Grundsätzlich geringes Margenpotenzial Die Decodierung von Delivery Hero

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In ein Geschäft zu investieren, welches noch auf Jahre zwangsweise auf externes Kapital angewiesen sein wird und damit auf die Gunst unbeteiligter, externer Dritter, widerstrebt dem unternehmerischen Investor. Durch fortlaufende Kapitalerhöhungen würde der Investor zunehmend verwässert werden oder in eine sich zunehmend stark verschuldende Firma investieren. Daher ist Delivery Hero in seinem momentanen Zustand allein unter diesem Aspekt für uns kein interessantes Investment.

Zusätzlich missfallen die tatsachenverzerrende Kapitalmarktkommunikation und Berichterstattung. So wird das organische, also durch M&A-Tätigkeiten bereinigte, firmeneigene Umsatzwachstum des operativen Geschäfts nicht explizit kommuniziert. Das wäre aber für die langfristige Beurteilung einer stark durch M&A-Aktivitäten getriebenen Firma wesentlich.

Außerdem wird der Blick tatsachenverzerrend auf den sogenannten Segment-Umsatz gelenkt, welcher insbesondere Rabatte nicht berücksichtigt und auf diese Weise den tatsächlichen Umsatz um zirka 18 Prozent inflationiert. Daher muss die firmeneigene Umsatzprognose für das Geschäftsjahr 2020 entsprechend von 2,7 auf 2,3 Milliarden Euro korrigiert werden.

Kein Investment-Muss

Man muss nicht auf jeder Hochzeit tanzen, heißt es oft. Analog verweisen die beiden Investment-Großmeister aus Omaha, Warren Buffett und Charlie Munger, seit Jahrzehnten darauf, dass eine zu breite Diversifikation hin zu Investments der zweiten und dritten Wahl immer Opportunitätskosten verursache, explizit formuliert, nicht in die Unternehmen der ersten Wahl zu investieren.

Selbst wenn die Investment-These für Delivery Hero in einigen Jahren aufgehen sollte, wird die Firma die kommenden Jahre weiterhin Geld verbrennen und das Geschäftsmodell auch danach weiterhin angreifbar und wackelig bleiben. In Anbetracht dessen scheint die aktuelle Firmenbewertung von rund 19 Milliarden Euro für den unternehmerischen Langfrist-Investor nahezu utopisch.

Alternativen, bei ähnlichem Börsenwert, lassen sich finden. Beispielsweise Church & Dwight, ein vergleichsweiser kleiner Konsumgüterhersteller aus den USA. Hier erwirbt man eine dynamische und zugleich bahnbrechend robuste Gewinnmaschine mit alteingesessenen Marken wie Arm & Hammer Backpulver, Reinigungsmittel und Zahnpasta sowie zahlreichen starken Nischenmarken zu einem Unternehmenswert von rund 20 Milliarden Euro.

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Dafür erwirbt man einen Free-Cash-Flow in Höhe von zirka 730 Millionen Euro für dieses Jahr. Die langjährige Free-Cash-Flow-Wachstumsrate liegt bei über 10 Prozent pro Jahre, so auch im Jahr 2019 und voraussichtlich auch wieder 2020. Und dass bei gut planbarem organischen Umsatzwachstumsraten zwischen 3 bis 7 Prozent pro Jahr. Hier zeigen sich tatsächliche Skaleneffekte, Größen- und Verbundvorteile.

Die wahrhaftig großartigen Geschäftsmodelle und Firmen dieser Welt zu angemessenen Bewertungen findet man zwar (sehr begrenzt) im Tec-Dax oder durchaus an der Nasdaq, oft reicht aber schon der Blick in die häusliche Vorratskammer.

 


Über die Autoren:

Dominikus Wagner gründete 2011 zusammen mit Christian Florack die Bonner Wagner & Florack Vermögensverwaltung. Beim hauseigenen Wagner & Florack Unternehmerfonds (ISIN: DE000A1C4D48) wird mit einer unternehmerischen Sichtweise in Aktien cash-flow-starker, beständig wachsender Unternehmen investiert. Das Qualitätskriterium steht im Fokus, nämlich dass Firmen ein robustes Geschäftsmodell besitzen und dauerhaft zweistellige Free-Cash-Flow-Margen und eine zweistellige Verzinsung des eingesetzten Gesamtkapitals erwirtschaften.

Florian Kirch ist seit kurzem bei der Vermögensverwaltung Wagner & Florack tätig. Sein Schwerpunkt liegt auf der Analyse von Unternehmen.

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