizenz – nicht garantiert.
Dieser Text erschien in der Ausgabe 04/2024 des private banking magazins. Die komplette Ausgabe als PDF-Download finden Sie hier.