Vom Nervenkitzel beim Anlegen Gutes Investieren ist langweilig

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Bei schwer prognostizierbaren Aktien orientieren sich Anleger und Analysten deshalb an einer Zukunftsvision, die durch die Equity Story vermittelt wird. Hieraus leiten sie ihre Prognosen und die Bewertung ab. Ein spannendes Narrativ der Equity Story ist ebenfalls entscheidend für den Spaßfaktor – und damit auch für viele Investment-Fehlentscheidungen verantwortlich.

Schnelles Geld mit zyklischen Aktien?

Bei zyklischen Titeln ist das Narrativ grundsätzlich zumeist recht simpel und oft relativ kurzfristig ausgelegt: Konjunkturaufschwünge oder interessante Produkteinführungen sollen Umsätze und Gewinne in kommenden Quartalen beflügeln, was zu steigenden Aktienkursen führen wird. Da die Sensitivität der Gewinne zu Umsatzsteigerungen aufgrund hoher Kapitalintensität zumeist sehr hoch ist, können selbst geringe Konjunkturschwankungen beziehungsweise überdurchschnittliche Absatzerfolge extreme Auswirkungen auf die Ertragslage haben.

Die Spannung für den Anleger ergibt sich hier weniger aus der Originalität des Investment-Narrativs, sondern aus der Unsicherheit bezüglich ökonomischer Entwicklungen. Insofern hat die Anlage in zyklischen Titeln immer ein hochspekulatives Element, die Spannung ergibt sich ähnlich wie beim Glücksspiel aus dem Nervenkitzel.

Die Investmentstories bei zyklischen Aktien halten immer nur für eine gewisse Zeit, auf Phasen starker Performance folgt in der Regel bald eine Periode sehr schwacher Wertentwicklung. Per Saldo wird langfristig für die Aktionäre oft mehr Wert vernichtet als geschaffen. Wie lange die Phasen der guten Performance anhalten können, hängt sehr stark von der Dauer der Industriezyklen ab. Dies sieht man relativ deutlich im Vergleich der relativen Wertentwicklungen des Rohstoff- und des Automobilsektors. Während Automobiltitel in einem ein- bis dreijährigen Zyklus schwanken (untere Grafik links), können Auf- und Abschwungphasen bei Rohstoffen mehr als ein Jahrzehnt dauern (untere Grafik rechts).

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Beim letzten Aufschwung der Rohstoffaktien wurde die irreführende Wirkung eines Narrativs besonders deutlich. Mit steigenden Rohstoffpreisen ab 1998 entwickelte sich die Vorstellung des „Rohstoff-Superzyklus“: ein Megatrend mit immer weiter steigenden Rohstoffpreisen. Einerseits entstand die Erwartung, dass in den Schwellenländern Asiens, Afrikas und Südamerikas das Wachstum der Bevölkerung und des Wohlstandes die Nachfrage nach Rohstoffen dauerhaft steigert. Andererseits sollte die Verknappung wegen der vermeintlich begrenzt vorhandenen Ressourcen Dauerzustand werden, was die Rohstoffpreise langfristig nach oben getrieben hätte.