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Gute Wirtschaftsdaten Russische Aktien sind massiv unterbewertet

Olga Karakozova, Fondsmanagerin bei Danske Bank Asset Management

Russland hat sich im laufenden Jahr besser entwickelt als andere Schwellenländer. Dividenden mit eingerechnet, hat der russische Markt im ersten Halbjahr 2019 um 31 Prozent zugelegt. Diese Steigerung haben in erster Linie länderspezifische Faktoren getrieben. Erstens hat sich das Sanktionsrisiko – oder die Wahrnehmung dessen – verringert. Da es in den vergangenen Monaten keine größeren, negativen geopolitischen Entwicklungen zwischen Russland und den USA gegeben hat, scheinen die Anleger diesen politischen Status angenommen zu haben.

Ein zweiter Grund für die gute Entwicklung des russischen Marktes ist die robuste Makrostabilität. Die Fiskal- und Geldpolitik der Regierung in Moskau hat aus der russischen Makroposition wahrscheinlich die solideste unter den großen Schwellenländern gemacht. Zudem hat sich die Wirtschaft gut an ein niedriges Ölpreisumfeld angepasst. Sie ist im dritten Jahr in Folge mit stabilem Tempo gewachsen.

Ein wichtiges Stabilitätskriterium ist, dass sich die makroökonomischen Trends in Russland seit der Einführung der überarbeiteten Haushaltsregel im Jahr 2017 weitgehend vom Öl abgekoppelt haben. Die Haushaltsregel soll sicherstellen, dass die Wirtschaft bei Ölpreisen von nur 40 US-Dollar pro Barrel stabil bleibt. Damit hat man begonnen, die Wirtschaft von der engen Bindung und Abhängigkeit zum Öl zu entkoppeln. Auch die makroökonomischen Fundamentaldaten machen Russland weniger anfällig für hohe Zinsen und einen starken US-Dollar. Die Staatsverschuldung ist niedrig und Russland wartet mit einem starken Leistungsbilanzüberschuss auf.

Risiko Öl-Förderung

Es gibt allerdings auch Risiken. Dazu zählen die weiterhin hohe Abhängigkeit von den Ölpreisen sowie die Geopolitik Russlands. Derzeit konzentriert sich das geopolitische Risiko auf Russlands Verhältnis zum Westen. Dieses hat sich nach der Ukraine-Krise verschlechtert. Vorwürfe, Russland habe sich in die US-Präsidentschaftswahlen eingemischt, haben der Entwicklung aber eine neue Richtung gegeben. Zudem sind verschärfte US-Sanktionen nicht auszuschließen. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die beide Risiken abfedern. Trotz der Wirtschaftssanktionen ist es Russland beispielsweise besser ergangen als viele Beobachter es erwartet haben.

Nicht zuletzt aufgrund der Sanktionen ist der Rubel seit einiger Zeit schwach. Dies hat zu einer Erholung der Wirtschaft und zu einer Anpassung an ein niedriges Ölpreisumfeld geführt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird Prognosen zufolge in diesem Jahr um 1,2 Prozent und 2020 um 2,3 Prozent wachsen. Darüber hinaus sinkt die Inflation schneller als erwartet. In diesem Jahr liegt sie etwa auf der Höhe des von der russischen Zentralbank vorgegebenen Wertes von 4 Prozent. Die zurückgehende Geldentwertung wiederum beflügelt den privaten Konsum. Unternehmen sehen sich veranlasst, thesaurierte Gewinne zu investieren.

Nicht zuletzt wegen seiner starken Bilanz ist Russland weniger anfällig für höhere globale Zinsen und für einen stärkeren US-Dollar als andere Schwellenländer. Deshalb hat die US-Rating-Agentur Fitch kürzlich den Ausblick für Russland auf stabil heraufgesetzt.

Hohe Dividendenrendite

Deswegen ist der russische Aktienmarkt weiterhin der günstigste unter jenen der Schwellenländer. Er bietet gleichzeitig die höchste Dividendenrendite weltweit. Besonders positiv entwickeln sich derzeit beispielsweise Konsumkreditbanken, selektive Immobilienentwickler und IT-Unternehmen. Grundsätzlich profitieren alle inländisch orientierten Firmen von einem stabilen Wirtschaftswachstum, niedrigeren Zinsen sowie einem strukturellen Wachstum. Dieses wird von einer immer noch niedrigen Marktdurchdringung vieler Waren und Dienstleistungen in Russland getragen.

Russische Aktien sind aufgrund des anhaltend negativen Images derzeit unterbewertet. Zudem engagiert sich Russland nur begrenzt in Handelskonflikten. Mit einer Leistungsbilanz von rund sieben Prozent des BIP ist die Wirtschaft nur gering von der Außenfinanzierungabhängig und damit resistenter gegen eine Aufwertung des US-Dollar. Die Hauptexporte sind keine potenziellen Ziele für Einfuhrzölle. Das Hauptrisiko dürfte in den internationalen Beziehungen bestehen. Die Risikodivergenz hat sich insbesondere seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten gezeigt. Seitdem besitzt Russland eindeutig das niedrigste Beta unter allen großen Schwellenländern. Dies macht russische Vermögenswerte zu einer Diversifizierungsmöglichkeit und sogar einer Absicherung gegen größere Probleme in den globalen Schwellenländern.

Für viele Investoren liegt der Hauptanreiz in den riesigen natürlichen Ressourcen des Landes. In Russland befinden sich mehr Rohstoffe als in jedem anderen Land: nicht nur Öl und Gas, sondern auch Platin, Palladium und die Ressource Ackerland. Das spiegelt sich auch in den Aktienindizes wider. Dort machen Rohstoff-Titel wie Öl, Gas, Erze und Bergbau mehr als 70 Prozent aus.

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