Greenpeace kritisiert, wie der auch für die künftige Aktienrente zuständige Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (Kenfo) investiert. Eine Analyse (hier aufrufbar) zeige demnach „dass die bestehende Strategie erhebliche Defizite aufweist, die eine glaubwürdige Umsetzung internationaler Umwelt- und Menschenrechtsstandards gefährden", erklärten die Verantwortlichen der Umweltschutzorganisation.
Die Umweltschutzorganisation untersuchte nach eigenen Aussagen die Vorgaben des Fonds für die Geldanlage sowie die tatsächlichen Investitionen. Im Ergebnis sei die Anlagestrategie des Fonds intransparent. So veröffentlichen die Verantwortlichen rund um Anja Mikus „zum Beispiel keine CO2-Bilanzen des Portfolios nach gängigen Metriken", wie dies laut Greenpeace beispielsweise die EZB tut. Auch haben sich die Mitarbeiter des Fonds zwar zur "Klimaneutralität bis 2050" verpflichtet, es fehle aber „an einer klaren Linie, wie man dies erreichen kann“, da keine Zwischenziele gesetzt seien.
Ein weiteres Transparenzproblem in den Augen der Verantwortlichen von Greenpeace bestehe darin, dass die Zusammensetzung der Benchmark-Allokation nicht bekannt sei. Aus dieser würde sich aber nicht nur der aktive Performancebeitrag aus Renditegesichtspunkten, sondern gemäß Kenfo auch der Nachhaltigkeitsbeitrag ableiten.
Der Analyse zufolge gibt es bei rund 5,5 Prozent des Portfolios schwerwiegende „Kontroversen“. Das entspreche einem Anlagevolumen von 1,29 Milliarden Euro. Greenpeace kritisiert unter anderem die Investition in Wertpapiere des Öl- und Gasförderers Saudi Aramco und des brasilianischen Rindfleischproduzenten JBS.
Darüber hinaus seien Unternehmen
enthalten, die auf der Ausschlussliste des norwegischen Staatsfonds stehen. Dieser schließe neben Umweltthemen
auch Unternehmen aus, die vom
Ethikrat des Fonds als problematisch in Bezug auf Kinder-, Menschen- und Arbeitsrechte eingestuft werden.
Die Umweltorganisation kritisiert zudem die praktische Umsetzung der Anlagestrategie. Die Organisation griff hierfür auf die Kontroversenlisten der Datenbank faire-fonds.info von Urgewald und Facing Finance, sowie auf Recherchen zu Ökosystemkonflikten von Unternehmen
zurück und glich diese mit dem Kenfo-Portfolio zum Stichtag 31. Dezember 2023 ab. Das Vorgehen beschränke sich dabei auf die Identifikation von gravierenden Kontroversen und Konflikten in den Bereichen Soziales (Menschen- und Arbeitsrechte), Klima und Naturzerstörung, erklärte Greenpeace. Außerdem werden in der Untersuchung nur Aktien- und Anleiheninvestments berücksichtigt, die zusammen 70 Prozent des Portfolios ausmachen. Illiquide Anlagen sind nicht in die Analyse einbezogen, da hier keine detaillierten Einblicke möglich sind.
Kenfo-Vorstandschefin Anja Mikus äußerte sich unlängst in einem Interview zu dem Thema und sprach sich im Kontext ESG gegen zu enge Investment-Regeln aus. Dem Portal „Table.Media“ sagte sie, Nachhaltigkeit sei „ein sehr dynamischer Prozess, da gibt es immer neue Erkenntnisse, Messverfahren, Technologien. Wenn man diese Details heute im Gesetz festschreibt, ist es schwierig, diese zu ändern, wenn es später nicht mehr passt." Außerdem stünden zu viele Vorgaben "im Widerspruch zu den Renditeerwartungen“. „Die Kausalkette beginnt immer noch bei den Gewinnerwartungen“, so Mikus, die in der Vergangenheit auch diesem Medium gegenüber ausführlich ihre Nachhaltigkeitsansichten schilderte.
Mikus ergänzt: „Wenn wir Aktien fossiler Unternehmen nicht mehr kaufen, wird dadurch keinerlei CO2 eingespart. Denn wir kaufen die ja in der Regel von einem anderen Aktionär und verkaufen sie später an einen dritten. Das Unternehmen wird weiterhin den gleichen CO₂-Ausstoß haben. Unter den Kenfo-Ausschluss fallen insbesondere unkonventionelle Fördertechniken wie die Öl- und Gasgewinnung aus Fracking, Teersand-Öl und Atomenergie.“
Ende 2023 machten Investitionen in Aktien und Anleihen im Öl-, Gas- und Kohlesektor laut Mikus rund 50 Prozent weniger aus als in den großen globalen Aktien- und Rentenmarktindizes. Sie betont: „Unternehmen, die nach ESG-Kriterien arbeiten, also Umweltvorgaben einhalten, anständig mit ihren Mitarbeitern umgehen und eine verantwortungsvolle Unternehmensführung haben, werden langfristig erfolgreich sein. Von daher ist das für einen langfristig orientierten Investor wie uns kein Widerspruch zur Rendite. Im Gegenteil. “
Der Kenfo verwaltet derzeit Geld für die Finanzierung der Zwischen- und Endlagerung von Atommüll. Künftig soll er auch für die Aktienrente – offiziell heißt sie Generationenkapital – zuständig sein. Für diese stellt der Bund einen Kapitalstock zur Verfügung. Die Verantwortlichen des Kenfo sollen die Mittel anlegen, um die Rentenkasse zu entlasten.