Vernachlässigte Gefahren Große Risiken bei Managed-Futures- und Absolute-Return-Strategien

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Zweite Gefahr: Die Risikomodelle

Absolute-Return-Strategien im Allgemeinen und CTAs im Besonderen verfolgen im Ucits-Mantel oft den Value-at-Risk-Ansatz. Der VaR (99%) darf dabei den Maximalwert von 4,4 Prozent nicht übersteigen. Zur Berechnung wird simuliert, welche Tagesrenditen das aktuelle Portfolio in den letzten 250 Handelstagen (ein Jahr) generiert hätte. 99 Prozent von den 250 Handelstagen müssen kleinere Verluste als 4,4 Prozent ausweisen. Maximal zwei Tage (genau genommen 2,5 Tage: 1 Prozent von 250) dürfen größere Verluste ausweisen.

Im aktuellen Betrachtungszeitraum sind noch die extrem verlustreichen Handelstage von Ende Februar und Anfang März 2020 enthalten. In der Folge sind zum Beispiel Aktienquoten von mehr als 50 Prozent aufgrund der Risikomodelle nahezu ausgeschlossen.

Wie stark die erzwungene Risikoreduktion ist, hängt neben der Allokation auch von der Zielvolatilität der Strategie ab. Während Fonds mit einer defensiven Zielvolatilität von 7 Prozent kaum betroffen sind und ihre Zielallokation vollständig umsetzen können, müssen offensivere Strategien mit einer Zielvolatilität von 10 Prozent hingegen ein um 15 bis 20 Prozent reduziertes Exposure umsetzen.

In Kürze löst sich das Problem jedoch in Luft auf, da die extremen Verlusttage von Ende Februar und Anfang März 2020 aus den Risikomodellen herausfallen. Es werden also wieder Risikobudgets frei: Unseren Berechnungen zufolge wird für eine 10er Zielvola-Strategie der VaR zirka 40 Prozent unter die kritische Marke von 4,4 Prozent fallen. Dank dieses freigewordenen Risikobudgets können die Modelle sich wieder völlig frei entfalten und ihre gewünschte – aber bis dato von den Risikomodellen unterbundene – Zielallokation wiederherstellen, indem sie die Reduktion von 15 bis 20 Prozent aufheben. Die ohnehin schon extreme und fokussierte Allokation (Short-Positionierung im US-Dollar) wird weiter ausgebaut, was zu einer nochmaligen Erhöhung des absoluten Verlustrisikos führt.

Fazit: Marktumfeld erfordert Diversifizierung und stete Risikokontrolle

Die aus den freigewordenen Risikobudgets entstehenden Mittelzuflüsse in Risiko-Assets könnten mittelfristig die positiven Trends an den Finanzmärkten unterstützen. Gleichzeitig mahnt diese Entwicklung zur Vorsicht, weil die aktuelle Ausrichtung – auch bei Multi-Asset-Strategien – im Grunde nur eine einzige Wette auf die Erholung der Konjunktur ist. Schon kleine Rückschläge beim Impffortschritt könnten die Stimmung arg belasten und entsprechend ausgerichteten Fonds herbe Verluste bescheren.

Deshalb sollte eine breit aufgestellte Strategie neben der Diversifizierung über verschiedene Anlageklassen auch eine Diversifizierung über verschiedene Modelle anstreben. Die meisten Trendfolgemodelle haben zwar in den vergangenen Monaten deutlich zur positiven Performance beigetragen, aber eine diversifizierte Strategie muss die Signalgenerierung breit abstützen. Einen wesentlichen Beitrag können hierbei nicht-marktpreisbasierte Modelle liefern.

Darüber hinaus sollten die Portfoliokonstruktion und das Risikomodell hinterfragt werden. In einem normalen Marktumfeld (long Aktien und long Anleihen) ist das Ignorieren von Korrelationen eine konservative Haltung, da dadurch die positiven, risikoreduzierenden Diversifikationseffekte der negativen Korrelationen zwischen diesen beiden Anlageklassen unberücksichtigt bleiben.

In der aktuellen Situation, die von einer Risk-on-Allokation geprägt ist, führt das Ignorieren der hohen Korrelationen indes zu einer Unterschätzung der Risiken. Sollte darüber hinaus die Konjunkturerholung ins Stocken geraten, dürfte die Stimmung an den Finanzmärkten schnell kippen. In einem solchen Szenario würden die ohnehin schon hohen Korrelationen gegen 1 tendieren. Aus diesem Grund sollten zu jedem Zeitpunkt sowohl die Einzelrisiken als auch das Gesamtrisiko stets kontrolliert werden.



Über den Autor:
Umit Kinar ist Senior-Portfoliomanager für quantitative Strategies bei Bantleon. Er kam 2013 zur Bantleon Bank in Zug, wo er zunächst quantitative Handelsstrategien entwickelte und implementierte. Seit Januar 2017 ist er darüber hinaus für das Management der darauf basierenden Fonds, wie dem Bantleon Diversified Market, verantwortlich.

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