private banking magazin: Die Bankenlandschaft entdeckt die Nachhaltigkeit, und BNP Paribas gilt als einer der Vorreiter dieses Trends. Wie funktioniert Ihr Nachhaltigkeitsansatz im Kreditgeschäft für Unternehmenskunden?
Frank Sibert: Die Förderung von ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit in der Realwirtschaft wie auch am Kapitalmarkt ist ein fester Bestandteil der strategischen Geschäftsausrichtung von BNP Paribas und spiegelt sich in unserem Produkt- und Lösungsangebot wider. Im Bereich der Unternehmensfinanzierung gehören dazu spezielle Kreditangebote, die – bislang noch meist nur einem Fachpublikum – als „Positive Incentive Loans“ oder „Sustainability-linked Loans“ bekannt sind.
Welche Unternehmen sprechen Sie damit an?
Sibert: Diese Kredite eignen sich besonders für Unternehmen, die sich bereits aktiv mit der eigenen Nachhaltigkeitsbilanz befassen und Kriterien nachhaltigen Wirtschaftens fest in ihrem Geschäftsmodell verankern möchten. Bei den Loans handelt es sich um kurz- bis mittelfristige revolvierende Kreditfazilitäten mit einer Besonderheit: Umwelt-, soziale und Governance-Aspekte werden als fester Bestandteil der Kreditprüfung und Preisfestsetzung berücksichtigt. Eine vorgeschriebene Mittelverwendung gibt es nicht. Dafür aber ist die Zinsmarge an die Nachhaltigkeits-Performance des Kreditnehmers geknüpft.
Was heißt das in der Praxis?
Sibert: Die Kosten der Finanzierung hängen für den Kreditnehmer – neben möglicherweise bestehenden Finanzindikatoren – von dessen mittel- bis langfristiger Performance der Corporate Social Responsibility, CSR, ab. Der Kreditnehmer erhält damit direkte monetäre Anreize, die eigenen CSR-Ziele zu erfüllen. Hierin liegt ein wichtiger Unterschied zu kapitalmarktorientierten Instrumenten wie Green Bonds und Green Schuldscheinen.
Erläutern Sie das bitte.
Sibert: Es entfällt die Notwendigkeit, einzelne Projekte oder Investitionsobjekte zu identifizieren und separat zu finanzieren. Stattdessen wird eine ganzheitliche Betrachtung eines Unternehmens und seiner Zielsetzungen vorgenommen. Das setzt einen breit angelegten Dialog im Unternehmen voraus sowie tragfähige Prozesse, die durch das höhere Management initiiert und unter besonderer Einbindung des Corporate Treasury gesteuert werden müssen. Denn am Ende überprüfen unabhängige Nachhaltigkeits-Rating-Agenturen anhand zuvor definierter Performance-Indikatoren, inwieweit die gesetzten Ziele tatsächlich erreicht wurden. Die positive oder negative Entwicklung der Ratings beeinflusst dann die endgültigen Kreditkosten. Wer nachweislich nachhaltig wirtschaftet, zahlt weniger Zinsen auf den Kredit. Nachhaltigkeit zahlt sich durch diese Anreizstruktur für Unternehmen also finanziell aus.
Geht es dabei also um eine Art Rating und einen Anreiz an Kreditkunden, dieses Rating zu verbessern?
Sibert: Absolut. Wir geben unseren Unternehmenskunden finanzielle Anreize, die eigenen CSR-Ziele zu erfüllen. Dabei geht es uns darum, Unternehmen darin zu unterstützen, Nachhaltigkeitskriterien fest in ihrem Geschäftsmodell zu verankern.
Haben Sie das Konzept aus Ihrem Heimatmarkt nach Deutschland übertragen?
Sibert: Positive Incentive Loans beziehungsweise Sustainability-linked Loans sind Bestandteil unseres Angebots im Bereich der Unternehmensfinanzierung. Wir vergeben solche Kredite nicht nur in unseren Heimatmärkten, sondern weltweit. In der ersten Jahreshälfte konnten wir in Deutschland mit der Deutschen Börse einen Dax-Konzern bei der Erweiterung einer Kreditlinie um eine entsprechende Komponente mit Nachhaltigkeits-Rating begleiten. Und erst vor wenigen Wochen waren wir zum Beispiel in Australien als Joint Bookrunner und Nachhaltigkeitskoordinator an einem entsprechenden Kredit über 1,4 Milliarden australische Dollar an den Flughafen von Sydney beteiligt.